Vegan-Journalist besucht Bio-Milchbauern: So funktioniert ein Melkroboter
Vegan-Redakteur besucht Bio-Milchbauern. Das Ziel: Einfach mal respektvoll miteinander zu reden und sich über die unterschiedlichen Sichtweisen auszutauschen.
Gar nicht so einfach wie es vielleicht klingt - das zeigt Teil 1 dieser Serie: Versuch einer Annäherung.
Auf dem Bio-Milchbetrieb wird ein Melkroboter eingesetzt, der die Kühe über den Tag hinweg melkt. Ein ausgetüfteltes, computergesteuertes System. Alles läuft vollautomatisch.
Zur Identifizierung tragen die Kühe einen Chip um den Hals. Der Roboter "kennt" jede Kuh, weiß sogar die genaue Position ihrer Zitzen. Auch die Milchmenge wird für jedes einzelne "Viertel" des Euters erfasst.
So kann der Roboter sofort Alarm schlagen, wenn die Kuh z. B. weniger Milch gibt als erwartet, oder ihren Rhythmus verlässt.
Diese berechtigte Frage haben uns mehrere Leser gestellt.
Auf Vegpool schreiben wir an verschiedenen Stellen, dass die Milchindustrie eine Industrie ist, die sich in sehr viele - auch kleine - Betriebe aufteilt. Manche Leser glauben, die Bezeichnung als "Milchindustrie" wäre ein moralischer Angriff. Dieses Beispiel zeigt, dass es schlicht eine Tatsache ist. Industrialisierung zieht sich durch die ganze Milchindustrie. Was könnte es besser zeigen als ein Melkroboter?
Ich habe einen Durchlauf mit der Kamera gefilmt:
Der Ablauf des Melkroboters ist wie folgt:
- Die Kuh betritt die Kabine des Melkroboters. Ihre Motivation: Eine Extraportion Kraftfutter (siehe 1. Artikel).
- Der Melkroboter erkennt die Kuh anhand des Chips an ihrem Hals. Falls die Kuh erst kurz zuvor im Roboter war, erhält sie kein Kraftfutter. Stattdessen öffnet sich die vordere Türe und die Kuh kann die Kabine wieder verlassen. Kraftfutter gibt es nur, wenn auch Milch da ist.
- Der Arm des Roboters findet die Zitzen automatisch, unterstützt von einer Kamera und Laser. Zunächst beginnt der Roboter, die Zitzen mit Wasser und Luft zu reinigen und zu stimulieren. Durch das sogenannte "Anrüsten" wird das Hormon Oxytozin im Gehirn der Kuh freigesetzt ("Kuschelhormon"). Erst dies löst den Milchfluss aus. Mehr Hintergründe zum "Anrüsten".
- Nach der Reinigung und Stimulation wird die Melkmaschine angesetzt. Dabei erfasst der Melkroboter die Milchmenge aus jedem einzelnen "Viertel" des Euters und speichert sie im Profil der Kuh. Bauer A. kann diese Statistik an seinem PC abrufen und bekommt bei Abweichungen eine Warnung.
- Nach dem Melken werden die Cups der Melkmaschine abgezogen und die Zitzen werden mit einem Spray desinfiziert. Dieses Spray verschließt auch die Strichkanäle ("Zitzen"), um sie vor Erregern zu schützen.
- Der Melkroboter öffnet die Kabine und die Kuh ist entlassen. Derweil wird die Melkmaschine gereinigt und für die nächste Kuh vorbereitet.
Der Melkroboter erspart Bauern A. sehr viel Arbeitszeit. Die Kühe werden nicht zu festen Tageszeiten gemolken, sondern können selbst entscheiden, wann sie in den Melkroboter gehen.
Im ersten Beitrag erklärte Bauer A., dass das Melken selbst offenbar keine Motivation darstellt: "Wenn's nichts zum Futtern gibt, dann funktioniert das System nicht. Es funktioniert nur mit Lockfutter."
Einen Melkroboter habe ich vorher noch nicht live gesehen - und ehrlich gesagt hat mich diese ausgetüftelte Maschine durchaus fasziniert. Die ganzen Datenmengen, die Statistiken, der lasergesteuerte Arm... Das ist wirklich High-Tech!
Am Ende dürfte ein vollautomatisierter Melkroboter möglicherweise Vorteile fürs Tier haben, weil er sich strikt ans Protokoll hält und daher vermutlich weniger Fehler macht als ein Mensch. Gleichwohl vergrößert sich dadurch natürlich auch die Distanz zwischen Tier und Halter. Es wirkt auf mich noch industrieller.
Ich weiß nicht, wie angenehm die Kühe das Melken finden. Als "Quälerei" kam es mir aber auch nicht vor.
Ich halte die Milchproduktion für ein veraltetes Ernährungssystem. Aus meiner Sicht hat sie zu viele Veredelungsverluste. Es müssen für Milch zu viele Tiere getötet werden, von den männlichen Kälbchen bis zu den "alten" Milchkühen.
Dass wir dazu unterschiedliche Sichtweisen haben, war A. und mir vorher bereits klar. Kein Grund aber, sich persönlich anzufeinden. Viel wichtiger ist es, eine gemeinsame Sachebene zu finden. Dazu waren wir beide bereit!
Ich bin überzeugt, dass ein Austausch auf einer wertschätzenden Ebene dazu beiträgt, Gräben zu überwinden, Vorurteile auszuräumen und als Gesellschaft Lösungen zu entwickeln, die uns alle voranbringen.
Ich bereite derzeit noch Videos über unseren Austausch auf dem Hof vor. Bitte habt etwas Geduld, da so etwas viel Zeit in Anspruch nimmt und wir mit den Planungen zu Weihnachten und Veganuary eingespannt sind.
Wie ist eure Meinung dazu? Schreibt's ins Forum (Link siehe unten)!
Ergänzung: Aufgrund mehrerer Rückmeldungen habe ich erklärt, warum wir auf Vegpool über einen Melkroboter berichten.
Vegan-Journalist trifft Bio-Milchbauern
- Veganer trifft Milchbauern: Versuch einer Annäherung
- Vegan-Journalist besucht Bio-Milchbauern: So funktioniert ein Melkroboter
- Veganer besucht Milchbauer: Respekt trotz unterschiedlicher Sichtweisen?
Veröffentlichung:
Autor: Kilian Dreißig