Demeter-Produkte: Wie vegan-freundlich sind sie?
Demeter ist der älteste Bio-Anbauverband weltweit und setzt sich seit Anfang des 20. Jahrhunderts für einen sogenannten "biologisch-dynamischen" Anbau ein.
Doch werden Demeter-Produkte eigentlich auch vegan angebaut? Ist Demeter vergleichbar mit dem biozyklisch-veganen Anbau, der auf Tierhaltung verzichtet?
Die Demeter-Bewegung ist in den 1920-er Jahren in Deutschland entstanden. Der Name "Demeter" stammt von der griechischen Göttin der Fruchtbarkeit.
In einer Zeit, als die Industrialisierung der Landwirtschaft bereits Fahrt aufnahm, ging die ganz junge Demeter-Bewegung bewusst auf Abstand zur zunehmenden Ausbeutung der Natur und suchte nach neuen Wegen in der Landwirtschaft.
Die Weltanschauung hinter Demeter basiert auf der Gedankenwelt von Rudolf Steiner, der auch Mitbegründer der Waldorfschulen war. Grundprinzip von Demeter ist eine "lebendige Kreislaufwirtschaft".
Und das klingt schon ziemlich veganfreundlich. Denn auch vielen vegan lebenden Menschen liegt ja etwas an der Bewahrung natürlicher Ökosysteme!
Tierhaltung ist für Demeter-Landwirte verpflichtend.
Explizit veganfreundlich ist Demeter aber nicht. Tierhaltung gehört zu Demeter zwingend dazu und ist eine ideologische Grundlage der Demeter-Landwirtschaft.
"Auf Demeter-Höfen gehören Tiere, besonders Rinder, mit dazu." [1] Demeter-Verband
Es gibt zwar Demeter-Betriebe, die keine eigene Tierhaltung betreiben, allerdings ist die Düngung (oder vielmehr "Energetisierung") mit Tierprodukten wesentlicher Bestandteil der Demeter-Landwirtschaft.
Und dazu gehören nicht nur Kuhmist, sondern auch z. B. Hornspäne von getöteten Tieren (Schlachtnebenprodukte). Indes hat Demeter schon 1996 den Einsatz von Blut- und Knochenmehl verboten, der sonst auch in der EG-Bio-Landwirtschaft erlaubt ist. [2]
Biodynamische Präparate in der Demeter-Landwirtschaft
Die Düngemethoden von Demeter sind dabei ein Kapitel für sich. Neben Komposten und Gründüngung, die auch in bio-veganer Landwirtschaft verwendet werden, setzt Demeter auch auf sogenannte "biodynamische Präparate".
Der Einsatz dieser Präparate ist für alle Demeter-Betriebe verpflichtend. [3] Häufig kommen auch hier Tierprodukte zum Einsatz.
"Durch die Präparatearbeit verbindet sich der Landwirt seelisch mit Boden, Pflanze und Tier" [4] Uli Johannes König, Demeter-Pionier
Die Düngung mit "biodynamischen Präparaten" wird von Demeter-Anhängern als eine Art Stimulanz für den Boden verstanden, ähnlich wie bei der Homöopathie. Es geht nach diesem Gedanken also nicht nur darum, dem Boden direkt Nährstoffe zuzuführen - sondern um eine "energetische Stärkung".
Für das in Demeter-Kreisen verbreitete "Hornmist-Präparat 500" wird z. B. Kuhmist in Kuhhörner gefüllt und über den Winter in der Erde vergraben, um "kosmische Kräfte und die Energie der tierischen Hülle zu nutzen". [4]
Im Frühjahr wird das "Präparat" ausgegraben, mit Wasser verdünnt, mindestens 60 Minuten lang verrührt ("dynamisiert") und anschließend mit einer Spritze auf den "Demeter"-Feldern verteilt. [5][6]
"Hornmist ist die Grundlage für organisches Pflanzenwachstum, weil es eine innigere Verbindung zwischen Boden und Pflanze herstellt - die Pflanze findet sich im Boden besser zurecht. Die innige Verbindung zwischen Boden und Pflanze ist notwendig für nachhaltiges und gesundes Pflanzenwachstum." [6] Onlineshop für Demeter-Präparate
Für manche Menschen klingen diese Methoden nach esoterischem Geschwurbel. Und in der Tat sahen sich Demeter-Anhänger schon häufiger mit Vorwürfen konfrontiert, sie würden wissenschaftliches Arbeiten pauschal abwerten und eine Nähe zur "Querdenker"-Bewegung suchen.
