Trügerische Milch-Werbung: Das sagt die Verbraucherzentrale! [Kommentar]
Dürfen Molkereien eigentlich mit Bildern von frei laufenden Rindern auf üppigen Bergwiesen werben, wenn ihre Milch in Wahrheit zum Teil aus Stallhaltung kommt?
Diese Frage lässt mich seit dem jüngsten Skandal um die bayerische Molkerei Ehrmann nicht mehr los!
Hier die Hintergründe zum Ehrmann-Skandal in Kürze:
- Die Tierschutzorganisation Aninova hatte Bilder von Rindern veröffentlicht, die in einem Stall angebunden standen. Der Vorwurf: Deren Milch würde von der Molkerei Ehrmann bezogen. Ehrmann hat gegenüber der Redaktion auch den Bezug von Milch aus Anbindehaltung bestätigt. → Hier der ganze Artikel.
- Dann habe ich einen Kommentar geschrieben, wie die Molkerei Ehrmann mit Alpenidylle wirbt, trotz der Sache mit der Anbindehaltung. Fazit: Je mehr Verbraucher über die Hintergründe der Milchproduktion erfahren, desto weniger Milch kaufen sie. → Hier mein Kommentar!
- Außerdem habe ich bei großen deutschen Handelsketten angefragt, ob es Konsequenzen hat, wenn die Molkerei Ehrmann mit Alpen-Idylle wirbt, aber auch Milch aus Anbindehaltung bezieht. → Die Antworten waren bescheiden!
Doch wie ist eigentlich die Rechtslage, ganz unabhängig von Ehrmann?
Ist es erlaubt, Milch, die überwiegend aus Stall- oder gar Anbindehaltung stammt, mit Bildern von frei laufenden Rindern zu bewerben?
- Haben Verbraucher einen Anspruch darauf, dass Milchprodukte erfüllen, was die Werbung verspricht?
- Können sie verlangen, dass Milchprodukte besonders umweltfreundlich sind, wenn die Werbung mit weidenden Rindern genau das impliziert?
- Können sie im Zweifel einklagen, wenn die Nährwerte nicht dem entsprechen, was bei reiner Weidehaltung zu erwarten wäre?
- Und: warum tut eigentlich niemand etwas gegen die Irreführung in der Milchwerbung? Wie konnten Molkereien damit jahrzehntelang durchkommen?
Auf der Suche nach Antworten und möglichen Ansprechpartnern fielen mir die Verbraucherzentralen ein.
Was sagt also die Verbraucherzentrale Bayern dazu?
Die Kollegin sei außer Haus, teilte man mir mit. Man bat mich, die Anfrage an die Verbraucherzentrale Bundesverband zu stellen.
Dort gab man sich zurückhaltend. Man habe aktuell keine Kapazitäten für eine rechtliche oder allgemeine Einschätzung.
Netterweise wurden mir einige weiterführende Links zur Verfügung gestellt, aus denen ich den Eindruck gewann, dass die Verbraucherzentralen über trügerische Milch-Werbung allgemein auch nicht besonders glücklich sind. Zum Beispiel diese Website über Milch-Labels.
Irreführende Werbung ist bei Tierprodukten seit Jahrzehnten verbreitet. Sie wirkt durch ihre Dauerpräsenz so "normal", als befände sich die Tierindustrie in einem juristischen Paralleluniversum.
Verschont, verhätschelt und gefördert vom deutschen Staat und der EU. Auf Kosten der Allgemeinheit. Auf Kosten des Anstands. Am Ende auch auf Kosten der Tiere. → So krass wird Kuhmilch vom Staat bevorzugt.
Klar, Umwelt- und Tierschutzverbände kritisieren die Milchindustrie. Auch die Verbraucherzentralen haben Molkereien für ihr Marketing-Geschwurbel bereits in die Zange genommen.
Aber Klagen? Prozesse? Verbote? Ist so etwas überhaupt möglich? Welche Mittel und Wege lässt der deutsche Rechtsstaat zu?
Ist es überhaupt vorstellbar, dass Tierprodukte nicht irreführend beworben werden? Oder kauft sie dann keiner mehr?
Was müsste geschehen, damit Molkereien nicht mehr mit Alpenidylle für Milch aus Stallhaltung werben? Damit sie aufhören, ihre Produkte umweltfreundlich darzustellen, wenn sie in Wahrheit das Klima killen? Damit sie aufhören, zu lügen?
Wer könnte dagegen vorgehen, wenn Appelle an den Anstand nicht ausreichen? Und mit welchen Mitteln?
Bei der Verbraucherzentrale habe ich keine Antworten gefunden. Aber ich recherchiere weiter. Ich möchte begreifen, warum die Milchindustrie seit Jahrzehnten ungestraft Verbraucher in die Irre führen kann. Und ich möchte wissen, ob man das hinnehmen muss.
An dieser Stelle ein herzliches Danke an alle, die uns in den vergangenen Wochen unterstützt und uns den Rücken gestärkt haben!
Veröffentlichung:
Autor: Kilian Dreißig