Porträt "PlantAge": Die bio-vegane Revolution beginnt auf dem Acker.
Als wir bei "PlantAge" ankommen, ist die Ernte gerade in vollem Gang. Zuckerhut wird in grüne Kisten gepackt und aufgeladen. Nebenan wird im Folientunnel die Beregnungsanlage installiert.
Es geht geschäftig zu auf den Anbauflächen der ganz jungen Genossenschaft in Frankfurt/Oder, etwa 100 Kilometer von Berlin entfernt. "PlantAge" wird "plant age" ausgesprochen - also "Pflanzen-Zeitalter".
Judith Ruland und Federik Henn, die gemeinsam die Genossenschaft gegründet haben, sind noch mit einem TV-Team unterwegs, als wir eintreffen.
Der Trubel auf dem Acker hat einen Grund. Die Genossenschaft kann sich vor Anfragen kaum retten. Innerhalb eines Jahres möchte sie die Zahl der Mitglieder verdreifachen.
Woher kommt der Erfolg? Warum bekommt "PlantAge" so viel Zuspruch?
"PlantAge" wurde 2018 als Genossenschaft gegründet. Das heißt, dass PlantAge allen Mitgliedern gehört. Gemeinsam wollen sie die bio-vegane Landwirtschaft voran bringen.
Bio-vegane Landwirtschaft bedeutet, dass Lebensmittel ohne chemisch-synthetische Düngemittel angebaut werden. Aber auch ohne den Einsatz von Schlachtabfällen, Hornmehl, Mist und anderen Produkten der Tierhaltung.
"Manche Menschen glauben allerdings, dass bio-vegane Landwirtschaft ganz ohne Tiere auskommen wolle, also auch ohne Regenwürmer", so Frederik Henn. "Das Gegenteil sei der Fall: Bei uns fühlen sich die Regenwürmer besonders wohl!".
Doch nicht nur das: Die bio-veganen Agrar-Pioniere stellen Vogelhäuschen und Insektenhotels auf und legen Blühstreifen an. So fühlen sich "Nützlinge" hier besonders wohl und sorgen für ein natürliches Gleichgewicht auf dem Acker.
Zudem setzen die jungen Landwirte (das Durchschnittsalter liegt bei etwa 25 Jahren) auf viel Handarbeit und auf eine besonders schonende "bio-invensive" Bodenbearbeitung, um die wertvolle Humusschicht zu schonen.
Nur kommerzielle Tierhaltung spielt in der bio-veganen Landwirtschaft keine Rolle. Die nötigen Nährstoffe für die Pflanzen stammen aus Gründüngung, Leguminosen und Komposten.
Das Konzept klingt auf den ersten Blick revolutionär, und das ist es in Europa auch. Allerdings ist Landwirtschaft ohne Tierhaltung keine neue Erfindung.
In Asien gibt es jahrtausendealte Traditionen der tierfreien, "vegetabilen" Landwirtschaft. Das ist nachhaltig tragfähig, sagte uns der Agrar-Experte Prof. Knut Schmidtke vergangenes Jahr im Interview.
Auch Gülle und Schlachtabfälle enthalten Nährstoffe, die das Tier zuvor über die Nahrung aufgenommen hat. Bio-vegane Landwirtschaft erspart also den Nährstoff-Umweg über die Tierhaltung.
Und die Anfrage ist riesig! Nachdem die Ernte im ersten Jahr nicht gereicht hat und Ware zugekauft werden musste, wurde dieses Jahr ordentlich aufgestockt! In diesem Jahr ist die Ernte so reichhaltig, dass die Gemüsekisten prall gefüllt werden.
"Wir wollen die Zahl der Mitglieder im nächsten Jahr verdreifachen", sagte Judith Ruland, als wäre das kein Kunstwerk. 1.500 Haushalte wolle man dann mit frischem, bio-veganem Obst beliefern.
Dann nimmt sie einen frisch geernteten Sellerie in die Hand - für's Foto: "Schade, dass man den Duft nicht aufzeichnen kann".
Die meisten Kisten gehen nach Berlin. Dort gibt es zahlreiche Abholstellen, wo die Kisten auf die Abnehmer warten. Die Kosten liegen aktuell bei 79 Euro im Monat. Voraussetzung: Man beteiligt sich als Genosse bei PlantAge.
Dass das Ganze bisher so gut funktioniert, liegt sicherlich auch an dem Fokus auf die Praxis. Federik Henn bringt einen Abschluss in BWL mit, und Judith Ruland studiert noch Ökologie und Umweltplanung.
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Zudem lassen sie sich von Experten im Bereich der bio-veganen Landwirtschaft beraten und beschäftigen ausgebildete Gärtner.
So wollen sie auf Dauer nicht nur ihre Mitglieder mit Gemüsekisten versorgen - sondern auch durch Kurse und Bildungsangebote dazu beitragen, die Vorteile einer bio-veganen Landwirtschaft bekannter zu machen.
Weitere Infos findest du hier:
- Website von PlantAge
- Artikel rund um bio-vegane Landwirtschaft
- Report über den bio-veganen Landwirt Daniel Hausmann
- Hintergrund: Gülle: Dünger oder Gift?
Veröffentlichung:
Autor: Kilian Dreißig