Schlachtbranche: Kampagne soll Image von Schweinefleisch retten [Kommentar]
Schweinefleisch ist krebserregend, seine Erzeugung umweltschädlich. Deshalb sinken die Absätze seit Jahren. Immer mehr Menschen essen pflanzlich(er). Schweinezüchter machen dicht – dafür öffnen Hersteller pflanzlicher Leckereien ihre Pforten!
Die Schlacht-Branche findet daran allerdings wenig Gefallen – und möchte nun mit einer Werbekampagne gegensteuern.
Ein neues Unternehmen, "Branchenkommunikation Fleisch", gegründet vom Deutschen Bauernverband und dem Verband der Fleischwirtschaft, soll Menschen in erster Linie emotional ansprechen.
"An Sachinformationen haben sich schon viele versucht", so wird VDFGeschäftsführer Steffen Reiter vom Branchenmagazin Top Agrar zitiert.
Offenbar sind diese Sachinformationen über Schweinefleisch nicht besonders appetitlich. Jedenfalls war man damit wohl nicht allzu erfolgreich.
Jetzt sollen es also die Emotionen richten!
Dabei lässt man sich auch von einer aktuellen Werbekampagne aus Frankreich inspirieren. Dort wird vom Verband Inaporc z. B. mit dem Spruch "typisch du, typisch gut" für Schweinefleisch geworben.
Zur Debatte stehen auch Werbesprüche wie "Das lass’ ich mir nicht nehmen".
Was damit gemeint ist? Der Darmkrebs vielleicht? Wir wissen es nicht!
Aber nicht vergessen: es geht um Emotionen!
Wen interessiert da schon, dass immer mehr Menschen unter 50 an Darmkrebs erkranken? Dass Ärzte vor einer Darmkrebs-Epidemie warnen? Dass sogar die Weltgesundheitsorganisation (WHO) verarbeitetes Fleisch als krebserregend einstuft?
Dass die Deutsche Gesellschaft für Ernährung die empfohlene Höchstmenge an Fleisch auf 43 Gramm am Tag reduziert hat? (Trotz heftiger Proteste aus der Fleischbranche.)
Fest steht wohl, dass die Werbeausgaben für die Schweinefleisch-Kampagne von Mästern, Schlachtern und Verarbeitern getragen werden sollen. Laut dem Branchenmagazin Top Agrar sollen dabei 2,3 Millionen Euro im Jahr herausspringen. Für bezahlte Influencer, Printwerbung und Co.
Ein wenig erinnert das ja an die Zeiten der Centrale Marketing-Gesellschaft der deutschen Agrarwirtschaft (CMA). Die hatte – üppig bezuschusst aus Steuergeldern – fast 40 Jahre lang regelrechtes Brainwashing betrieben.
Wahrscheinlich sind die damaligen Kampagnen einer der Gründe, warum der Verzehr von Tierprodukten in Deutschland bei älteren Menschen wie ein religiöses Dogma verteidigt wird. Sachinformationen? Wer benötigt die schon? Man lässt sich ja nichts nehmen – am wenigsten veraltete Klischees!
Gleichwohl dürfte das Budget der neuen Schweinefleisch-Kampagne deutlich niedriger sein als das der CMA. Die wurde nämlich 2009 aufgelöst. Zum Glück.
Veröffentlichung:
Autor: Kilian Dreißig