Bei diesen 10 Argumenten irren sich Fleischesser
Fleisch ist seit vielen Jahrhunderten Bestandteil der menschlichen Ernährung - zumindest der meisten Menschen. Auch heute gehört Fleisch für die meisten Menschen in Deutschland einfach dazu: Etwa 85% der Menschen in Deutschland verzehren es täglich, allerdings mit stark sinkender Tendenz [1].
Sogar Babys erhalten mitunter fleischhaltige Babynahrung. Sie werden an den Geschmack von Fleisch gewöhnt, noch bevor sie eigene Entscheidungen treffen können.
Die Angewohnheit, Fleisch zu essen, lässt jede andere Ernährungsform unbequem oder sogar "radikal" erscheinen. Gleichzeitig neigen wir Menschen dazu, unsere Gewohnheiten beizubehalten - und sie zu verargumentieren. Wir versuchen also, Gewohntes durch Argumente zu stützen.
Nicht immer führt das zur Wahrheit. Viel häufiger neigen wir dazu, unser Verhalten zu "verteidigen", selbst wenn es viele gute Gründe gibt, es zu ändern.
Viele Widersprüche und Irrtümer stecken hinter dem Fleischverzehr
Fleisch ist für viele Menschen nicht nur ein Lebensmittel, sondern ein Symbol für Wohlstand und Männlichkeit. Es ist vielleicht das beste Beispiel, wozu das menschliche Festhalten am Gewohnten mitunter führt.
Denn natürlich steht Fleisch weder für Wohlstand, noch für Männlichkeit. Statistisch gesehen essen Menschen aus unteren sozialen Milieus mehr Fleisch, während wohlhabendere und gebildetere Menschen häufiger pflanzlich essen. Auch Frauen essen Fleisch. Und hoher Fleischverzehr bedroht sogar die männliche Potenz.
Nichts daran ist wahr - und trotzdem gibt es diese Symbolik.
Bei soviel Widersprüchlichkeit liegt der Verdacht einer Ideologie nahe.
Und es gibt noch viele weitere Beispiele. Hier stellen wir 10 davon vor:
#1: Ich esse nur wenig Fleisch
Die Zahlen sagen: Der Verzehr in Deutschland sinkt zwar (2022: ca. 52,1 Kilo pro Person), doch liegt der Verzehr statistisch deutlich über der von der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE) empfohlenen Menge. [2] Die meisten Menschen behaupten, sie äßen wenig Fleisch. Tatsache ist: Sie essen so viel davon, dass viele davon krank werden. [3]
#2: Menschen haben schon immer Fleisch gegessen
Die Wahrheit ist: In den 200.000 Jahren der Menschheitsgeschichte haben Menschen nur ein paar Jahrzehnte lang Fleisch im Supermarkt eingekauft. Traditionell ist daran faktisch gesehen gar nichts. Im Gegenteil: Die Zahl der ernährungsbedingten Zivilisationserkrankungen war nie so hoch wie heute.
#3: Ich kaufe Fleisch aus artgerechter Haltung oder Bio-Haltung
Ein Großteil aller Fleischesser glauben, nur "gutes" Fleisch aus "tiergerechter Haltung" zu kaufen - die Handelsstatistiken beweisen jedoch, dass das nicht stimmen kann. Ca. 98% des Fleisches stammt nämlich aus konventioneller Haltung [4]. Siehe auch: Ist Biofleisch besser?
#4: Theoretisch wäre eine umweltfreundliche Fleischerzeugung möglich
Die globale Tierhaltung ist ein Hauptgrund für Klimawandel, Urwaldabholzung, Verbreitung der Gentechnik, Grundwasserverschmutzung und indirekt auch für den Welthunger. Schon wegen der Veredelungsverluste gilt die Tierproduktion als veraltetes Ernährungssystem. Eine umweltfreundliche Fleischerzeugung wäre in der Theorie möglich, wenn die realen Umstände anders wären.
#5: Jeder kann sich für oder gegen Fleisch entscheiden
Fleischverzehr ist anerzogen. Viele Babys erhalten bereits püriertes Fleisch in der Babynahrung. Eine ergebnisoffene Entscheidung ist so nicht möglich. Die Entscheidung für oder gegen Fleisch kann nur erfolgen, wenn man sich mit den heutigen Hintergründen der Fleischerzeugung und mit den eigenen Angewohnheiten selbstkritisch auseinandersetzt, statt sein Verhalten bloß zu verteidigen.
#6: Fleisch ist für eine gesunde Ernährung nötig
Der Fleischverzehr kann Darmkrebs, Übergewicht und Herz-Kreislauf-Erkrankungen fördern. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) warnt sogar vor dem Krebsrisiko von verarbeitetem roten Fleisch.
