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Das Fleisch und die Tiere

Bild: K/Vegpool

Fleisch ist ein normales Lebensmittel wie Obst, Gemüse und Getreide auch? Es gibt gute Gründe, das zu bezweifeln! Was tatsächlich hinter der Fleischproduktion steckt, wissen die wenigsten Menschen. Während man ohne Probleme in einer Gärtnerei zusehen und bei der Gemüseernte helfen kann, schotten sich Betreibe der Fleischindustrie (Züchter, Mäster, Schlachter) von der Öffentlichkeit ab: „Hier gibt's nichts zu sehen“, „kein Kommentar“, „verschwinden Sie!“
Warum tun die Betriebe das?

Hat die Fleischindustrie etwas zu verbergen?

Fakt ist: In keiner anderen Lebensmittelbranche gibt es so viele Skandale wie in der Tierproduktion.

Durch die hohe Besatzdichte in der Massentierhaltung wird der Entstehung von Tierseuchen Vorschub geleistet. Antibiotika, – oft vorsorgend und in hohen Dosen verabreicht – bekämpfen zwar die Ausbreitung dieser Krankheiten, führen aber dazu, dass Krankheitskeime Resistenzen entwickeln und somit noch gefährlicher werden. Die Entstehung von Super-Seuchen in Mastbetrieben sowie daraus entstehende Epidemien (bis zur Pandemie mit Tausenden Toten), sind realistische Szenarien und werden in staatlichen Krisenplänen bereits durchgespielt.

Skandale

  • BSE / Rinderwahn (vermutete Ursache: Prionen / Tiermehl für Pflanzenfresser). Tiermehl wird in anderen Bereichen weiterhin verfüttert.
  • Schweinegrippe (Influenza-A-Virus H1N1), Pandemie 2009/2010
  • Vogelgrippe / H5N1
  • Gammelfleisch
  • EHEC (ursprünglich war Gemüse als Überträger im Verdacht, inzwischen geht die WHO von Fleisch aus. (Quelle: Stern)
  • Maul- und Klauenseuche
  • Tierquälerei in Schlachtbetrieben - unzureichende Betäubung
  • Tierquälerei bei Geflügelproduzenten (z. B. Zulieferer von Wiesenhof, ...)
  • Dioxinskandale
  • ...

Die Frage ist also: Wie weit gehen Verbraucher, um zu erfahren, wie ihr Fleisch produziert wird - und gegebenenfalls Konsequenzen zu ziehen?

Fleisch und Tierquälerei

Die meisten Menschen in Deutschland sind gegen Tierquälerei.
Dabei geht es gar nicht einmal nur um Katzen und andere Tiere, die das Glück haben, hierzulande als „Haustier“ zu gelten. Die Menschen fiebern auch für ein „Nutztier“, dem es gelingt, einem Schlachthof zu entlaufen. Entsprechende Artikel sind in immer wieder in Zeitungen zu finden und rufen oft große Begeisterung hervor. Man gönnt dem Tier die Flucht.
Dass die anderen Tiere, die hernach genüsslich als Wurst verspeist werden, bloß nicht soviel Glück gehabt hatten – darüber möchte man lieber gar nicht erst nachdenken. Die amerikanische Psychologin Melanie Joy bezeichnet diese Denkweise als Karnismus.
Doch ein rationaler und vor allem ergebnisoffener Umgang mit der Thematik wäre ein wahrer Gewinn – nicht nur für die Tiere.

Tierquälerei in der Fleischproduktion

Selbst wenn man sich persönlich nach der Herkunft von Fleisch erkundigen möchte, stößt man auf großen Widerstand. Fleischhersteller geben nicht gerne Einblick in ihren Betrieb (versuchen Sie es einmal beim städtischen Schlachthof in der Region). Tierschützer könnten Bücher schreiben über die vielen Absagen in deutschen Schlachtbetrieben.
Schlachthöfe verweisen meist auf strenge Tierschutzrichtlinien – doch Recherchen haben ergeben, dass in deutschen Schlachthöfen teilweise über 10% der Tiere ohne ausreichende Betäubung geschlachtet werden. Tierschützer sprechen gar von über 30%. (Freilich: Die Zahlen könnten noch viel höher sein – ohne externe, unabhängige Kontrollen wird es hier keine Sicherheit geben.)

Schon die Betäubung selbst kann für die Tiere die Hölle sein:
Bei Schweinen wird CO2-Gas für die Betäubung angewandt: Die Tiere werden mit einem „Paternoster“-Aufzug in eine Grube herabgelassen, in der sich hochkonzentriertes CO2-Gas befindet (das schwerer als normale Raumluft ist). Der Mangel an Sauerstoff führt zu Panikattacken. Die Tiere versuchen, aus der Grube zu entkommen, schnappen nach Luft. Nach bis zu einer Minute Aufenthalt (manchmal auch länger) verlieren die Tiere das Bewusstsein und werden „entblutet“. Der Tod tritt erst durch den Blutentzug ein.
Doch die Betäubung klappt nicht immer: Etwa 500.000 Schweine werden allein in Deutschland jährlich ohne ausreichende Betäubung geschlachtet, geben auch Fleisch-Funktionäre zu. Bei vielen konnte man Brühwasser in den Lungen finden – ein Zeichen, dass die Tiere sogar noch nach der Entblutung verzweifelt nach Luft geschnappt und dabei heißes Wasser eingeatmet haben.

