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Felßner-Protest: Vorwürfe gegen Aktivisten politisch inszeniert?

Hat es beim Protest gegen Felßners Kandidatur wirklich Feuer und Körpergewalt gegeben?
Hat es beim Protest gegen Felßners Kandidatur wirklich Feuer und Körpergewalt gegeben? Bild: Animal Rebellion / KI-Darstellung

Am Montag protestierten Aktivisten auf einer Einfahrt vor einem Mastbetrieb des Agrar-Lobbyisten Günther Felßner in Günthersbühl.

Die Aktion sorgte für erheblichen Wirbel, insbesondere weil Felßner anschließend ankündigte, nicht mehr als Bundesagrarminister kandidieren zu wollen. Wir hatten berichtet.

Einige Agrar-Medien deuteten an, die Aktivisten hätten Feuer gelegt, Rauch in ein Gebäude geleitet und sogar Menschen physisch angegriffen.

Das Branchenmagazin "Top Agrar" zitierte Felßner zum Beispiel folgendermaßen:

Wenn jemand aufs Dach steigt, Feuer anzündet, Rauch einleitet, Hausfriedensbruch begeht und physisch sowie psychisch Gewalt gegen politische Personen ausübt, ist das ein unmögliches Vorgehen.

Es waren schockierende Vorwürfe, die auch bei vielen Veganern Abscheu ausgelöst haben dürften. Gewalt kann schließlich niemals ein Weg sein, um Gewalt zu beenden.

Nach den ersten Medienberichten distanzierten sich parteiübergreifend Politiker von der Aktion. Demokratie erlaube zwar Protest, aber keine Einschüchterung, schrieb etwa die Grünen-Fraktionsvorsitzende Katharina Schulze auf X.

CSU-Chef Markus Söder forderte den Einsatz einer Taskforce gegen die Aktivisten. Sogar der Staatsschutz soll ermitteln!

Von der Schwere der Vorwürfe waren die Aktivisten dann offenbar selbst überrascht. Sie veröffentlichten eigene Videoaufnahmen der Aktion. Diese zeigen mehrere Personen, die ein Plakat auf einer nicht abgesperrten Hofeinfahrt aufhängen.

Auf den ersten Blick wirkt es wie eine Mahnwache. Langweilig geradezu.

Seitens "Animal Rebellion" hieß es, man sei grundsätzlich gewaltfrei. Vor Ort habe es einen respektvollen Austausch mit einem Mitarbeiter gegeben. Auch Felßners Frau sei neugierig mit dem Fahrrad vorbeigefahren.

Da die Einfahrt ohne Hindernisse zugänglich gewesen sei, könne nicht einmal von Hausfriedensbruch die Rede sein, geschweige denn von "Einbruch".

Die Aktivisten werfen den Agrar-Verbänden vor, die Aktion als Vorwand für Felßners Ausladung vom Ministerposten übertrieben dargestellt zu haben.

Zumindest der Vorwurf der Einschüchterung am privaten Wohnsitz löst sich nun in Luft auf.

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Nach Recherchen der TAZ befindet sich Felßners Wohnung nämlich 400 Meter vom Ort des Protests entfernt.

Doch obwohl Agrar-Verbände offenbar einen Teil der Aktion stark übertrieben darstellen, gab es auch von Tierschützern Kritik. Etwa dafür, dass einzelne Aktivisten vermummt teilgenommen hätten. Zudem sollen sogenannte "Bengalos" gezündet worden sein. Diese farbigen Rauch-Effekte sind bei Bühnenshows beliebt, könnten bei Protesten jedoch einschüchternd wirken.

Auslöser der Protestaktion war, dass ausgerechnet der Präsident des Bayerischen Bauernverbandes als Minister für Landwirtschaft im Gespräch war – obwohl er 2018 wegen eines Gülle-Skandals zu einer hohen Geldstrafe verurteilt worden war. (Quelle)

Mit der Wahl zum Agrarminister hätte die Agrarindustrie einen Funktionär direkt im Zentrum des für sie zuständigen Ministeriums gehabt. Kritiker sehen darin einen Frontalangriff auf die Demokratie, bei der das Volk – und nicht die Industrie – das politische Handeln bestimmen sollte. Die Organisation Campact hatte eine Petition gestartet, die bereits weit über 400.000 Unterschriften erhalten hat.

Ob der Rücktritt Günther Felßners wirklich an der Aktion der Tierschützer lag (wie er sagt) – oder bereits vorher in den Koalitionsverhandlungen von SPD und CDU feststand (wie die Aktivisten glauben) – bleibt Spekulation.

Veröffentlichung:

Autor: Kilian Dreißig

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