Für andere Menschen ist es aber gerade das Geistig-Spirituelle, das Allumfassende, das Demeter sympathisch macht.
Demeter-Landwirtschaft hat Vorteile für Umwelt und Klima
Demeter ist ein Bio-Anbauverband und geht in seinen Forderungen deutlich über die EU-Bioverordnung hinaus. Das hat ganz handfeste Vorteile.
Wie alle Bio-Landwirte verzichten auch Demeter-Bauern auf chemisch-synthetische Düngemittel und künstliche Pestizide. Sie setzen mehr auf Handarbeit und schützen dadurch Böden und Klima.
Der Anbauverband Demeter setzt zudem stark auf "saatenfeste" Sorten, die sich selbst vermehren lassen. Üblich sind sonst sogenannte Hybrid-Saaten. Die Sorten sollen widerstandsfähiger sein und Landwirte unabhängig von Saatgut-Konzernen machen. [7]
Auch in der Tierhaltung setzt Demeter stark auf den Kreislaufgedanken und eine weitgehende Selbstversorgung. Das bedeutet: Weniger zugekaufte (oder gar aus fernen Ländern importierte) Futtermittel.
Auch, wenn Demeter-Tierhaltung die Grundproblematik der "Veredelungsverluste" und der knapper werdenden Anbauflächen nicht zu lösen vermag, kommt sie einem echten Kreislaufsystem zumindest näher, als die konventionelle Tiermast.
Neu auf Vegpool:
Und wenn Demeter-Tierhaltung ökologisch eine Alternative ist, könnte man das mit dem tierischen Dünger ja vielleicht auch differenziert sehen... oder?
Der Markt spricht indes eine andere Sprache. Nur wenige Prozent aller Fleischprodukte haben Bio-Qualität - und selbst davon entfällt nur ein winziger Bruchteil auf Demeter-Tierprodukte. Bio-Tierprodukte werden als Alternative offensichtlich nicht akzeptiert. Sie sind bis heute eine Nische.
Aufgrund dieser Marktsituation verkaufen Demeter-Milchbauern ihre "Demeter"-Kälber aus der Milchproduktion auch gerne einmal an konventionelle Mäster. Tschüss, energetische Verbindung!
Wie Bio-Kälbchen in der konventionellen Mast landen und
warum auch für Milch Kälbchen sterben!
Demeter-Tierhaltung: Kein Tierwohl garantiert.
Überhaupt: In Sachen Tierwohl haben es Demeter-Tiere nicht unbedingt besser. Tiere haben auf Demeter-Betrieben zwar meistens etwas mehr Platz als in der konventionellen Tierhaltung, allerdings bedeutet Demeter-Tierhaltung nicht zwingend, dass es den Tieren besser ginge als in anderen Formen der Tierhaltung.
Sogar die extrem tierquälerische Anbindehaltung war in Demeter-Betrieben jahrzentelang erlaubt, zuletzt mit Ausnahmegenehmigung. Die Tiere waren dabei angebunden und konnten sich nicht einmal umdrehen. So viel zum Thema "Wesensgemäß".
Ganz unabhängig von Demeter: Die meisten Tierwohl-Versprechungen beziehen sich auf Haltungsbedingungen, nicht auf nachweisliche, empirisch überprüfbare Parameter zur Tiergesundheit.
Es wird also damit geworben, dass Tiere mehr Platz hätten, ungeachtet dessen, ob die Tiere dabei tatsächlich gesund sind oder ihrem natürlichen Verhalten nachgehen können.
