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Warum deutsche Milchkälbchen im Nahen Osten geschächtet werden

Ob dieses Kälbchen im Libanon geschächtet wird? (Symbolbild) Bild: Chepko Danil / Adobe Stock

Es sind schockierende Nachrichten für jeden Milchtrinker: Deutsche "Milchkälber" werden im Nahen Osten ohne Betäubung geschächtet. Junge Rinder winden sich in ihrem eigenen Blut, während das Leben aus ihnen entweicht. Tiere aus deutschen Ställen, von deutschen Milchbauern. Und das, während wir die Milch ihrer Mütter trinken!

Doch wie genau hängt die Milchproduktion mit der schockierenden Methode des Schächtens zusammen? Und welche Alternativen kann man nutzen, um dies als Verbraucher nicht zu unterstützen?

Wir haben die Hintergründe für euch recherchiert!

Vorab in Kürze:

  • Die meisten "Milchkälber" werden von Milchbauern an Mäster verkauft.
  • Nach der Mast werden die Kälber weiter verkauft - auch in alle Welt.
  • Ein Teil der Kälbchen werden im Nahen Osten geschächtet - also ohne Betäubung getötet.
  • Verbraucher haben keine Chance, zu erkennen, ob Kuhmilch ohne diese Verbindung zum Schächten produziert wird.
  • Pflanzliche Milchalternativen bieten eine gute und gesunde Alternative zu Kuhmilch. Oft sind sie sogar kostengünstiger.

Kuhmilch ist von Natur aus die Nahrung von Kälbern. Eine Kuh gibt erst Milch, wenn sie ein Kalb geboren hat. Deshalb müssen Milchbauern die Kühe jedes Jahr künstlich befruchten, sonst würde der Milchfluss allmählich versiegen. Ohne Kälber keine Kuhmilch (Faktencheck).

Der Daseinszweck der "Milchkälber" ist, dass ihre Mutter weiter Milch gibt. Milchbauern können mit den Kälbchen aber wenig anfangen. Die Jungtiere fressen Milch-Ersatz, lohnen sich aber nicht. Sie sind für die Milchbauern ein notwendiges Übel.

Nur ganz wenige weibliche Kälber werden später selbst "Milchkuh". Die meisten Kälber - männliche wie weibliche - landen beim Mäster. Der bezahlt ungefähr 10-50 Euro pro Kalb, je nach Marktlage - also gerade einmal die Futterkosten.

Trotzdem geht es nicht ohne "Milchkälbchen", denn sonst gibt die Mutterkuh ja keine Milch.

Übrigens: Auch Bio-Milchbauern verkaufen ihre "Milchkälbchen" an konventionelle Mäster. Der Grund: Es gibt keinen ausreichend großen Markt für Bio-Kalbfleisch. Tierschützer halten das für Betrug am Verbraucher - schließlich werben Bio-Milchbauern damit, dass es den Tieren besser ginge. Mehr über die Hintergründe.
Bild: ahavelaar / Adobe Stock

Vom Kälbermäster zum Schächten in den Nahen Osten?

Der Mäster bringt die Kälbchen binnen weniger Monate zur "Schlachtreife". Nach einigen Monaten werden die Tiere weiterverkauft.

Im globalisierten Handel entscheidet der Preis, wohin die Kälber transportiert werden. Viele werden in Deutschland und Europa getötet, ein Teil wird in alle Welt verschifft.

Schächtung von Kälbern im Libanon

2022 hat Report Mainz über Kälbertransporte berichtet, die von der Tierrechtsgruppe Animals International aufgedeckt worden sind. Die Tiere wurden zunächst in tagelangen Transporten nach Spanien transportiert, und nach monatelanger Mast dann per Schiff in den Libanon.

Die Undercover-Ermittler konnten filmen, wie die Kälber mit deutschen Ohrmarken betäubungslos geschächtet wurden. Sie verbluteten an einem Schnitt in den Hals.

Deutsche Milchbauern zeigten sich zwar erschrocken - ändern können sie es aber nicht. Denn: Ohne Kälber keine Milch. Und die Bauern können den Mästern nicht vorgeben, wohin diese "ihre" Kälber verkaufen.

Die Schächtung der Kälber im Nahen Osten lässt sich daher nicht von der Milchproduktion selbst trennen. Alles hängt zusammen.

Am Ende bleibt allen Menschen mit einem Herz für Tiere die Entscheidung, Milch möglichst ganz zu meiden - und Landwirte zu unterstützen, die pflanzliche Alternativen erzeugen.

Die gute Nachricht: Pflanzliche Milchalternativen haben sich in den letzten Jahren rasant weiterentwickelt und sind mittlerweile oft sogar billiger als Kuhmilch. Mit Tierschutz lässt sich sogar Geld sparen!

Ob Hafermilch, Sojadrinks oder andere pflanzliche Alternativen: Sie lassen sich so nutzen wie Kuhmilch und kommen ganz ohne das Schicksal der "Milchkälbchen" aus.

Wichtig: Die Produkte unterscheiden sich im Geschmack, daher lohnt es sich, verschiedene Sorten und Hersteller auszuprobieren.
Ein junges Kalb liegt im Stroh.
Für pflanzliche Milchalternativen müssen keine "Milchkälbchen" gemästet und verkauft werden. Bild: pixabay.com (bearb.)

Ist Schächten schlimmer als Schlachten?

Beim Schächten werden Tiere ohne Betäubung getötet, indem ihnen der Hals aufgeschlitzt wird. Auch viele Menschen im Nahen Osten sind schockiert, wenn sie davon erfahren. Sie bekommen es im Alltag aber nicht mit. In Deutschland findet die Schlachtung ja auch meist hinter verschlossenen Türen statt, und fernab der Stadtzentren.

Ob das Schächten wirklich noch grausamer ist als eine "normale" Schlachtung, ist jedoch umstritten. Undercover-Aufnahmen zeigen immer wieder, dass auch die - eigentlich vorgeschriebene - Betäubung in deutschen Schlachthöfen oft nicht funktioniert.

Manchmal scheint auch die Art der Betäubung schon so tierquälerisch, dass sie aus unserer Sicht mit dem Schächten durchaus vergleichbar ist (Beispiel: Die Betäubung mit CO2, bei dem Tiere zu ersticken glauben und wegen Sauerstoffmangel das Bewusstsein verlieren).

Manche politischen Parteien versuchen, die an sich berechtigte Kritik am Schächten für eigene Zwecke zu nutzen und Menschen aus dem Nahen Osten (oder allgemein aus anderen Kulturen) pauschal zu demütigen.

Wir befürworten eine kritische, sachliche Debatte über das Schächten, lehnen einen Missbrauch für menschenfeindliche Propaganda jedoch ab.

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Letzter Beitrag: 28.12.2023, von Libio.

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AUTOR: KILIAN DREIßIG
Vegane Lebensweise vereint Klimaschutz, Tierschutz und Lebensqualität. Gründe genug, mich als Journalist damit zu beschäftigen.

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