War Tofu wirklich in Deutschland früher verboten?
War Tofu früher in Deutschland wirklich verboten, oder ist das bloß ein vegane Legende?
Das Gerücht taucht immer wieder mal auf. Es heißt, dass der Staat durch das Tofu-Verbot seine Industrie-Tierhalter schützen wollte.
Klingt wirklich nach einer üblen Verschwörung, nach Agrar-Filz in seiner undemokratischsten Form. Wer sollt denn etwas gegen harmlosen Tofu haben!?
Was ist wirklich dran an der Geschichte vom Tofu-Verbot in Deutschland?
Sie stimmt!
Tofu war wirklich in Deutschland bis Ende der 1980-er Jahre verboten. Und der Staat wollte tatsächlich die Tierhaltung damit fördern (und keineswegs nur mit dem Verbot).
Es gab diese Verflechtungen zwischen Agrar-Industrie und Staatsmacht wirklich. Und der Agrar-Filz ist bis heute dicht und kaum durchdringbar.
Staat gegen Tofu: Eine unrühmliche Geschichte von deutschem Agrar-Filz
In früheren Zeiten, als die CMA (die "Centrale Marketing-Gesellschaft der deutschen Agrarwirtschaft mbH") noch mit Millionen-Budgets im öffentlich-rechtlichen Rundfunk für Milch, Fleisch und andere Tierprodukten werben konnte, war Tofu tatsächlich ein echter, unterdrückter Underdog.
Zu Zeiten Helmut Kohls (CDU) wurden die ersten Tofu-Pioniere nicht nur ausgelacht, sondern vom Staat mit harten Bandagen bekämpft.
Einer der ersten Tofu-Macher in Deutschland war Bernd Drosihn. Er berichtet in einem Buch über die nervenaufreibenden Kontrollen der "Fleischbeamten" in den bescheidenen Kellerräumen der Tofu-Manufaktur "Soyastern". Titel: "Tofu: Vom skurrilen Kampf um ein unscheinbares Weltnahrungsmittel"
Erst 1989 wurde Tofu in Deutschland legalisiert und konnte offiziell verkauft werden. Doch dazu mussten Tofu-Freunde erst vor dem Europäischen Gerichtshof klagen.
Tofu hat zwar gewonnen. Doch der schmutzige Kampf der Agrar-Industrie gegen nachhaltige, pflanzliche Unternehmen geht immer noch weiter!
Bis heute sitzen Politiker in Bundestag und Europäischem Parlament, die selbst tief in der Agrar-Industrie verwurzelt sind.
Agrar-Lobbyismus? Hier schreibt sich die Agrar-Industrie die eigenen Gesetze!
PETA hatte übrigens Anfang 2016 nach eigenen Angaben Tierquälerei in Betrieben aus dem Umfeld der damaligen CDU-Bundestagsabgeordneten Franz-Josef Holzenkamp, Johannes Röring und Josef Rief aufgedeckt [1].
Das frühere Tofu-Verbot reiht sich ein in eine Vielzahl an Kampagnen der deutschen Tierindustrie gegen Hersteller von nachhaltigen, pflanzlichen Lebensmitteln. Großzügig kofinanziert aus Subventionen. Wir alle zahlen mit.
Nach jahrelangem Bemühen von Verbänden aus den Kreisen der Milchindustrie wurde erst 2001 in der Europäischen Union verboten, pflanzliche Milch-Alternativen als "Milch" zu bezeichnen. Sojamilch darf seitdem nicht mehr als "Sojamilch" verkauft werden.
Ein verzweifelt wirkende Aktion der Agrar-Industrie, die zugleich zeigt, welche Übermacht sie bis heute besitzt. Am Verbot von "Tofu-Burger" und "Soja-Würstchen" arbeiten einige Agrar-Funktionäre weiterhin, wenn auch bislang erfolglos...
Das einstige Tofu-Verbot zeigt besonders deutlich, worum es industriellen Agrar-Verbänden immer ging: Mögliche Gefahren fürs eigene Geschäft durch schiere Machtpolitik zu unterdrücken. Wir tun es, weil wir es können. Ende der Diskussion.
David gegen Goliath - besser kann dieser Vergleich kaum passen.
Schon allein deshalb ist jeder Griff zu Tofu auch ein Statement für bessere Argumente, auch in der Landwirtschaft. Und jeder Griff zu pflanzlicher Milch übrigens auch. Politischer war Ernährung noch nie!
Veröffentlichung:
Autor: Kilian Dreißig