Heumilch-Heuchelei: Anbindehaltung und Kraftfutter für Premium-Milch? [Report]
"Heumilch" – da denke ich an frei laufende Kühe, die das ganze Jahr nichts als Gras und Heu fressen können. Steht schließlich im Namen!
Bei meinem Heumilch-Report vor Ort habe ich eine Realität kennengelernt, die mit dem Marketing wenig gemein hat!
Tatsächlich muss Heumilch bestimmten Kriterien entsprechen. Dafür gibt es ein EU-Siegel als "garantiert traditionelle Spezialität". Überrascht hat mich vor allem, was Heumilch nicht garantiert.
Im Südbayern habe ich bei mehreren Heumilchbetrieben vorbeigeschaut. Weil es tausende Betriebe gibt, habe ich mir Höfe ausgesucht, die zusätzlich ein Bio-Siegel tragen. Sozusagen die "Besten vom Besten".
Anbindehaltung bei Heumilch-Betrieben
Mein erster Besuch war auf einem Demeter-Hof. Demeter gilt als besonders strenger Bio-Anbauverband. Mitglieder werben damit, dass die Kühe ihre Hörner behalten – und mit "wesensgerechter Tierhaltung".
Wirklich krass, wenn man dann Demeter-Kühe in Anbindehaltung sieht! Die Kühe waren bei meinem Besuch mit einem Seil an ihrem Platz fixiert.
Rechtsexperten halten diese Haltungsform für illegal und strafbar. Laut Gesetz müssen Tiere "verhaltensgerecht" untergebracht werden. Bei Anbindehaltung würden jedoch nahezu alle arttypischen Verhaltensweisen unterdrückt.
Anbindehaltung sah ich auch in einem anderen Heumilch-Betrieb, dieses Mal mit zusätzlichem Zertifikat von Bioland. Und tatsächlich ist Anbindehaltung laut Heumilch-Regelwerk nicht verboten.
Die Einschränkung auf 120 Tage Freilauf im Jahr wirkt für mich geradezu lächerlich. Da steht eine Kuh immer noch 8 Monate angebunden!
Selbst bei Heumilch mit zusätzlichem Bio-Siegel müssen Verbraucher offenbar davon ausgehen, dass ein Teil der Kühe lange Zeit in besonders tierquälerischer Anbindehaltung untergebracht ist.
Und: Viele Heumilch-Betriebe füttern Kraftfutter aus Ackerbau. Soja, Getreide und Co. Und zwar ganz legal!
Bis zu 25 % Kraftfutter in der Futterkrippe
Auch wenn "Heumilch" draufsteht, bedeutet das keineswegs, dass nur Heu gefüttert würde!
In einem Betrieb mit Bioland-Zertifizierung zeigte mir der Sohn des Bauern alles. Die Milchkälbchen, die Jungkühe mit den Stachelringen in der Nase, die Milchkühe – und den Futterautomaten.
Er erklärte mir: Die Kühe bekommen neben Heu auch Kraftfutter. Weizen, Mais, Soja. Dazu Salz, Mineralfutter und Kalk. (Link-Tipp: → Calciumquelle Milch? So verrückt ist der Mythos!)
Die Fütterung mit Kraftfutter ist bei Heumilch nicht etwa verboten, sondern ausdrücklich erlaubt. Das hat mich überrascht! Für mich schien klar: Wenn "Heumilch" draufsteht, fressen die Tiere auch nur Heu und Gras.
Ich bin den Verbänden auf den Leim gegangen, habe geglaubt, was mir zunächst logisch erschien. Was für ein Irrtum!
Tatsächlich darf die Futter-Ration von Heumilch-Kühen bis zu 25 % Kraftfutter enthalten! Der wesentliche Unterschied zwischen Heumilch und herkömmlicher Milch ist, dass Heumilch-Kühe keine Silage erhalten. Also kein vergorenes Gras.
Es gibt Betriebe, die kein Kraftfutter füttern und die Kühe im Winter zumindest im Stall laufen lassen. Eine Garantie dafür gibt es aber nicht.
Aus meiner Sicht hält Heumilch keines der zentralen Werbe-Versprechen ein. Das Heumilch-Siegel steht weder für ganzjährig frei laufende Kühe noch für eine Fütterung ohne Ackerbau. Obwohl die Werbung beides suggeriert.
Wenn Molkereien Tierwohl und Heu-Idylle suggerieren, haben Verbraucher es verdient, die Wahrheit zu erfahren!
Wenn ihr das ebenfalls so seht, dann helft mit, den Artikel und das Video zu teilen – und unterstützt Vegpool, damit mehr Menschen davon erfahren!
Danke an alle freiwilligen Supporter, die diesen Report erst möglich gemacht haben!
Wusstet ihr …
- Kühe werden "angerüstet" und hormonell stimuliert, damit die Milch fließt. Unser Artikel über das "Anrüsten" hat in der Agrar-Branche viel Wirbel ausgelöst – einige Tierhalter wollen die "Fummel-Methode" offenbar geheim halten!
- Damit eine Kuh Milch gibt, muss sie ein Kalb zur Welt bringen. Die "Milchkälbchen" landen meist in der Mast. Deshalb werden für Milch Tiere getötet.
- Molkereien schwärmen oft von der "Grünland-Veredelung" durch Kühe. In Wahrheit lassen die Lobbyisten gern einen zentralen Teil aus: die Fütterung mit Kraftfutter. → Zum Artikel.
- Weil der Markt für Bio-Kalbfleisch kleiner ist als der für Bio-Milch, verkaufen viele Bio-Milchbauern ihre Milchkälbchen an konventionelle Mäster. Reports haben gezeigt, dass Kälbchen aus Deutschland im Nahen Osten ohne Betäubung geschächtet wurden.
- Ob Klimaschutz, Gesundheit oder Tierschutz: Viele Gründe sprechen dafür, Kuhmilch pflanzlich zu ersetzen! → Gute Gründe gegen Kuhmilch.
Veröffentlichung:
Autor: Kilian Dreißig