Warum das "vegetarische" V-Label keinen Sinn macht [Kommentar]
Viele Lebensmittel-Hersteller bezahlen Lizenzgebühren dafür, um ihre Produkte mit einem bekannten Vegan-Label auszeichnen zu dürfen.
Die Siegel stehen ihrerseits für Glaubwürdigkeit und Transparenz und sollen Verbrauchern eine sichere Orientierungshilfe im Supermarkt bieten.
Das "V-Label" der Europäischen Vegetarier-Union (EVU) gehört dabei zu den bekanntesten Veggie-Siegeln. Mit seiner auffällig gelben Farbe ist es wirklich leicht, entsprechende Produkte auf einen Blick zu erkennen. Das ist wirklich praktisch - jedenfalls im Prinzip!
Allein: Das vegane und das vegetarische V-Label sehen fast identisch aus. Ein auffällig gelber Kreis mit grünem "V" darin. Darunter der Text "vegan" oder "vegetarisch".
Immer wieder berichten Menschen in den sozialen Medien von Verwechslungen. Sie haben ein Produkt wegen des gelben Siegels mit dem V gekauft, in der Annahme, dass es vegan sei. Erst später hätten sie festgestellt, dass es sich um ein "vegetarisches" Siegel gehandelt hätte.
Die Ähnlichkeit der V-Labels führt offenbar immer wieder dazu, dass vegan lebende Menschen versehentlich vegetarische Produkte kaufen.
Und das, obwohl das V-Label ja ausdrücklich für mehr Orientierung sorgen soll. Und nicht für weniger.
V-Label: Vom kostenlosen Veggie-Logo zum Lizenzprodukt.
Das V-Label wurde ursprünglich von der Europäischen Vegetarier-Union (EVU) entwickelt und vegetarischen Organisationen - damals noch kostenfrei - zur Nutzung überlassen. Inzwischen ist das V-Label laut Eigenwerbung das "bekannteste seiner Art". Unternehmen zahlen Jahresbeiträge, um es nutzen zu dürfen.
Natürlich geht es auch um Geld. An sich also eine gute Sache für Veggie-Organisationen, die ja Geld für ihre Arbeit brauchen. Allein: Als gemeinnützige Vereine dürfen sie nur sehr begrenzt wirtschaftlich aktiv sein. Es soll ja kein Selbstzweck sein.
Auch deshalb kümmert sich die unter Beteiligung mehrerer europäischen Veggie-Organisationen gegründete V-Label GmbH mit Sitz in der Schweiz um die wirtschaftlichen Belange des V-Labels.
Die Zusammenarbeit scheint dabei durchaus kooperativ zu laufen. Meine letzten Anfragen an die V-Label GmbH wurden von einer Mitarbeiterin des gemeinnützigen ProVeg e. V. in Berlin beantwortet.
Bei der Kommunikation fürs kommerzielle Siegel greift man offenbar gern auch auf spendenfinanzierte, gemeinnützige Strukturen zurück.
Doch räumt das V-Label die Verwechslungsgefahr nun eigentlich bald aus, oder nicht?
Im April letzten Jahres hatte ich bereits angefragt. Damals hieß es, ein Relaunch des V-Labels sei geplant, und zwar für kommendes Jahr (also dieses).
Wirklich getan hat sich seitdem wenig (abgesehen von, dass die Schrift beim "vegetarischen" Label mitunter weiß hinterlegt ist).
Immer noch sehen sich die V-Label auf den ersten Blick zum Verwechseln ähnlich. Trotzdem werde ein Relaunch "noch einige Monate in Anspruch nehmen" so die Mitteilung von ProVeg.
Braucht es wirklich mehr als ein Jahr, um ein Siegel so anzupassen, dass es Orientierung bietet, statt Verwechslungsgefahr?
Ich weiß es nicht.
Für mich stellt sich aber mittlerweile auch die Sinnfrage.
Macht ein vegetarisches V-Label überhaupt Sinn?
Welchen Sinn hat ein "Vegetarisches" V-Label überhaupt ?
Inwiefern unterstützt es Verbraucherinnen und Verbraucher bei der Wahl nachhaltigerer und tierfreundlicherer Lebensmittel?
Die Milchindustrie ist die Fleischindustrie. Für Milch und für Fleisch werden gleichermaßen Tiere getötet.
Käse ist mitunter klimaschädlicher als Fleisch. Mitnichten eine Alternative! Und das alles auch noch mit dem V-Label als eine Art Gütesiegel?
Wer wüsste es besser als ProVeg und Co?
Aus meiner Sicht wäre es der vernünftigste Schritt, die vegetarische Variante des V-Labels komplett abzuschaffen. Sie macht keinen Sinn.
Die Einzigen, die aus meiner Sicht davon profitieren, sind Unternehmen, die das Label nutzen, gerade weil es so leicht zu verwechseln ist. Weil sie sich einen Image-Vorteil davon versprechen.
Und natürlich Alle, sie sich für die Vergabe von Nutzungslizenzen angemessen entlohnen lassen.
Aber für die vegane Bewegung? Für eine nachhaltigere, klimafreundlichere Lebensweise mit weniger Tierleid? Wo bleibt der Zweck?
Für mich wirkt das "vegetarische" V-Label wie aus der Zeit gefallen!
Neu auf Vegpool:
Eine Abschaffung des vegetarischen V-Labels spart nicht nur die Kosten für die Neugestaltung und den Aufwand der internationalen Abstimmung - es würde auch die immer noch vorhandene Verwechslungsgefahr ausräumen.
Und dann könnte das V-Label in Zukunft wirklich Orientierung bieten. Weil man wüsste: Wo ein V-Label drauf ist, steckt auch ein veganes Produkt hinter.
Veröffentlichung:
Autor: Kilian Dreißig