Neue Milch-Studie: Kuhmilch plötzlich doch Klimaretter? [Kommentar]
Schneidet Kuhmilch beim Klima-Fußabdruck besser ab als gedacht? Eine neue Studie aus den Niederlanden klingt für mich, als hätte die Milchindustrie sie bestellt. Zentrale Fragen bleiben aber offen. Ein Kommentar.
Die englischsprachige Studie mit dem Titel "Nachhaltigkeitsbewertung von pflanzlichen Getränken und teilentrahmter Milch unter Einbeziehung von Nährstoffen, Marktpreisen und Umweltkosten" (übersetzt) wurde Ende Februar 2024 auf der Open Access-Plattform MDPI veröffentlicht. Ich beziehe mich hier auf die Zusammenfassung (Abstract) der Studie.
Die Veröffentlichung stammt aus der Feder von Forschern des NIZO-Instituts (gegründet von der niederländischen Milchindustrie [1]) und der Van Hall Larenstein University.
Eine zentrale Aussage der Studie: Kuhmilch enthalte pro Kilo mehr Nährstoffe als (nicht angereicherte) Milchalternativen. Sie würde demnach zu Unrecht als klimaschädlich dargestellt.
Die Wissenschaftler kommen zu dem Schluss, dass pflanzliche Milchalternativen ihren Klima-Vorteil gegenüber (teilentrahmter) Kuhmilch weitgehend verlören, wenn nicht nur die Menge, sondern auch die Nährstoffe verglichen würden.
Nach dieser Rechenmethode seien nur angereicherte Pflanzendrinks (Soja, Hafer und Mandel) der Kuhmilch in Sachen Klimaschutz noch überlegen.
Für mich klingt das auf den ersten Blick plausibel. Denn klar: Wenn ein Lebensmittel weniger Nährstoffe enthält, benötigt man mehr davon. Das wiederum erhöht die Umweltauswirkungen.
Doch es geht noch weiter! Wenn man die CO₂-Kosten der Produkte berücksichtige und diese auf die Einzelhandelspreise pro Kilo addiere, sei teilentrahmte Milch sogar das Produkt mit den "niedrigsten gesellschaftlichen Kosten", so die Wissenschaftler.
Ein zentrales Grundproblem deutet die Studie selbst bereits an: Kühe erhalten nicht nur Gras, sondern auch Futtermittel wie Sojaschrot und Maissilage. Dazu erhalten die Tiere Nährstoffe als Futterzusatz. Calcium, Vitamine, Selen und Co …
Der Verzehr von Kuhmilch ist also in der Regel eine indirekte Form der Supplementation.
Und genau das hätte in der Studie berücksichtigt werden müssen.
Die Studie hätte also angereicherte Pflanzendrinks mit (indirekt) angereicherter Kuhmilch vergleichen müssen. Sonst werden Pflanzendrinks unsachlich benachteiligt.
Der Hinweis auf die Preise der Endprodukte unterschlägt zudem, dass Kuhmilch nur deshalb so billig ist, weil sie massiv aus Steuergeldern subventioniert wird. Die Hälfte des Einkommens von Milchbauern stammt mitunter aus Subventionen.
Auch vegane Steuerzahler finanzieren Milch mit und entheben sie dadurch den marktwirtschaftlichen Zwängen.
Mit anderen Worten: Die neue Studie ist meiner Meinung nach mit Vorsicht zu genießen.
Es könnte sein, dass sich das genauso als heiße Luft entpuppt, wie frühere Meldungen von Agrar-Medien, der Weltklimarat hätte sich bei der Methan-Einschätzung geirrt und Kuhmilch wäre ein Klimaschützer.
In Wahrheit hatten Agrar-Medien schlicht Unsinn veröffentlicht. Das hatte meine einfache Anfrage an das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt ergeben, das den Weltklimarat vertritt. → Mehr Hintergründe dazu!
Könnt ihr meine Meinung nachvollziehen, oder seht ihr es anders? Schreibt einen Kommentar ins Forum!
Veröffentlichung:
Autor: Kilian Dreißig