„Das sind furchtbare Schmerzen“, sagt Klaus Troeger vom Max Rubner-Institut, „das Schwein wird dabei lebendig mit heißem Dampf verbrüht.“
Stern.de, 6.4.2010

Die Schlachtung selbst ist nur das Ende eines meist trostlosen Lebens. Verbraucher kennen die schönen Bilder aus Bio-Betrieben, die jedoch in Umsatzstatistiken kaum auftauchen – denn Massentierhaltung ist heute die Normalität. Tiere, die Monate lang in auf Gitterböden in ihrem Kot stehen. Die Luft gesättigt mit Ammoniak, das die Schleimhäute reizt – oft in einer Konzentration, bei der ein Mensch nach längerem Aufenthalt ernste Gesundheitsprobleme bekäme (Grenzwerte werden häufig überschritten).

Die Liste an systemimmanenter Tierquälerei ließe sich seitenweise fortsetzen. Die Frage ist nur: was ist der Grund, dass Menschen trotz der vielen, regelmäßigen Skandale und der gesundheitlichen Nachteile weiter Fleisch essen?

Wie viel Ego steckt im Fleisch?

Manche Vegetarier kennen es: Sobald sich das Gesprächsthema in ihrer Gegenwart um eine Ernährung ohne Fleisch dreht, fühlen sich viele Fleischesser zu Rechtfertigungen gezwungen (achten Sie – falls Sie Fleisch essen – doch einmal selbst darauf, wie Sie in einer solchen Situation reagieren). Je nach Situation reicht das von Erklärungen bis hin zum theatralischen Ausdruck größten Genusses von Fleisch. Der Beitrag des Vegetariers ist hierbei oft gar nicht von Bedeutung. Der Verzehr von Fleisch wird von manchen Fleischessern als Angewohnheit verteidigt, die es um jeden Preis zu verteidigen gilt. Wer würde das bei Brot oder Kartoffeln tun?
Fakt: Fleisch wird äußerst irrational diskutiert – meist geht es nicht um das Produkt, sondern vielmehr um eine unbegründete Sorge, sich einzuschränken.

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Eine normale Diskussion – wie über Zwetschgenkuchen oder Omas Sauerkraut – ist bei Fleisch unmöglich. Auch ohne Beisein eines Vegetariers wird Fleisch meist in einem polarisierenden Kontext diskutiert. Die Aussage, gerne Fleisch zu essen, wird oft begleitet von Erklärungen – die zeigen, dass einem das Thema selbst unangenehm ist.
Doch zeigt dieses Verhalten nicht, dass Fleisch ein Produkt ist, über das man sich nicht gerne offen unterhält? Dass es die Menschen spaltet?
Fleisch ist ein umstrittenes Produkt, auch für Fleischesser.
Ist es eine gute Entscheidung, ein Produkt zu kaufen, über das man am liebsten nichts wissen möchte?

Die Entscheidung: Fleisch oder nicht?

Die wenigsten Menschen in Deutschland haben sich je aktiv dafür entschieden, Fleisch zu essen. Erziehung, Familientraditionen und die zugegebenermaßen etwas einfaltslose deutsche Küche sind der Hauptgrund dafür, dass Fleisch immer noch für viele Menschen als wichtiger Bestandteil eines guten Essens gilt.

Doch Genuss ist nichts Verwerfliches – niemand muss sich dafür rechtfertigen, gut essen zu wollen.
Nur: Fleisch ist dafür nicht notwendig. Es gehört allein etwas Weltoffenheit und Neugier dazu, sich auf neue Erfahrungen einzulassen.
Tatsächlich schmeckt Fleisch dann gut, wenn es richtig zubereitet wurde. Als Rohstoff ist es nahezu geschmacksneutral und auch die Konsistenz von rohem Fleisch ist nicht jedermanns Sache. Auch viele Vegetarier sind ausgeprägte Genussmenschen, die sich gerne mit deftigen Köstlichkeiten vollschlagen. Bloß Teile vom toten Tier benötigen sie dazu nicht.

Für TV-Beiträge wurden Experimente durchgeführt, in denen Fleischprodukte durch pflanzliche Alternativen ersetzt und ahnungslosen Konsumenten angeboten worden waren. Die anschließende Befragung ergab, dass oft kein Unterschied zu bemerken war.

Es ist also kein großes Kunstück, Fleisch durch andere, eiweißhaltige Produkte zu ersetzen. zum Beispiel Seitan, Tofu oder texturiertes Soja. Richtig gebraten und gewürzt fällt es auch dem größten Fleischfan nicht schwer, pflanzlich zu genießen.

Der „Verzicht“ auf Fleisch ist kein Verzicht. Es ist eine Ernährungsumstellung, die mit sehr guten Argumenten gestützt wird und auf dem Stand der Zeit ist.

Veröffentlichung:

Autor: Kilian Dreißig

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