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Andechser Natur: Warum kämpfte die Bio-Molkerei gegen Weidepflicht? [Kommentar]

"Andechser Natur" warb mit Weide-Idylle - während ihre Chefin gegen Weidepapier lobbyierte.
"Andechser Natur" warb mit Weide-Idylle - während ihre Chefin gegen Weidepapier lobbyierte. Bild: LVÖ Bayern e. V. / Screenshot

Die Andechser Molkerei Scheitz GmbH ("Andechser Natur") ist eine der größten Bio-Molkereien in Deutschland.

In der Werbung zeigt die Großmolkerei gerne fröhliche Kühe in Alpen-Panorama – und schwärmt von gesunden Kühen auf der Weide.

"Weidepower" nennt sich das in der Werbung von Andechser Natur.

Da freut sich der Kunde, wenn er die Bio-Milch aus der Plastikflasche schlürft. So ein Foto von der glücklichen Kuh ist wohl gut fürs Gewissen:

Wirbt mit "#Weidepower": Andechser Molkerei Scheitz
Wirbt mit "#Weidepower": Andechser Molkerei Scheitz Bild: Screenshot, Stand: 7.5.2025

Was nicht auf der Verpackung steht: In Wahrheit lobbyierte Molkerei-Chefin Barbara Scheitz ("Andechser Natur") gegen die Weidepflicht. Und das, obwohl spätestens seit 1999 klar ist, dass Bio-Kühe gemäß EU-Öko-Verordnung auf die Weide können sollen.

Und sie bekam Rückhalt von Bio-Anbauverbänden wie Naturland, Demeter und Bioland.

Die Weidepflicht-Affäre ist eine Blamage für die gesamte Bio-Branche! [Ein Kommentar]

Bio-Lobby trifft Ministerin Michaela Kaniber (CSU) und bettelt um längere Übergangsfristen zur Weidepflicht.
Bio-Lobby trifft Ministerin Michaela Kaniber (CSU) und bettelt um längere Übergangsfristen zur Weidepflicht. Bild: LVÖ Bayern e. V.
Beim Lobby-Treffen zu sehen (v. l. n. r.): Thomas Lang (Bioland), Hubert Heigl (Naturland), Barbara Scheitz (Molkerei Andechser), Michaela Kaniber (CSU), Heinrich Gropper (Molkerei Gropper) und Jan Plagge (Bioland).

Genügen den Bio-Tierhaltern 26 Jahre Übergangsfrist nicht?

Seit 1999 besagt die EU-Öko-Verordnung, dass Bio-Rinder Zugang zur Weide haben sollen. Seit 26 Jahren. Doch deutsche Behörden und Anbauverbände haben die Vorgaben äußerst lose interpretiert.

Bis heute gibt es Bio-Milchbauern, deren Kühe keinen Zugang zur Weide haben.

Ab 2018 hat die EU deutlich gemacht, dass das mit der Weidepflicht ernst gemeint ist. Und kürzlich wurde beschlossen: Die Weidepflicht kommt.

Ab 2026 verlieren die Milchbauern ihre Bio-Siegel, die ihren Kühen weiterhin die Mindest-Anforderungen an Weidegang verweigern.

Doch Molkereien wie Andechser Natur gaben sich schockiert – und forderten "realistische Übergangsfristen".

Doch statt die kommende Weidepflicht willkommen zu heißen, machten Verbände wie Demeter, Bioland und Naturland weiter Stimmung dagegen.

Und die großen Bio-Molkereien Andechser Natur und die Molkerei Gropper schlossen sich an

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Grundsätzlich sei man ja für eine Weidepflicht, aber bitte mit "realistischen Übergangsfristen" und "Härtefall-Regelungen", hieß es in einer Pressemitteilung.

26 Jahre reichten offenbar nicht aus!

Wir möchten ausdrücklich betonen, dass wir die Weidepflicht nicht generell ablehnen, sondern uns für realistische Übergangsfristen für die Landwirte einsetzen. Pressesprecherin, Andechser Molkerei Scheitz GmbH

Sind die Bios wirklich gegen eine Weidepflicht?

Offiziell sind die Bio-Molkereien und Verbände keineswegs gegen eine Weidepflicht.

Doch es gibt aus meiner Sicht nur wenig Interpretationsspielraum:

Entweder, die "Bios" sind mit 26 Jahren Übergangsfrist vollkommen überfordert und sollten dankbar dafür sein, dass ihnen jemand die Entscheidung abnimmt.

Oder der Weidegang der Tiere ist ihnen egal.

Als Kind einer Öko-Familie bin ich mit Bio-Lebensmitteln groß geworden. Umso enttäuscht mich das heuchlerische Verhalten der Verbände.

Augenscheinlich kopieren sie die Strategie der konventionellen Agrar-Verbände. Aussitzen bis es nicht mehr geht. Während die Kunden mit Werbung von idyllischen Kuhweiden bombardiert werden.

Eine verlogene Masche, ganz egal, wie man grundsätzlich zu Tierhaltung steht.

Was für eine peinliche Blamage für Molkereien wie Andechser Natur und die Molkerei Gropper.

Die Affäre zeigt: Tierprodukte sollten generell kein Bio-Siegel tragen dürfen. Man kann ihnen nicht mehr trauen. Sie sind nicht grundsätzlich besser für Tiere, und auch nicht für die Umwelt.

Meine Hoffnung liegt auf Verbänden wie dem Förderkreis biozyklisch-veganer Anbau. Der Bio-Verband will komplett ohne kommerzielle Nutztierhaltung auskommen. Erste bio-vegane Höfe bauen bereits Obst und Gemüse an.

Hoffen wir, dass uns dieser Verband in Zukunft die Heuchelei erspart.

Veröffentlichung:

Autor: Kilian Dreißig

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