Achtung, Darmkrebs: So krebserregend ist Fleisch wirklich! [Faktencheck]
Als im Jahr 2015 die Internationale Krebsforschungs-Agentur (IARC) vor verarbeitetem Fleisch als Krebsrisiko gewarnt hat, war das Entsetzen groß. Und doch hat sich seitdem kaum etwas verändert. Weiterhin essen Menschen in Mitteleuropa große Mengen Fleisch.
Ist Fleisch also doch nicht krebserregend? Oder verdrängt unsere Gesellschaft die Risiken, als wäre es nur eine Frage des Geschmacks?
Wie krebserregend ist Fleisch wirklich? Was sagen wissenschaftliche Institutionen wie die Weltgesundheitsorganisation dazu?
Hier unser Faktencheck!
- Themen im Artikel [Inhaltsverzeichnis]
- → Wie krebserregend ist Fleisch?
- → Welche Krebsarten werden durch Fleischverzehr ausgelöst oder begünstigt?
- → Bekommt man Krebs, wenn man Fleisch isst?
- → Wie hoch ist der Pro-Kopf-Verzehr von Fleisch in Deutschland?
- → Wie häufig und gefährlich ist Darmkrebs in Deutschland?
- → Sollte man jetzt gar kein Fleisch mehr essen?
Die IARC ist eine Einrichtung der Weltgesundheitsorganisation. Ihre Kernaufgabe besteht darin, die Ursachen für Krebserkrankungen zu erforschen.
Die IARC teilt Stoffe dafür jeweils einer von fünf Kategorien zu. Diese sind:
- 1: karzinogen für Menschen,
- 2A: wahrscheinlich karzinogen,
- 2B: möglicherweise karzinogen,
- 3: nicht eingestuft,
- Gruppe 4: wahrscheinlich nicht karzinogen.
"Karzinogen" ist der medizinische Begriff für "krebserregend".
Wie krebserregend ist Fleisch?
Verarbeitetes Fleisch wurde von der IARC in Stufe 1 eingeordnet: Es ist demzufolge "karzinogen für Menschen".
Verarbeitetes Fleisch
Zu verarbeitetem Fleisch gehören z. B. gepökelte, fermentierte, geräucherte oder anders haltbar gemachte oder geschmacklich veränderte Fleischprodukte. Die IARC nennt beispielhaft Hotdogs, Schinken, Würstchen, konserviertes Fleisch, sowie fleischbasierte Zubereitungen und Soßen. [1]
In Stufe 1 der IARC sind auch folgende Krebsursachen eingeordnet: Asbest, Tabakrauch und UV-Strahlung. Die Einstufung erfolgt qualitativ. Das bedeutet, dass Substanzen anhand der wissenschaftlichen Beweislage bzw. der Aussagekraft der Beweise kategorisiert werden.
Die wissenschaftliche Beweiskraft, dass verarbeitetes Fleisch krebserregend ist, ist demzufolge sehr hoch.
Einzelne Krebsursachen können jedoch unterschiedlich stark krebserregend sein.
Rotes Fleisch
Rotes Fleisch wurde von der IARC in Stufe 2A eingeordnet: "Wahrscheinlich krebserregend". Zu "rotem Fleisch" gehört das Muskelfleisch von Säugetieren, darunter das Fleisch von Rindern, Kälbern, Schweinen, Schafen, Pferden und Ziegen. [1] Wichtig: Wird das Fleisch verarbeitet, fällt es in Stufe 1!
In Stufe 2A ("wahrscheinlich krebserregend") wurde auch das Herbizid Glyphosat eingestuft. Es besteht also die Vermutung, dass es Krebs erregt, allerdings fehlen genügend verlässliche Studien zu diesem Thema. [2]
Welche Krebsarten werden durch Fleischverzehr ausgelöst oder begünstigt?
Die Erkenntnisse der IARC stützen sich auf mehr als 800 internationale Studien – und besonders stark auf die Ergebnisse von 14 randomisierten Kohortenstudien der vergangenen Jahrzehnte. Der Zusammenhang wurde zudem bei sieben von 15 Fall-Kontroll-Studien gezeigt. [3]
Diese Studien hätten vor allem eine Verbindung zum Kolorektalkarzinom (Krebs des Dickdarms und Rektums) gezeigt, allerdings war auch das Risiko für Krebserkrankungen der Bauchspeicheldrüse und der Prostata erhöht. [4]
Bekommt man Krebs, wenn man Fleisch isst?
