Aus diesen Gründen erzählen Veganer, dass sie Veganer sind!

Wie erkennt man einen Veganer? Er erzählt’s einem! Dieser Spruch ist recht weitverbreitet und auch manch ein Veganer schmunzelt darüber.
Ähnlich ist auch dieser:
Im Zug niest eine Frau. Ihr fremder Nebensitzer: "Gesundheit!". Die Frau: "Ich bin verheiratet". Ein Typ, zwei Reihen weiter hinten: "Ich bin Veganer".
Müssen Veganer erst in den Keller gehen, um darüber lachen zu können? Natürlich nicht! Genauso lustig wäre es andersherum. Und genauso wahr.
Denn: Sobald sich ein Veganer "outet", wird er konstant zu hören bekommen: "ich esse nur wenig Fleisch", "ich finde das interessant, bei Käse scheitere ich jedoch", "mir ist das zu radikal" und so weiter. Auch Fleischesser erzählen ganz gern, dass sie Fleisch essen.
Und der wichtigste Grund dafür ist: Wir identifizieren uns eben über unsere Ernährung. Jedenfalls sobald wir die Wahl haben und nicht auf das angewiesen sind, was gerade zu Essen da ist. (Vegane Ernährung ist eine Errungenschaft der modernen Zivilisation, ähnlich wie Menschenrechte).
Genauso wie manche Menschen Fleisch essen, weil sie das mit "Männlichkeit" verknüpfen, essen manche Menschen bewusst kein Fleisch und fühlen sich damit gebildet und zeitgemäß. (Denn geringer Fleischverzehr und hoher Bildungsstand hängen statistisch zusammen).
Es liegt also in der Natur des Menschen, sich über die eigenen Ernährungsgewohnheiten auszutauschen. Mal mehr, mal weniger. Den meisten Menschen ist es eben nicht einerlei, ob sie vegan oder Tierprodukte essen.
Aus diesen Gründen sagen Veganer, dass sie vegan essen
Der wichtigste Grund, sich als Veganer zu erkennen zu geben, ist rein praktischer Natur. Weil man damit im Restaurant oder bei Besuchen schnell und effektiv Klarheit über die eigenen Ernährungs-Vorlieben schafft.
Wer sich als Veganer zu erkennen gibt, muss nicht erst Allergien und Unverträglichkeiten vorschieben. Selbst ungeschultes Personal weiß normalerweise, dass "vegan" nichts vom Tier beinhaltet. Ein triftiger Grund also, zu sagen, dass man vegan lebt.
Ein weiterer Grund, zu sagen, dass man vegan is(s)t, ist Inszenierung. Vegane Ernährung schadet der Umwelt weniger, ist oft gesünder und kein Tier muss dafür getötet werden.
In einer Gesellschaft, die sich auch heute noch manchmal über Veganer lustig macht, zeugt es von Willenskraft, dafür einstehen und mitunter gegen den Strom zu schwimmen. Das tut auch der eigenen Reputation gut. Es zeigt: Ich interessiere mich für meine Umwelt.
Dass Veganer gern davon sprechen, dass sie vegan leben, ist vor diesem Hintergrund also erklärbar.

Doch was der eine sagt, und der andere versteht, kann ganz unterschiedlich sein.
Psychologen haben in Tests herausgefunden, dass Fleischesser sich von Veganern häufig ganz von selbst persönlich abgewertet fühlen. Ein Veganer im Raum – und schon fühlen sie sich verurteilt. Selbst, wenn der Veganer gar nichts sagt. → Mehr über das psychologische Experiment.
Und so wird es manchmal schon als "Indoktrination" aufgefasst, wenn ein Veganer nur sagt, dass er vegan isst. Auch wenn er niemanden verurteilt (vielleicht, weil er selbst früher ebenfalls Fleisch gegessen hat).
Und das dürfte auch einer der Gründe sein, warum Fleischesser gern (auch etwas verächtlich) über das Klischee lachen, dass Veganer jedem erzählen würden, dass sie vegan leben. Weil es eine Art Abwehr gegen einen vermeintlichen Angriff ist.
Der Artikel wurde am 27.5.2024 überarbeitet.
Veröffentlichung:
Autor: Kilian Dreißig