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"Weidepapier": Diese Bio-Lobby kämpft dagegen! [Recherche / Kommentar]

Diese Verbände und Unternehmen lobbyieren gegen eine baldige Weidepflicht.
Diese Verbände und Unternehmen lobbyieren gegen eine baldige Weidepflicht. Bild: K/Vegpool / pixabay.com / Screenshots

Wenn Bio-Milchbauern am Mittwoch in München auf die Straße gehen, um DAGEGEN zu protestieren, dass Bio-Kühe ab 2026 Zugang zur Weide haben müssen, dann fühlt sich das an, wie eine verkehrte Welt ...

Werben nicht Bio-Molkereien wie Andechser mit Kühen vor idyllischer Weide-Kulisse? Stehen nicht gerade Bio-Verbände wie Demeter, Naturland und Bioland für Tierwohl?

Wie kann es sein, dass ausgerechnet die "Guten" sich gegen etwas so Grundlegendes wie das "Weidepapier" einsetzen, das eine Weidepflicht für Bio-Kühe ab 2026 vorsieht?

Mit einer Online-Recherche gehe ich der Frage nach, woher die Proteste GEGEN die anstehende Weidepflicht kommen! [Kommentar]

Tierhalter demonstrierten im Februar vor der "Biofach" gegen eine Weidepflicht.
Demo vor der Biofach, gegen das "Weidepapier". Bild: K/Vegpool

Bioland

Einer der Initiatoren der Interessengemeinschaft gegen eine Weidepflicht ("Keine Pflicht zur Weide!") ist Jens-Martin K. aus Feuchtwangen. [1] Er stellt sich in der Öffentlichkeit gern als "Klimabauer" dar, führt einen sogenannten "Heumilch"-Betrieb und betätigte sich vorher bereits in einer Interessengemeinschaft "Gesunde Gülle". [2]

K's Betrieb ist seit vielen Jahren "Bioland"-zertifiziert. Dass seinen Kühen offenbar der regelmäßige Zugang zu Weideflächen fehlt, stellte für Bioland offenbar keinen Grund dar, das Siegel zu verweigern. [3][4]

Auch Bioland-Bauer Florian S. von einem Lindauer Biolandhof setzt sich gegen eine Weidepflicht ein. Und das, obwohl ihm laut Zitat im Wochenblatt DLV seit vielen Jahren bekannt war, dass diese Pflicht kommen wird. [5]

Auch Bioland-Präsident Jan Plagge spricht sich in der Öffentlichkeit GEGEN eine Weidepflicht ab 2026 aus. [6]

Bioland soll langjährigen Mitglieds-Betrieben laut dem Branchen-Magazin "Elite-Magazin" eine Übergangsfrist bis 2030 eingeräumt haben! [7] Deutlich weniger streng als die kommende rechtliche Vorgabe.

Laut Werbung haben Bioland-Rinder Zugang zur Weide, "wann immer es die Umstände zulassen". In Wahrheit lobbyiert Bioland GEGEN das "Weidepapier".
Laut Werbung haben Bioland-Rinder Zugang zur Weide, "wann immer es die Umstände zulassen". In Wahrheit lobbyiert Bioland GEGEN das "Weidepapier". Bild: Screenshot

Naturland

Der Bio-Anbauverband Naturland wirbt intensiv mit Rindern in idyllischer Weide-Kulisse und stellt sich als Bio-Verband mit strengen Regeln dar. [8]

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Was nur wenige Verbraucher wissen dürften: Naturland hat ein Rechtsgutachten beauftragt, das erklären soll, warum eine Weidepflicht rechtlich NICHT notwendig sei. [9][10]

Sogar Naturland-Präsident Hubert Heigl spricht sich in Agrar-Medien explizit GEGEN eine baldige Weidepflicht aus. [6] Dadurch würden Bio-Betriebe "ohne ersichtlichen Grund zum Ausstieg aus Bio gezwungen". [7]

Dass Kühe Weidetiere sind (und die Weidepflicht seit vielen Jahren absehbar war), ignorieren die Verbands-Strategen offenbar.

Betrieben, die schon lange zu Naturland gehören, haben laut dem Branchenmagazin "Elite-Magazin" eine Übergangsfrist bis 2029. [7] Also deutlich weniger streng als die nun kommende, gesetzliche Weidepflicht.

