Ist verarbeitetes Fleisch wirklich so krebserregend wie Tabakrauch?
Die Internationale Krebsforschungs-Agentur (IARC) ist eine Einrichtung der Weltgesundheitsorganisation WHO. Zu ihren Aufgaben gehört es, die Ursachen für Krebserkrankungen zu erforschen. Dazu teilt die IARC Stoffe in bestimmte Kategorien ein, je nach wissenschaftlichem Erkenntnisstand.
Bereits 2015 hat die IARC verarbeitetes Fleisch in Stufe 1 eingeordnet: "Karzinogen für Menschen". Der Begriff "Karzinogen" bedeutet, dass ein Stoff krebserregend ist.
In Kategorie 1 der IARC befinden sich auch krebserregende Stoffe wie Asbest und Tabakrauch.
In Gruppe 2A wurde "rotes Fleisch" einsortiert. Dort findet man Stoffe, die "wahrscheinlich karzinogen" sind, darunter auch das Pestizid Glyphosat.
Doch bedeutet die Einstufung von verarbeiteten Fleischprodukten in Stufe 1 der IARC, dass es genauso krebserregend ist wie Asbest oder Tabakrauch?
Fleisch genauso krebserregend wie Tabakrauch?
Nein. Die Einordnung in die Kategorien erfolgt nach der empirischen Aussagekraft der Studien. Wenn es als gesichert gilt, dass ein Stoff krebserregend ist, wird er in diese Kategorie einsortiert. Ist das Krebsrisiko nicht genau bekannt, aber sehr wahrscheinlich, landet der Stoff in Kategorie B2 ("wahrscheinlich karzinogen").
Die Einsortierung erfolgt daher qualitativ. Es geht hier nicht darum, wie stark krebserregend ein Stoff ist, sondern nur darum, dass er erwiesenermaßen krebserregend ist.
Aktuell gehen Wissenschaftler davon aus, dass verarbeitetes Fleisch nicht so stark krebsauslösend ist wie Tabakrauch. 86% aller Fälle von Lungenkrebs entstehen durch das Rauchen, heißt es. Aber "nur" 21% der Darmkrebsfälle durch den Verzehr von verarbeitetem Fleisch. [1]
Viele Medien (aber auch Fleisch-Verbände) haben richtigerweise auf dieses Detail hingewiesen - aber daraus fälschlicherweise eine Art "Entwarnung" abgeleitet.
Diese Einschätzung wird den Tatsachen allerdings nicht gerecht - auch deshalb, weil eine übliche, omnivore Ernährung häufig mit weiteren relevanten Krebsrisiken einhergeht.
Omnivore Normalkost birgt Kombination verschiedener Krebsrisiken
Der tägliche Verzehr von 50 Gramm verarbeitetem Fleisch soll das Darmkrebsrisiko um 18% erhöhen. 50 Gramm entsprechen ungefähr einer halben Scheibe Fleischkäse oder eine dreiviertel Bratwurst.
Hier geht es nur um das Darmkrebsrisiko. Andere Arten von Krebs werden hier nicht berücksichtigt.
Die statistische Verzehrmenge an Fleisch liegt in Deutschland etwas mehr als 3 mal so hoch wie von der Deutschen Gesellschaft für Ernährung als Höchstmenge empfohlen wird.
Dazu kommen aber weitere Krebsrisiken, die zwar nicht zwingend mit einer fleischhaltigen Ernährung zusammenhängen müssen, in der Praxis aber offensichtlich in dieser Kombination am häufigsten sind:
- Mehr als die Hälfte der Menschen in Deutschland sind übergewichtig. 53% der Frauen und 67% der Männer. [2]
- Die meisten Menschen in Deutschland erreichen nicht die empfohlene Menge an Obst und Gemüse. [3]
Die WHO zählt Übergewicht und Fettleibigkeit, sowie einen Mangel an Obst und Gemüse zu den 10 wichtigsten Krebsrisiken!
Die Frage, ob Betroffene wegen verarbeitetem Fleisch, wegen Übergewicht oder wegen einem Mangel an Obst und Gemüse an Darmkrebs leiden und sterben, stellt sich im Zweifel wohl gar nicht. In allen drei Fällen ist es eine direkte oder indirekte Folge der Ernährung.
Abwechslungsreich vegan werden
Wir empfehlen unseren Leserinnen und Lesern eine vielfältige vegane Ernährung nach dem Pareto-Prinzip. Das bedeutet, Tierprodukte ohne großen Aufwand zu reduzieren und frische, vitaminreiche und gesunde Nahrungsmittel zu bevorzugen.
Unser Gehirn benötigt ca. 6 Wochen, um neue Ernährungs-Routinen zu erlernen. In dieser Zeit sollten gar keine Tierprodukte verzehrt werden, um sich wirklich auf die neue Ernährungsweise einzulassen und neue Lieblingsgerichte und Rezepte zu entdecken. Alles rund um den Vegan-Einstieg.
Wer den Geschmack von Fleischprodukten mag, nicht aber deren Nachteile, kann auch auf überzeugend "fleischige" Fleischalternativen zurückgreifen, die man mittlerweile in jedem Supermarkt erhält. Darum essen Veganer Fleischersatz.
Quellen
Veröffentlichung:
Autor: Kilian Dreißig