Hallo Greenpeace, warum verschweigt Ihr dieses wichtige Thema?
Liebe Greenpeacer*innen,
Greenpeace ist die Organisation, die mich schon mit 14 Jahren dazu bewegt hat, mich ehrenamtlich im Umweltschutz zu engagieren. Damals, im Radio-AK der Ortsgruppe Stuttgart.
Inzwischen ist Eure NGO eine Art PR-Agentur, die ihren Mut aus früheren Zeiten in einem düsteren Kämmerlein eingesperrt hat, wo er traurig seine Runden dreht, wie der "Panther" in Rilkes Gedicht.
Warum sonst weigert sich Greenpeace, die Vorteile einer pflanzlichen, veganen Ernährung öffentlichkeitswirksam zu nennen und zum zentralen Thema zu machen?
Ich muss ein wenig ausholen, um diese Worte zu begründen. Schließlich ist das ein offener Brief und viele Leser wissen nicht so gut Bescheid, wie Ihr, liebe Greenpeacer*innen, die Ihr gewissermaßen ja auch einmal meine Lehrer wart.
Zu den wichtigsten Ursachen für den Klimawandel, die Urwald-Abholzung, das Artensterben, die Nitrat-Belastung des Grundwassers und die Übersäuerung der Ozeane gehört die globale Tierhaltung (und die damit verbundene Erzeugung von Futtermitteln).
Globale Tierhaltung unter den Top-3 der Umweltkiller
Sie gehört zu den Top-3 der größten Umweltgefahren. Noch vor dem weltweiten Verkehrssektor inklusive Flugzeugen und Schiffen. 15.000 Wissenschaftler haben Ende 2017 eine Warnung an die Menschheit herausgegeben, in der sie auch vor den Folgen der Tierhaltung warnen.
Rechnerisch stünde jedem Menschen auf der Erde etwa 2000m² Ackerfläche zur Verfügung. Das ist nicht viel, aber für eine pflanzliche Ernährung reicht es statistisch. Wer Tierprodukte verzehrt, verbraucht schnell das 10-fache oder mehr! [1] Weil es effektiver ist, aus Getreide Brot zu backen, statt es an Tiere zu verfüttern und ihr Fleisch zu essen.
Niemand wüsste das besser als Greenpeace, denn viele Euer Aktivisten essen ja selbst vegan. Aber in der Öffentlichkeit redet Ihr um den heißen Brei herum.
Ihr
- protestiert gegen die Gülle-Problematik,
- weist auf den steigenden Nitrat-Gehalt im Grundwasser hin,
- warnt vor den Risiken des Einsatzes von Antibiotika in Massentierhaltungen,
- und engagiert Euch gegen Tierquälerei
Doch ihr weigert Euch beharrlich, die Grundproblematik öffentlichkeitswirksam beim Namen zu nennen: Den Hunger nach Tierprodukten. Und die wirksamste Lösung: Pflanzliche Ernährung.
Meine heutige Suche nach "vegan" auf der Website von Greenpeace Deutschland ergab 16 Treffer - bei "Kohle" waren es 1104. Bei einer NGO, die sich im Agrar-Bereich so gut auskennt, ist das kein Zufall. Auf Eurer Seite zum Klimawandel steht nicht einmal "Tierhaltung".
Ihr klammert das Thema aus. Nur warum?
Warum klammert Greenpeace das Vegan-Thema aus?
Ist es, weil Ihr Eure Spender nicht "beschuldigen" wollt? Weil es für Eure Spender leichter ist, mit dem Finger auf Atomkraftwerke und Konzerne zu zeigen, als auf sich selbst und das eigene Essverhalten?
Ist Euch "vegan" in der Öffentlichkeit zu radikal? Habt Ihr etwa Vorurteile?
Doch Klimawandel ist auch radikal - und lange nicht so genussvoll wie vegane Ernährung.
Wenn sich auf Verbraucherseite nichts ändert, ist der Klimawandel nicht rechtzeitig aufzuhalten. Dann werden aus 1,5 Grad schnell 3 Grad Klimaerwärmung. Und wer wüsste besser, was das bedeutet, als Greenpeace?
Auch die von Euch immer wieder geforderte "artgerechte Tierhaltung" wandelt Futtermittel in Gülle, Wärme und (etwas) Fleisch um. Auch Tierhaltung auf kleinen Bio-Höfen belastet das Klima mit Methan- und CO2-Ausdünstungen.
Bitte setzt Euch endlich für eine ökologische, vegane Lebensweise ein! Klärt Verbraucher auf und gebt ihnen Tipps, die wirklich helfen, auch wenn sie das eigene Verhalten betreffen.
Wie ernährst du dich?
Wenn wir die Umwelt und das Klima (übrigens auch die Tiere) schützen wollen, müssen wir die Dinge beim Namen nennen. Die Weltbevölkerung lässt sich nicht mehr nachhaltig mit Tierprodukten ernähren. Das ist seit mindestens 20 Jahren bekannt. Ihr habt es mir damals beigebracht, aber dazu musste ich auch erst Aktivist werden.
Tierhaltung als Umweltzerstörer beim Namen nennen
Wenn Verursacher nicht für Schäden haften müssen, wenn Tierprodukte weiter so stark subventioniert werden und wenn niemand darauf hinweist, dass die Tierhaltung selbst das Problem ist, dann ist der Kampf gegen den Klimawandel verloren.
Liebe Greenpeacer*innen, bitte traut Euch wieder was. Lasst Euren Mut frei und: Bitte sagt die Wahrheit!
Ihr wisst über die Thematik bestens Bescheid und habt die nötige Reichweite.
Herzliche Grüße und Danke, dass ich bei Euch damals zumindest als Aktivist den Zusammenhang zwischen Tierhaltung und Umweltschutz erfahren konnte.
Kilian Dreißig,
Redakteur vegpool.de
Veröffentlichung:
Autor: Kilian Dreißig