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Kritik zu Tofu-Beitrag von "Wissen vor acht" auf ARD: Viele Gerüchte, wenig Klarheit!

Tofu - ein Lebensmittel zum Fürchten? Könnte man bei diesem Bild fast denken!
Tofu - ein Lebensmittel zum Fürchten? Könnte man bei diesem Bild fast denken! Bild: Screenshot

"Ist Tofu ungesund?" Dieser Frage geht Susanne Holst im ARD-Format "Wissen vor acht" in gut 2 Minuten nach.

Auch wenn der Beitrag weitgehend sachlich ist, bleibt er am Ende doch vage, wirkt stellenweise sogar ausgedacht. Eine TV-Kritik.

Tofu ist ein Lebensmittel, das seit langer Zeit aus Sojabohnen hergestellt wird. Seit sehr langer Zeit!

In asiatischen Ländern wird Tofu seit Jahrtausenden verzehrt, und auch in Deutschland und Europa findet Tofu immer mehr Freunde – nicht nur bei Vegetariern und Veganern.

Kein Trend-Produkt, sondern ein echtes Grundnahrungsmittel!

Früher war die Tofu-Herstellung in Deutschland faktisch verboten. Heute freuen sich die damaligen Pioniere über reißenden Absatz!

Gut, dass sich die Medizinjournalistin und ARD-Moderatorin Susanne Holst im Format "Wissen vor acht" auf ARD dem Tofu widmet – und seinen gesundheitlichen Aspekten. Zum ARD-Video.

Schade bloß, dass sich der Beitrag im Wesentlichen an Vorurteilen und Klischees abarbeitet.

Es beginnt mit dem Einleitungssatz: "Sieht aus wie echtes Fleisch, ist aber vegetarisch". Auch Nicht-Vegetarier würden immer häufiger nach einer Alternative zu Fleisch suchen, so Holst.

Richtig daran ist: Natürlich kann man Tofu anstelle von Fleisch verwenden. Genauso, wie man Kartoffeln statt Reis servieren kann. Zu den "Ersatzprodukten" wird Tofu aber normalerweise eben gerade nicht gezählt.

Einerseits, weil Tofu gar nicht wie Fleisch schmeckt, aber auch, weil er ein ganz eigenes Produkt mit einer eigenen Geschichte ist.

Anders als die vielen Veggie-Würstchen, die man seit einigen Jahren im Handel kaufen kann, wird Tofu schon seit Jahrtausenden hergestellt. Ähnlich wie Seitan und Tempeh.

Moderne Fleischalternativen auf Sojabasis werden meist nicht aus Tofu produziert (durch Gerinnung gewonnen, weiche Konsistenz), sondern aus Soja-Extrudat hergestellt (mit fleischähnlicher, faseriger Konsistenz). Ein gänzlich anderes Verfahren.

Tofu auf diese Weise mit modernen Fleischalternativen gleichzusetzen ist, als würde man Kartoffeln dafür kritisieren, dass Pommes Fett enthalten.

In einem Beitrag über Tofu sollte man den Unterschied berücksichtigen.

Verarbeitete (gewürzte, geräucherte usw.) Tofuprodukte haben meistens Bio-Qualität. Die Zutatenlisten sind dabei regelmäßig so vorbildlich, wie es nur sein kann.

Auch der Salzgehalt liegt in der Regel deutlich unter 2 Gramm pro 100 Gramm (der magischen Schwelle, ab der Experten üblicherweise anfangen, zu meckern).

Kurze Recherche: "Basilikum-Tofu" von Taifun enthält z. B. 1,4 Gramm Salz. "Tofu Rosso" von Reishunger 0,9 g. Selbst die veganen Bio-Bratwürstchen von KoRo (die zumindest teilweise Tofu enthalten) kommen mit 1,6 Gramm Salz auf 100 g aus. Klingt für mich eher so, als müsste man im Zweifel nachsalzen … Aber zu salzig!?

Für mich klingt der Teil, als hätte das "Wissen vor acht"-Team direkt ins Script geschrieben, was ihm spontan in den Kopf gekommen ist – und sich so die Recherche erspart.

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Kritisches Hinterfragen wäre dabei so wichtig gewesen, wo doch selbst die Weltgesundheitsorganisation seit spätestens 2015 vor den Krebsrisiken von Fleisch warnt.

Wenn Tofu schon (fälschlicherweise) als Fleischalternative präsentiert wird, sollte wenigstens auch mit demselben Maß gemessen werden, wie bei Fleisch. Und dann auch in dieser Hinsicht verglichen werden.

Thema Gentechnik. Tofu stünde in Verdacht, genmanipuliert zu sein, so Moderatorin Holst.

Das stimmt, allerdings steht Tofu auch im Verdacht, Menschen unverzüglich umzubringen, "pure Chemie" oder "Bauschaum" zu sein, und so weiter. Ganz abhängig davon, wen man fragt.

Geärgert hat mich aber nicht nur die klischeehafte Einleitung – sondern auch die vage Antwort darauf.

Statt klipp und klar anhand der Faktenlage zu sagen: Gen-Soja landet so gut wie nie in deutschen Lebensmitteln (dafür als Tierfutter in den Futterkrippen), deutet Susanne Holst an, dass zumindest Asialäden Gentech-Tofu verkaufen würden.

Das ist immerhin vage genug, um nicht konkret falsch zu sein.

Tofu in Berliner Asialäden stammt jedenfalls regelmäßig aus deutschen Betrieben und hat großteils Bio-Qualität.

Auch online habe ich bei einer kurzen Recherche nicht einen einzigen Tofu gefunden, der den verpflichtenden Hinweis auf gentechnisch veränderte Soja trägt.

Wenn es also diese Gentech-Ausnahmen tatsächlich gibt, wäre es hilfreich gewesen, sie zu zeigen – oder auf pauschale Andeutungen zu verzichten.

Am Ende resümiert Holst, dass Tofu "sehr gesund" sei. Allerdings gelte das nicht für alle Produkte … …

… da könnte ich schon wieder in die Tischkante beißen!

Immer dieser Universal-Disclaimer, den man bei Fleischalternativen ständig um die Ohren gehauen bekommt, aber bei Fleischprodukten aus Gentech-Fütterung und voller multiresistenter Keime nie.

Wenn man sich die Inhaltsstoffe aber ganz genau ansehe, könnten Tofuprodukte eine sehr gesunde Alternative sein, so die Moderatorin. Na bitte, immerhin noch reingequetscht!

Dieses genaue Ansehen der Inhaltsstoffe von Tofuprodukten hätte ich mir von der "Wissen vor acht"-Redaktion gewünscht. Bevor der Beitrag erstellt wird.

Trotzdem: Wenn man schaut, was im ZDF bei den "Besseressern" teilweise für Gerüchte verwurstet werden (ganz zu schweigen von anderen Sendern), muss man sicherlich sagen: Das war schon ganz okay. Das Nachrichten-Niveau rund um Fleischalternativen ist in Deutschland nicht allzu hoch.

Etwas weniger Vagheit und mehr konkretes Wissen wären trotzdem schön gewesen. Eben gerade, weil "Wissen vor acht" mehr ist als bloß Unterhaltung. Und weil die Aufmachung anhand verbreiteter Klischees zugleich suggeriert, dass das die Punkte wären, über die man wirklich debattieren müsste.

Veröffentlichung:

Autor: Kilian Dreißig

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