#7: Fleisch sichert Arbeitsplätze
Dieses Argument wird häufiger von Fleisch-Funktionären und Politikern geäußert, wenn es darum geht, veraltete Systeme zu erhalten. Tatsächlich ist die moderne Landwirtschaft zu großen Teilen automatisiert. Dadurch ist es möglich, 10.000 Tiere von einer Handvoll Mitarbeiter "betreuen" zu lassen. Die Automatisierung in - staatlich subventionierten - Anlagen vernichtet massiv Arbeitsplätze. Der Fleischsektor schafft insbesondere Arbeitsplätze im Niedriglohnsektor, auf Kosten der Sozialsysteme.
#8: Als Einzelner kann man nichts verändern
Durch staatliche Subventionen ist es für Fleischkonzerne möglich, ganze 30% des Fleischs direkt zu entsorgen. Sie werden dadurch sozusagen künstlich vor dem marktwirtschaftlichen Wettbewerb geschützt und gegenüber anderen Wirtschaftszweigen auf Kosten der Steuerzahler massiv bevorteilt. Andererseits sind vegane Unternehmen umso mehr auf die Nachfrage ihrer Kunden angewiesen. Und: Jeder Veganer zeigt in seinem persönlichen Umfeld, dass es möglich ist.
#9: Investigative Aufnahmen zeigen bloß extreme Ausnahmen
Diese Aussage ist absurd, weil sich die meisten Schlachthöfe hermetisch vor der Öffentlichkeit abriegeln. Investigative Ermittler kommen nur mit viel Aufwand hinein, müssen versteckt und unter hohen Risiken filmen. Es bleibt daher gar keine Chance, große Mengen an Videomaterial zu erstellen, um eine dramaturgische Auswahl zu treffen.
#10: Tiere würden aussterben wenn man sie nicht züchten würde
Ein anderes Argument lautet: Würden wir die Tiere nicht essen, würden sie sich unkontrolliert vermehren.
Tiere werden gezüchtet, wenn die Nachfrage vorhanden ist (und aufgrund der Subventionen auch noch etwas mehr). Ohne Nachfrage keine Züchtung. Bei den "Nutztieren", die für die Fleischerzeugung gewöhnlich verwertet werden, handelt es sich um Hochleistungs-Züchtungen (oft als "Qualzüchtungen" bezeichnet), die mit den ursprünglichen Arten noch kaum etwas gemeinsam haben. Beispiel: Milchkühe.
Die amerikanische Psychologin Dr. Melanie Joy bezeichnet das Verhalten, den Fleischverzehr um jeden Preis zu rechtfertigen, als Ideologie, der sie den Namen "Karnismus" gab.
Karnismus äußere sich auch zum Beispiel darin, dass in Europa Schweine und Rinder verzehrt würden, während der Verzehr von Katzen, Hunden oder Nilpferden als abstoßend oder eklig empfunden wird, oder Mitgefühl mit den Tieren auslöst. Es ist demnach also ganz normal, keine Tiere zu essen - bis auf ein paar Ausnahmen.
Es ist normal, keine Tiere zu essen
Und um bei diesen Ausnahmen die Schuld- oder Ekelgefühle zu unterdrücken, würden stützende "Argumente" gesucht - anstatt das Fleischessen einfach aufzugeben. Wie Ausreden.
Wie bei jeder Ideologie sei es schwer, Karnismus zu überwinden, so Prof. Joy. Die Psychologin hat dazu ein lesenswertes Buch geschrieben: "Warum wir Hunde lieben, Schweine essen und Kühe anziehen".
Viele Menschen in Deutschland haben ein ambivalentes Verhältnis zum Fleischverzehr. Sie essen gerne Fleisch, haben aber ein schlechtes Gewissen dabei. Denn sie wissen, dass dafür Tiere leiden mussten, dass der Fleischverzehr die Umwelt massiv belastet und dass sie damit auch ihrer Gesundheit schaden können. Sie essen Fleisch, um nicht aufzufallen und weil es eben als "normal" gilt, es zu tun.
Zur "karnistischen Verdrängung" gehört es auch, sich lustig zu machen über Vegetarier oder Veganer. Psychologische Experimente haben gezeigt, dass sich viele Fleischesser aufgrund ihrer Ambivalenz sogar von der bloßen Anwesenheit eines Vegetariers angegriffen fühlen - und sich mit Witzchen und Unsachlichkeiten "verteidigen". [5]. Fleischessen funktioniert, solange man den Verstand verdrängt.
Natürlich kann Fleisch gut schmecken - die meisten Veganer haben früher selbst einmal Fleisch verzehrt. Doch auch wer Fleisch mag, muss als Veganer nicht auf den würzigen Geschmack von gebratenem Protein verzichten. Auch mit pflanzlichen Produkten kann ein Geschmack erzielt werden, der Fleisch täuschend ähnelt.
Der Vorteil: Es ist gesünder, ökologischer, tierfreundlicher - und ehrlicher. Wir empfehlen auf Vegpool eine entspannte vegane Ernährung nach dem Pareto-Prinzip.
Letzte Überarbeitung am 29.11.2023.
Quellen
Veröffentlichung:
Autor: Kilian Dreißig