In der Naturland-Werbung stehen Rinder auf der Weide. In Wahrheit lobbyiert Naturland GEGEN das "Weidepapier".
In der Naturland-Werbung stehen Rinder auf der Weide. In Wahrheit lobbyiert Naturland GEGEN das "Weidepapier". Bild: Screenshot

Demeter

Auch manch ein Tierhalter mit "Demeter"-Siegel spricht sich GEGEN eine Weidepflicht aus. Darunter etwa der Betrieb Martin M. in Greßthal. Dazu arbeitet man bei der Öffentlichkeitsarbeit offensichtlich gerne mit den Bauernverband Schweinfurt zusammen. Also mit der konventionellen Agrar-Lobby. [11][12]

Bei einem Gipfeltreffen für längere Übergangsfristen der Weidepflicht mit Agrarministerin Michaela Kaniber war Demeter durch die Landesvereinigung für den ökologischen Landbau Bayern e. V. vertreten. [6]


Während sich die Bio-Verbände Bioland, Naturland und Demeter in der Werbung gern als besonders streng darstellen, muss offenbar der Staat erst eingreifen, bis auch alle Mitglieder ihren Kühen den Zugang zur Weide gewähren.

Überrascht hat mich, wie eng Bio-Tierhalter und -Verbände mit den konventionellen Agrarverbänden zusammenarbeiten. Also mit Berufsprotestlern und -Funktionären der Agrar-Lobby, die unsere Straßen mit ihren Treckern blockieren, sobald auch nur ein Politiker etwas von mehr Naturschutz oder Tierschutz sagt.

In einigen Betrieben mit Siegeln von Demeter, Bioland oder Naturland werden Kühe sogar wochen- und monatelang angebunden und können sich nicht einmal umdrehen. Tierschützer sagen, dass die Anbindehaltung besonders qualvoll für die betroffenen Tiere ist.

Anbindehaltung wird sogar in manchen sogenannten "Heumilch"-Betrieben mit Bio-Siegel praktiziert! → Mehr dazu!

Molkerei Andechser

In der Werbung gibt sich die Andechser Molkerei Scheitz GmbH besonders naturverbunden – sie wirbt sogar aktiv mit dem Hashtag "#Weidepower". [13]

Beim Gespräch mit der bayerischen Agrarministerin Michaela Kaniber soll sich Andechser-Geschäftsführerin Barbara Scheitz indes gegen eine baldige Weidepflicht ausgesprochen haben. [14][6]

Andechser wirbt mit "Weidepower" - lobbyiert in Wahrheit gegen baldige Weidepflicht. Bild: Screenshot (Markierung durch uns)

Molkerei Gropper

Auch Heinrich Gropper, Geschäftsführer der Molkerei Gropper GmbH & Co. KG, sprach sich beim Gipfeltreffen mit Agrarministerin Kaniber für eine verlängerte Übergangsfrist zur Weidepflicht aus. Die Molkerei Gropper gehört zu den größten Bio-Milchverarbeitern in Deutschland. [15]


Diese Recherche ist nicht vollständig und kann nur einen groben Überblick verschaffen. Von der Pflicht, ihre Kühe auf die Weide zu lassen, sollen nach Medieninformationen mehrere tausend Betriebe betroffen sein.

Doch weil viele Bio-Tierhalter schon baulich bedingt nicht in der Lage sind, ihren Tieren die naturgemäße Weidenutzung einzuräumen, ist unser Tipp: Steigt auf Hafermilch um. Am besten in Bio-Qualität.

Mit Hafermilch fördert ihr nachhaltige Landwirtschaft und vermeidet die Umweltschäden der Tierhaltung.

Die Online-Recherche zeigt: Offensichtlich bietet selbst ein Bio-Verbandssiegel KEINE Garantie, dass die Tiere grundlegende Verhaltensmuster wie das Weiden ausleben können. Vielmehr lobbyieren die großen Verbände sogar GEGEN eine baldige Weidepflicht.

Anders als Nutztiere steht Hafermilch nicht in Nahrungskonkurrenz zum Menschen. Für Hafermilch werden keine wertvollen Rohstoffe zu Gülle umgewandelt.

Und: Für Hafermilch muss kein Tier im Stall stehen, während einem die Molkereien das Grüne von der Weide erzählen.

→ 22 gute Gründe gegen Milch - und für den Umstieg auf pflanzliche Alternativen.

Veröffentlichung:

Autor: Kilian Dreißig

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