Vegpool Logo

Heumilch-Heuchelei: Anbindehaltung und Kraftfutter für Premium-Milch? [Report]

"Heumilch" suggiert glückliche Tiere, die nichts als Heu fressen. Doch die Realität sieht anders aus! Bild: K/Vegpool

"Heumilch" – da denke ich an frei laufende Kühe, die das ganze Jahr nichts als Gras und Heu fressen können. Steht schließlich im Namen!

Bei meinem Heumilch-Report vor Ort habe ich eine Realität kennengelernt, die mit dem Marketing wenig gemein hat!

Tatsächlich muss Heumilch bestimmten Kriterien entsprechen. Dafür gibt es ein EU-Siegel als "garantiert traditionelle Spezialität". Überrascht hat mich vor allem, was Heumilch nicht garantiert.

Im Südbayern habe ich bei mehreren Heumilchbetrieben vorbeigeschaut. Weil es tausende Betriebe gibt, habe ich mir Höfe ausgesucht, die zusätzlich ein Bio-Siegel tragen. Sozusagen die "Besten vom Besten".

YouTube-Video laden?

Anbindehaltung bei Heumilch-Betrieben

Mein erster Besuch war auf einem Demeter-Hof. Demeter gilt als besonders strenger Bio-Anbauverband. Mitglieder werben damit, dass die Kühe ihre Hörner behalten – und mit "wesensgerechter Tierhaltung".

Wirklich krass, wenn man dann Demeter-Kühe in Anbindehaltung sieht! Die Kühe waren bei meinem Besuch mit einem Seil an ihrem Platz fixiert.

Rechtsexperten halten diese Haltungsform für illegal und strafbar. Laut Gesetz müssen Tiere "verhaltensgerecht" untergebracht werden. Bei Anbindehaltung würden jedoch nahezu alle arttypischen Verhaltensweisen unterdrückt.

Auf Verfassungsblog.de sprechen mehrere renommierte Autoren von "illegaler Routine". Der Staat schaut offenbar weg. → Artikel auf verfassungsblog.de

Anbindehaltung sah ich auch in einem anderen Heumilch-Betrieb, dieses Mal mit zusätzlichem Zertifikat von Bioland. Und tatsächlich ist Anbindehaltung laut Heumilch-Regelwerk nicht verboten.

Die Einschränkung auf 120 Tage Freilauf im Jahr wirkt für mich geradezu lächerlich. Da steht eine Kuh immer noch 8 Monate angebunden!

Rinder in Anbindehaltung in einem Bioland- und Heumilch-Betrieb.
Rinder in Anbindehaltung in einem Bioland- und Heumilch-Betrieb. Bild: K/Vegpool

Selbst bei Heumilch mit zusätzlichem Bio-Siegel müssen Verbraucher offenbar davon ausgehen, dass ein Teil der Kühe lange Zeit in besonders tierquälerischer Anbindehaltung untergebracht ist.

Hol dir den Vegan-Radar!
Erfrischende Vegan-Mails, Sonntags aus der Redaktion. Artikel, Inspiration, Rückhalt, Aktionen und mehr.
✓ jederzeit abbestellbar

Und: Viele Heumilch-Betriebe füttern Kraftfutter aus Ackerbau. Soja, Getreide und Co. Und zwar ganz legal!

Bis zu 25 % Kraftfutter in der Futterkrippe

Auch wenn "Heumilch" draufsteht, bedeutet das keineswegs, dass nur Heu gefüttert würde!

In einem Betrieb mit Bioland-Zertifizierung zeigte mir der Sohn des Bauern alles. Die Milchkälbchen, die Jungkühe mit den Stachelringen in der Nase, die Milchkühe – und den Futterautomaten.

Er erklärte mir: Die Kühe bekommen neben Heu auch Kraftfutter. Weizen, Mais, Soja. Dazu Salz, Mineralfutter und Kalk. (Link-Tipp: → Calciumquelle Milch? So verrückt ist der Mythos!)

In Heumilch-Betrieben wird auch Kraftfutter aus Ackerbau gegeben.
In Heumilch-Betrieben wird auch Kraftfutter aus Ackerbau gegeben. Bild: K/Vegpool

Die Fütterung mit Kraftfutter ist bei Heumilch nicht etwa verboten, sondern ausdrücklich erlaubt. Das hat mich überrascht! Für mich schien klar: Wenn "Heumilch" draufsteht, fressen die Tiere auch nur Heu und Gras.

Ich bin den Verbänden auf den Leim gegangen, habe geglaubt, was mir zunächst logisch erschien. Was für ein Irrtum!

Tatsächlich darf die Futter-Ration von Heumilch-Kühen bis zu 25 % Kraftfutter enthalten! Der wesentliche Unterschied zwischen Heumilch und herkömmlicher Milch ist, dass Heumilch-Kühe keine Silage erhalten. Also kein vergorenes Gras.

Wenn Tierhalter Futter aus Ackerbau verfüttern, dann spricht man von Nahrungskonkurrenz zum Menschen. Weil Tiere Futter größtenteils zu Gülle umwandeln, während andernorts Menschen hungern, gerät die Tierindustrie immer mehr in Erklärungsnot.

Es gibt Betriebe, die kein Kraftfutter füttern und die Kühe im Winter zumindest im Stall laufen lassen. Eine Garantie dafür gibt es aber nicht.

Aus meiner Sicht hält Heumilch keines der zentralen Werbe-Versprechen ein. Das Heumilch-Siegel steht weder für ganzjährig frei laufende Kühe noch für eine Fütterung ohne Ackerbau. Obwohl die Werbung beides suggeriert.


Wenn Molkereien Tierwohl und Heu-Idylle suggerieren, haben Verbraucher es verdient, die Wahrheit zu erfahren!

Wenn ihr das ebenfalls so seht, dann helft mit, den Artikel und das Video zu teilen – und unterstützt Vegpool, damit mehr Menschen davon erfahren!

Danke an alle freiwilligen Supporter, die diesen Report erst möglich gemacht haben!

Wusstet ihr …

Veröffentlichung:

Autor: Kilian Dreißig

Wie hat dir der Artikel gefallen?
4,9/5 Sterne (47 Bew.)
Diskussion im Forum:
Report: Heumilch-Heuchelei
Letzter Beitrag: 17. Dez. von kilian.

Dazu passende Artikel:

Milchkälbchen: 12 Fakten, die ihr nicht kennen sollt!

Fachbegriffe: So spricht die Milch-Industrie wenn ihr nicht hinseht!

Milch ersetzen: Das sind die besten Alternativen!

Veredelungsverluste: Deshalb bangt die Tierindustrie um ihre Zukunft

Vegan werden: 13 Turbo-Tipps für den Umstieg!

Faktencheck: Enthält Kuhmilch wirklich Eiter?