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Wer ist die "Militante Veganerin" eigentlich?

Militant gucken? Das kann Raffaela Raab auf Knopfdruck. Doch wer ist sie?
Militant gucken? Das kann Raffaela Raab auf Knopfdruck. Doch wer ist sie? Bild: K/Vegpool

Eine junge Frau tritt auf Tiktok, Youtube, Instagram und Co als "Militante Veganerin" auf. Und das Netz tobt.

Wenn sie in ihren Videos Hobbyköche und Spaßvideo-Produzenten fragt, warum sie eigentlich noch Tiere für Fleisch, Milch und Eier "versklaven" lassen, dann streut sie Salz in die Wunden der kognitiven Dissonanz.

"Würdest du deinem Kater die Kehle durchschneiden, nur weil du gerade Hunger auf Fleisch hast?", das ist eine ihrer typischen Fragen. Denn natürlich will das niemand.

"Warum lässt du dann einer Kuh die Kehle durchschneiden? Mit deinem Kauf von Tierprodukten bezahlst du ja genau dafür!"

Ausflüchte lässt sie nicht gelten. "Nur echte Psychopathen finden die Gewalt gegen Tiere ok", sagt sie. "Alle anderen verdrängen. Aus Bequemlichkeit und Angst vor dem sozialen Ausschluss. Aber auf Kosten der Tiere." Deshalb lässt sie nicht locker.

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Doch wer ist die "Militante Veganerin" eigentlich als Mensch?

Die "Militante Veganerin" heißt in echt Raffaela Raab, kommt aus Österreich und ist Ärztin. Als wir uns in Berlin Friedrichshain treffen, ist sie hungrig. Militant und hungrig.

"Ich bin privilegiert aufgewachsen", erzählt sie, als das Essen da ist. Als Einzelkind war sie Mutters Stolz. Ihren Vater hat sie nie kennengelernt.

Sie war eine Musterschülerin, sagt Raffaela, fleißig, gute Noten, keine Skandale. Die "ideale Tochter". Aber: "Lob gab es nur gegen Leistung".

Sie hat Medizin studiert, ist Mitbegründerin einer Firma für Wärmflaschen, die man sich umschnallen kann. Eigentlich hatte sie eine Karriere in der Medizin geplant, wollte mal die Arztpraxis ihrer Mutter übernehmen. Zeitweise fuhr sie einen X1 und reiste durch die Welt.

Fast klingt ihre "militante" Vegan-Karriere wie ein Ausbruch aus einer materialistischen Scheinwelt.

Das Verhältnis zur Mutter ist angespannt. Oft gibt es über lange Zeit keinen Kontakt. "Es gibt keinen save haven", sagt sie. Nur noch ihre selbst ausgewählte Aktivistenfamilie.

Ihren Künstlernamen hat sie ganz pragmatisch gewählt. "Als Veganerin wurde ich als militant bezeichnet. Also habe ich mich einfach selbst so genannt." Mehrere Accounts wurden bereits gesperrt. Sie hat immer wieder neu angefangen.

Meint sie das ernst, die Sache mit der "Militanten Veganerin?" Oder ist das vielleicht sogar Satire?

"Mein Ziel im Leben sind Menschenrechte für Tiere", so Raffaela. Und klar, sie will provozieren, um Aufmerksamkeit dafür zu bekommen. Deshalb auch das Plakative und Provokative.

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Es ist ernst gemeint. Absolut. Es gibt keine Pointe bei der Kritik an der Tierversklavung.

Derzeit arbeitet Raffaela noch in einem Krankenhaus. Doch sie will irgendwann von ihrem Aktivismus leben können. Vielleicht, indem sie für vegane Produkte wirbt. Gar nicht so einfach, wenn selbst vegane Unternehmen Angst um ihr Image haben.

Zusammen mit einer Freundin hat Raffaela den Verein animalrights.at gegründet, wo man bald auch Geld spenden und Vegan-Merchandising kaufen kann. Das ".at" gehört zum Namen. Damit man nicht erst nach der Website fragen muss.

Ich weiß nicht, ob der Weg der "Militanten Veganerin" erfolgreich ist. Was, wenn sie eher als Attraktion wahrgenommen wird?

Andererseits: Wenn alle Veganer immer nur "vorbildlich" und "bequem" sein wollen - wer rüttelt denn dann an den inneren Vorurteilen, den Ausflüchten und der Bequemlichkeit?

Während sich User über das Auftreten der "Militanten Veganerin" im Netz empören, leiden Tiere Todesqualen in Schlachthöfen, weil dieselben Menschen Fleisch, Milch und Eier essen.

"Ich hätte mir gewünscht, dass mich damals jemand an der Schulter gepackt hätte", sagt Raffaela. Deshalb tut sie, was sie tut. Sie rüttelt Menschen wach. Auch wenn viele offensichtlich gern weiterschlafen würden.

"Wir brauchen 3,5% der Menschen, die sich aktiv für vegane Lebensweise einsetzen, dann wird die Welt vegan", ist Raffaela überzeugt. "Das hat sich in früheren Gerechtigkeits-Bewegungen gezeigt".

Sie ist clever. Sie hat sich viele Gedanken gemacht, weit über die bloße Provokation und Reichweite hinaus.

Ob es funktioniert?

Wir werden sehen!

Veröffentlichung:

Autor: Kilian Dreißig

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Interview: Wer ist die "Militante Veganerin" eigentlich?
Letzter Beitrag: 07.10.2023 von Pee-Bee.

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