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"Gutes aus Deutscher Landwirtschaft": Neues Greenwashing-Siegel der Agrarindustrie?

Der ZKHL-Vorstand stellt das neue Siegel vor.
Altbekannte Gesichter: Die Vorstandsmitglieder des ZKHL stellen das neue Siegel vor. Bild: Zentrale Koordination Handel-Landwirtschaft e.V.

Deutsche Agrar-Verbände und Einzelhandel planen ein neues Siegel: "Gutes aus Deutscher Landwirtschaft". Das soll ab Januar 2024 als frisches Erkennungsmerkmal stehen für... ja, für was eigentlich? Ein Kommentar.

Ein Siegel, das für deutsche Landwirtschaft wirbt - gab es das nicht schon mal? Ach ja, richtig: Die CMA.

Die "Centrale Marketing-Gesellschaft der deutschen Agrarwirtschaft" (CMA) hat ganze 39 Jahre lang Deutschlands Bürgern eine regelrechte Hirnwäsche über die Großartigkeit der deutschen Landwirtschaft verpasst.

Die CMA warb sogar noch mit deutscher Qualität, als ganze deutsche Rinderherden wegen BSE getötet werden mussten. Weil auch deutsche Tierhalter Knochenmehl an Kühe verfüttert hatten. Muss man wissen!

Auch Slogans wie "Milch macht müde Männer munter" stammen aus dieser Zeit. Heute wären sie wegen Irreführung verboten.

"Deutschland hat GeCMAck", so lautete das damalige Motto der staatlich geförderten Marketing-Gesellschaft, von deren bundesweiten Plakatkampagnen und "Sportstudio"-Sponsoring insbesondere die deutsche Tierindustrie profitiert hat.

Die CMA wurde 2009 aufgelöst, weil sie mit EU-Recht nicht mehr vereinbar war. Ein Landwirt hatte gegen die damaligen Pflichtabgaben geklagt - und Recht bekommen.

In der EU darf man nicht "einfach so" mit nationaler Herkunft werben. Jedenfalls nicht mit staatlicher Unterstützung. Und das hat Gründe!

Die Pläne für ein neues Siegel "Gutes aus Deutscher Landwirtschaft", das Agrar-Funktionäre und Handel unter der Federführung des Zentrale Koordination Handel-Landwirtschaft e.V. (ZKHL) aktuell planen, sehen für mich nach der Hoffnung aus, die CMA wiederauferstehen lassen zu können.

Schon deshalb, weil es teilweise offenbar dieselben Akteure sind (siehe unten).

Grundsätzlich sprechen viele gute Gründe für regionale Landwirtschaft und kurze Vertriebswege. Insbesondere, wenn dies dann auch für importierte Futtermittel gilt und z. B. Kälbchen nicht einfach in den Nahen Osten zum Schächten abtransportiert werden, auch wenn das - ups! - Ausland ist!

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Ich zweifele bloß an einer solch heimischen Binnenwirtschaft. Auch in den Infos auf der Website keine Info dazu.

Denn das Image der Agrar-Industrie hat in den letzten Jahren vor allem an der Uneinsichtigkeit ihrer Funktionäre gelitten.

  • Debatte rund um Glyphosat? Alles bloß die bösen Naturschützer, die keine Ahnung haben!
  • Tierquälerei selbst bei "QS"- und "Tierwohl"-Betrieben? Alles bloß böse Tierrechtler, die Tierhalter ärgern wollen!
  • Weniger Werbung, die sich an Kleinkinder richtet? Kommunismus!

So baut man keine Glaubwürdigkeit auf!

Die Skandale waren schlicht hausgemacht. Und Teile der Siegel-Akteure sind bis heute offenbar nicht imstande, diese Fehler einzusehen - oder gar daraus zu lernen.

Doch gegen Uneinsichtigkeit hilft auch ein weiteres Siegel nicht!

Und auch wenn Menschen bekanntermaßen viel mitmachen, so steigt doch die Zahl der Verbraucher, die genug haben von leeren Versprechungen.

Mit anderen Worten: "Gutes aus Deutscher Landwirtschaft" wird ohne konkrete Kontrollen der Lieferketten und ohne erkennbare Qualitäts-Vorteile keinen Mehrwert bieten. Nur noch mehr Verwirrung im Siegel-Dschungel.

Und was kommt, wenn auch das "Gutes aus Deutscher Landwirtschaft"-Siegel gescheitert ist? Noch ein weiteres Siegel?

Ich bin ein großer Fan gut gemacher Siegel, die entsprechend kontrolliert werden. Das Bio-Siegel ist eine solche positive Ausnahmeerscheinung im deutschen Lebensmittelbereich. Es ist eines der wenigen Qualitätssiegel, die wirklich kontrolliert werden. Skandale im Bio-Bereich sind äußerst selten. Meiner Meinung nach hätte der Handel lieber darauf aufbauen sollen.

Ergänzung: Die auf dem Titelbild erkennbaren Personen sind (von links):

  • Joachim Rukwied, Agrar-Funktionär und Präsident des Deutschen Bauernverbands,
  • Friedrich-Otto Ripke, Präsident des Zentralverbands der deutschen Geflügelwirtschaft und ehemaliger Lobbyist und Politiker (CDU),
  • Josef Sanktjohanser, ehemaliger Präsident des Handelsverbands Deutschland,
  • Dagmar Klingelhöller, Ferkelzüchterin, und
  • Dr. Henning Ehlers, Hauptgeschäftsführer des Deutschen Raiffeisenverbandes.

Veröffentlichung:

Autor: Kilian Dreißig

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Kommentar zum "Gutes aus Deutscher Landwirtschaft"-Siegel
Letzter Beitrag: 13.12.2023 von kilian.

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