Macht Vegetarismus Männer depressiv?
Derzeit geistert wieder eine Studie durch die Medien und sorgt für Aufregung! Männer, die sich fleischlos ernähren, sollen häufiger unter Depressionen leiden. Manche Medien interpretieren dies so, dass Vegetarismus Depressionen fördern würde. Gerne mal mit Bildern von Steaks hinterlegt, die keinen Zweifel zulassen sollen: Vegetarismus macht depressiv!
Klassische Fake-News. Oder steckt doch ein Fünkchen Wahrheit drin?
Über kausale Zusammenhänge zwischen Vegetarismus und Depressionen kann die Studie schon allein aufgrund ihres Aufbaus nichts aussagen. Und das wollten die Forscher auch gar nicht. Sie schreiben: "Nutritional deficiencies may account for these findings, but reverse causation and residual confounding cannot be ruled out." (Übersetzung: "Mangelernährung könnte der Grund für diese Ergebnisse sein, aber auch eine umgekehrte Kausalität [...] kann nicht ausgeschlossen werden").
Die Studie zeigt allein, dass innerhalb der untersuchten Personengruppe (Männer von schwangeren Frauen) bei den Vegetariern und Veganern öfter Depressionen aufgetreten sind. Damit lautet die einzig wissenschaftliche Interpretation, die anhand der verfügbaren Erkenntnisse zulässig ist: "Vegetarier sind häufiger depressiv".
Kausalität völlig unklar.
Über kausale Zusammenhängen (also ob Vegetarismus depressiv macht, oder ob Depressive eher vegetarisch essen) werden einzig Vermutungen angestellt (z. B. Eisen- oder B12-Mangel).
Dass Vegetarismus und insbesondere Veganismus gesünder ist und das Risiko für Übergewicht, Diabetes Typ 2 und Herz-Kreislauf-Erkrankungen deutlich senken kann, zeigen Studien immer wieder. Und dass Fleisch krebserregend ist, hat inzwischen sogar die Weltgesundheitsorganisation WHO festgestellt. Diese stuft verarbeitetes rotes Fleisch in derselben Kategorie ein wie Asbest und Plutonium. (Kein Scherz!)
Doch offenbar ist eine Studie, die Vegetarismus und Depressionen in einem Satz erwähnt, für Fake-News-Redakteure Musik in den Ohren: Ein perfektes Argument gegen vegane Ernährung? Ein Beleg für die eigenen Vorurteile? Auf jeden Fall ein kontroverses Thema!
Und so wird das Thema von Medien die - sagen wir's mal so - nicht den höchsten wissenschaftlichen Standards folgen, intensiv ausgeschlachtet und eigentümlich interpretiert.
Machen depressive Männer Frauen schwanger?
Aus den spärlichen Informationen ließen sich mit etwas Fantasie aber auch folgende Zusammenhänge schließen:
- Schwangere Frauen machen Männer depressiv.
- Depressive Männer machen Frauen schwanger.
- Depressive Männer ernähren sich öfter vegetarisch (womöglich auf Drängen ihrer schwangeren Frauen?).
- Vegetarische Männer haben oft schwangere Frauen.
- Schwangere Frauen suchen sich depressive Partner.
Dabei kommt viel witziger Unfug heraus, der wohl genauso fundiert und aussagekräftig ist, wie die Vermutung, dass Vegetarismus Männer depressiv machen würde.
Wie ernährst du dich?
Die hauptsächlichen Opfer dieser Fake-News sind gar nicht die Veganer. Es sind vielmehr alle, die sich auf Fake-News verlassen und weiterhin ein von höchster Stelle (der Weltgesundheitsorganisation WHO) als krebserregend eingestuftes Produkt verzehren. Weil sie Bestätigung für ihre erlernten Verhaltensmuster suchen.
Eine andere Untersuchung hat übrigens festgestellt, dass Veganer tendenziell intelligenter sind als Durchschnitts-Esser. Höhere Intelligenz korreliert demnach mit vegetarischer bzw. veganer Ernährung.
Macht vegane Ernährung also intelligenter? Oder sind die Vorteile einer veganen Ernährung für intelligente Menschen besser verständlich und einleuchtender?
In jedem Fall ist auch folgende These zulässig: Menschen mit hoher sozialer Intelligenz wollen die Welt verstehen und den Dingen auf den Grund gehen. Nicht ohne Grund fällt es ihnen unter diesen Voraussetzungen schwer, Fleisch zu essen. Denn Fleisch basiert auf Intransparenz, Gewalt und Verdrängung. Wohl nicht ohne Grund sagte schon Paul McCartney: Wenn Schlachthäuser Glaswände hätten, wären die meisten Menschen Vegetarier.
Veröffentlichung:
Autor: Kilian Dreißig