Brisante Nebentätigkeit: Ex-Agrarministerin Julia Klöckner und ihr Lobby-Club

Mehr als ein Jahr lang hat die frühere Landwirtschaftsministerin und heutige Präsidentin des Deutschen Bundestages, Julia Klöckner (CDU), offenbar eine brisante Tätigkeit verschwiegen. Sie arbeitete als "Beraterin" für einen politischen Lobbyclub, der Unternehmen einen exklusiven Zugang zur Politik verspricht.
Der Verein Parlamentwatch e. V. hat den Fall bereits im Juni an die Öffentlichkeit gebracht. [1] Er setzt sich für mehr Offenheit in der Politik ein und kämpft gegen Korruption.
Laut Parlamentwatch war Klöckner Mitglied im Wirtschaftspolitischen Club Deutschland (WPCD). Klöckner gehörte dort demnach zum politischen Beraterkreis. Sie sagte Parlamentwatch, diese Tätigkeit wäre unentgeltlich gewesen.
In einer Broschüre des Clubs aus dem Jahr 2022 ist Klöckner zusammen mit drei anderen Abgeordneten als Mitglied des Gremiums aufgeführt. [2] Der Club ist im Lobbyregister des Bundestags eingetragen. [3]
Im Jahr 2020 forderte die Antikorruptionsstelle des Europarats (GRECO), dass Deutschland seine Transparenzregeln verbessert. So sollen Interessenkonflikte verhindert und das Vertrauen in die Politik gestärkt werden.
Passiert ist seitdem kaum etwas.
Nach der Bundestagswahl 2025 wollte die CSU sogar den Chef des Bayerischen Bauernverbands, Günther Felßner, als Bundesagrarminister einsetzen. Ein Lobbyist direkt an den Hebeln der Macht!
Er trat von der Kandidatur zurück, nachdem PETA Missstände in seinem Betrieb veröffentlicht hatte. Seinen Rückzug begründete er mit einem Protest von Tierschützern.
Quellen
- https://www.abgeordnetenwatch.de/news[...]d-der-exklusive-lobbyclub
- https://www.abgeordnetenwatch.de/site[...]b-broschuere-2022wpcd.pdf
- https://www.lobbyregister.bundestag.de/suche/R0021779
Klöckner meldete diese Nebentätigkeit laut den Anti-Korruptions-Kämpfern offenbar über ein Jahr lang nicht. Dabei hätte sie das spätestens nach drei Monaten tun müssen. Das gilt auch für unbezahlte Tätigkeiten.
Für die Experten von Parlamentwatch e. V. ist das ein ernsthafter Verstoß. Bei solchen Fällen kann ein Bußgeld von bis zu 67.000 Euro fällig werden!
Doch: Klöckner ist inzwischen Bundestagspräsidentin. Damit soll sie eigentlich selbst auf die Einhaltung der Transparenzregeln achten. Sie darf ihren eigenen Fall zwar nicht bewerten - das übernehmen aber ihre Kollegen.
Für Parlamentwatch ist klar: "Eine wirksame und unabhängige Kontrolle sieht anders aus."
Meinung:
Viele erinnern Julia Klöckner noch als Ministerin, die sich für die Verlängerung der umstrittenen "Kastenstandhaltung" von Schweinen eingesetzt hat. Ihre Zeit als Landwirtschaftsministerin war von 14. März 2018 bis zum 8. Dezember 2021.Auch ihr gemeinsamer Video-Auftritt mit dem damaligen Deutschland-Chef von Nestlé, Marc-Aurel Boersch, hatte für Kritik gesorgt.
Deutschland hat beim Kampf gegen Korruption viel nachzuholen. Bundestagsabgeordnete dürfen etwa Aktien im Millionenwert besitzen, ohne dies offenlegen zu müssen.
Auch führende Unions-Politiker, darunter Bundeskanzler Friedrich Merz, geben bis heute keine Auskunft über ihre Unternehmensanteile. https://www.abgeordnetenwatch.de/recherchen/interessenkonflikte/friedrich-merz-und-ministerinnen-verweigern-angaben-zu-aktienbesitz
Veröffentlichung:
Autor: Kilian Dreißig