Mehr Platz für ein Demeter-Schwein bedeutet ja noch lange nicht, dass es auch im Waldboden wühlen könnte...
Demeter-Marketing ist hier keine Ausnahme.
Euterentzündungen und Erkrankungen von "Fundament" und Knochenapparat kommen auch auf Demeter-Tierhaltungen vor.
Auch Demeter-Tierhaltung ist also aus ethischer Sicht keine Alternative. Auch für Demeter leiden Tiere. Auch für Demeter werden Jungtiere ihren Müttern entrissen. Auch für Demeter werden Tiere getötet.
Geht es um das Wohl der Tiere, dann steht Demeter gewiss nicht veganfreundlicher da als andere Bio-Verbände.
Und doch muss man zusammenfassend sagen, dass Demeter-Betriebe vieles gut machen!
Demeter ist nicht "veganfreundlich", aber immerhin nachhaltiger.
Auch wenn Demeter aufgrund der Pflicht zur Tierhaltung nicht als "veganfreundlich" gelten kann, machen Demeter-Landwirte doch vieles richtig - jedenfalls im Vergleich zu den Alternativen.
Sicher, man kann über esoterisch-spirituelle Weltanschauungen und die verbreitete Wissenschafts-Skepsis unterschiedlicher Meinung sein. Auch frühe, zeitweise von Sympathie geprägte Kontakte zu NS-Politikern werfen nicht nur gutes Licht auf die Entstehungsgeschichte der Demeter-Bewegung.
Und doch muss man anerkennen: Aus ökologischer Sicht hat Demeter in der Tat ganz reale Vorteile gegenüber der konventionellen Landwirtschaft.
Denn Demeter ist keineswegs der einzige Bio-Anbauverband, der Tierprodukte als Dünger nutzt. Selbst Erzeuger von Bio-Obst und -Gemüse setzen importierte Schlachtreste aus konventioneller Tierhaltung ein.
Ganz zu schweigen von konventioneller Agrarindustrie, die in der Hinsicht schier keine Grenzen zu kennen scheint und in hohem Maße von fossilen Rohstoffen abhängig ist.
Wenn ihr also keine biozyklisch-vegane Gemüsekiste bezieht, habt ihr im Bio- oder Supermarkt meist nur die Wahl zwischen "besser" und "schlechter".
Und wenn ihr Demeter-Produkte kauft, könnt ihr euch zumindest sicher sein, dass diese in vielerlei Hinsicht nachhaltiger produziert worden sind als Lebensmittel aus konventioneller Landwirtschaft. Auch, wenn Demeter aufgrund der Tierhaltungs-Pflicht schwerlich als "veganfreundlich" gelten kann.
- Demeter ist der weltweit älteste Bio-Anbauverband.
- Die Vorgaben von Demeter gehen über die gesetzlichen Mindestanforderungen für Bio-Lebensmittel hinaus.
- Tierhaltung ist bei Demeter vorgeschrieben, deshalb ist Demeter nicht "veganfreundlich".
- Im Vergleich zu konventioneller Tierhaltung hat Demeter aber klare ökologische Vorteile.
- Biologisch und vegan erzeugte Lebensmittel bekommt ihr nur von wenigen Landwirten, die z. B. biozyklisch-veganen Anbau betreiben.
Übrigens: Wenn ihr euch fragt, welche Betriebe bereits bio-vegane Landwirtschaft betreiben, dann findet ihr hier unsere Übersicht bio-veganer Höfe.
Quellen
- https://www.demeter.de/tierwohl
- https://www.bio-gaertner.de/Hand[...]dukt/Blut-und-Knochenmehl
- https://www.demeter.de/biodynamische-praeparate
- https://www.demeter.de/char[...]biodynamischen-praeparate
- https://www.youtube.com/watch?v=KN-obZaRris
- https://praeparatekiste.de/prod[...]cts/hornmist-praparat-500
- https://www.demeter.de/obst-und-gemuese
Veröffentlichung:
Autor: Kilian Dreißig