Die Beweislage, dass verarbeitetes Fleisch erregt, ist so erdrückend wie bei Tabakrauch und Asbest. Es ist aus wissenschaftlicher Sicht also keine ernsten Zweifel daran, dass es Krebs auslösen kann. Dennoch bekommt nicht jeder Raucher immer Lungenkrebs und nicht jeder Fleischesser Krebs im Enddarm.
Allerdings bestehen konkrete Risiken, die mittlerweile gründlich erforscht sind.
Der tägliche Verzehr von 50 Gramm Fleischwaren erhöht das Risiko auf Kolorektalkarzinome um 18 Prozent. [5] Bei rotem Fleisch wurde pro 100 Gramm am Tag ein Anstieg des Darmkrebsrisikos um 17 Prozent ermittelt. [4] Mit steigendem Verzehr steigt auch das Risiko.
Wie hoch ist der Pro-Kopf-Verzehr von Fleisch in Deutschland?
Obwohl der Fleischkonsum langsam sinkt, lag er in Deutschland nach Angaben der Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung immer noch bei 51,6 Kilo im Jahr 2023. [6] Daraus ergibt sich eine ungefähre Verzehrmenge von 141 Gramm am Tag. Wie viel davon verarbeitet war, geht aus der Statistik nicht hervor.
Die Organisation ProVeg geht davon aus, dass in Deutschland rund 10 % der Bevölkerung vegetarisch isst. [7] Demzufolge dürfte der tatsächliche, durchschnittliche Fleischverzehr bei Fleischessern höher liegen, da Vegetarier schließlich gar kein Fleisch verzehren und den statistischen Durchschnitt dadurch senken.
Wie häufig und gefährlich ist Darmkrebs in Deutschland?
Bei Frauen ist Darmkrebs die zweithäufigste Krebserkrankung – mit 11,1 Prozent, nach Brustdrüsenkrebs. Bei Männern liegt Darmkrebs nach Prostata- und Lungenkrebs an dritter Stelle, mit 12,5 Prozent der Krebsfälle. Diese Zahlen stammen aus dem Jahr 2016. [8] An Darmkrebs sind 2020 in Deutschland 24.240 Frauen und 30.530 Männer neu erkrankt. [9]
Die 5-Jahres-Überlebensrate (also die Prozentzahl der Betroffenen, die 5 Jahre nach Ausbruch der Erkrankung noch leben) liegt bei Darmkrebs bei etwa 63 %. Bei Männern etwas niedriger als bei Frauen. [8]
Sollte man jetzt gar kein Fleisch mehr essen?
Viele wissenschaftliche Beweise liefern gute Argumente, um Fleisch deutlich zu reduzieren, oder ganz zu meiden. Dieser Faktencheck zeigt zentrale Erkenntnisse aus der medizinischen Forschung auf. Es ist also nicht allein eine Frage des Geschmacks. Wer Fleisch isst, sollte sich der damit verbundenen Risiken bewusst sein – und besser keinen Vorsorgetermin beim Arzt verpassen.
Dieser Artikel soll einzig die Datenlage aufzeigen und für Laien verständlicher machen. Wir haben hochwertige Quellen ausgesucht und verlinkt. Ob jemand Fleisch isst oder Zigaretten raucht, ist aus gesundheitlicher Sicht eine eigene Entscheidung.
Der Artikel wurde am 8.7.2024 überarbeitet.
Quellen
- https://www.iarc.who.int/wp-c[...]/Monographs-QA_Vol114.pdf
- https://www.krebsinformationsdienst.de/aktu[...]5/news79-iarc-fleisch.php
- https://www.deutsche-apotheker-zeitung.de/daz-[...]bsrisiko-von-fleischwaren
- https://www.aerzteblatt.de/nach[...]rst-als-krebserregend-ein
- https://www.vzhh.de/them[...]isch-wurst-wirklich-krebs
- https://www.ble.de/Shar[...]240404_Fleischbilanz.html
- https://proveg.com/de/e[...]n-vegetarischer-menschen/
- https://www.gelbe-liste.de/onko[...]/zahlen-weltkrebstag-2020
- https://www.krebsdaten.de/Kreb[...]krebs/darmkrebs_node.html
Veröffentlichung:
Autor: Kilian Dreißig