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Fachbegriffe: So spricht die Milch-Industrie wenn ihr nicht hinseht!

Rinder im Kuhstall.
Diese Fachbegriffe der Milchindustrie entlarven mehr als ihr lieb sein dürfte! Bild: pixabay.com

Wenn es nach der Werbung für Milchprodukte geht, dann geben Kühe ihre Milch gerne her und erfreuen sich dabei ihres Lebens.

Doch wir blicken einmal hinter die Kulissen – und lassen hier die Milchwirtschaft selbst zu Wort kommen. Oder vielmehr: ihre Fachbegriffe. Ganz unmissverständlich.

Abgang:
Wenn ein "Nutztier" den Betrieb verlässt, ist das fachsprachlich ein Abgang. Die zwei wichtigsten Gründe für "Abgänge" in der Milchindustrie sind: Merzung (wegen Krankheit) oder Verkauf (z. B. für die Zucht / Mast).

Abkalbung:
Geburt eines Kalbes.

Absetzer:
Kälber, die alt genug sind, um ohne Milch (oder Milchaustauscher) weiterzuleben. Sie sind entwöhnt.

Anrüsten:
Händische Manipulation an Euter und Zitzen, um die Ausschüttung von Oxytocin im Gehirn der Kuh auszulösen, das für den Milchfluss bedeutsam ist. Unser Artikel über das Anrüsten hatte für viel Empörung gesorgt. Viele Milchkuhhalter haben behauptet, es würde nicht praktiziert. Andere haben bestätigt, dass es Teil der täglichen Praxis ist. Moderne Melkmaschinen haben eine "Stimulationsphase", die das "Anrüsten" automatisiert.

Belegung:
Belegung ist ein Synonym für (meist künstliche) Befruchtung der Milchkuh. Wurde die Kuh erfolgreich "belegt", hat sie "aufgenommen".

Einmelken:
Eine junge Kuh (Färse), die noch nie Milch gegeben hat, muss erst "eingemolken" werden. Da die Tiere von der neuen Situation oft gestresst sind, werden auch Tricks wie diese angewendet: Künstliche Injektion des Hormons Oxytocin (Spritze), Einblasen von Luft in die Scheide der Kuh [1] oder Verabreichung von Stromschlägen in den Analtrakt. [2]

Fresser:
Kälber, die noch Muttermilch trinken, aber langsam beginnen, feste Nahrung zu sich zu nehmen.

Fundament:
Als "Fundament" werden in der Milchindustrie die Klauen der Tiere bezeichnet. Erkrankungen der Klauen sind eine der häufigsten Ursachen für "Abgänge" in der Milchwirtschaft. [3] Das wirtschaftliche Problem dabei: Lahmende Tiere geben oft auch weniger Milch und werden zudem weniger schnell wieder trächtig. [4] Bei Untersuchungen werden regelmäßig zwischen 25 % und 50 % lahmende Tiere festgestellt. [4][5]

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Güstzeit / Zwischentragezeit:
Bezeichnet den Zeitraum, der zwischen der Geburt des letzten Kalbes und dem ersten Tag der neuen Trächtigkeit liegt.

Laktationen / Laktationsperioden:
Damit Kühe Milch geben, müssen sie ein Kalb zur Welt bringen (Faktencheck). Nach jeder Geburt beginnt eine "Laktation". Damit die "Milchleistung" wirtschaftlich bleibt, werden Kühe jährlich künstlich "belegt". So kommt es zu weiteren Geburten und damit weiteren Laktationen. Eine Milchkuh hat in ihrem Leben statistisch etwa 4–6 Laktationen und wird danach "gemerzt". Die Anzahl der Laktationen wird mit der "Laktationsnummer" angegeben.

Lebensleistung:
Die Anzahl Kilo Kuhmilch, die der Kuh im Laufe ihres Lebens abgemolken wurden. Eine mittlere "Lebensleistung" eines Holstein-Rinds liegt bei ca. 27.600 Kilo Milch.

Merzen:
Tiere, die aufgrund ihres Alters, Geschlechts, wegen einer Krankheit oder auch nur wegen ihres Alters für die Tierzucht und -Haltung nicht geeignet sind und deshalb getötet werden, werden als "Merzvieh" bezeichnet. "Merzen" bedeutet also etwa so viel wie "töten".

Milchkurve / Laktationskurve:
Die Menge der Milch verändert sich im Laufe der Lebenszeit der Kühe und wird mithilfe einer Milchkurve abgebildet (sowohl täglich als auch von "Laktation" zu "Laktation"). In der 3. und 4. Laktationsperiode produzieren Rinder am meisten Milch. Die Milchkurve zeigt an, wie wirtschaftlich die Haltung einer Kuh für den Tierhalter ist. So kann aufgrund des Verhältnisses zwischen Haltungskosten und Produktivität die Wirtschaftlichkeit einer Kuh errechnet werden (und damit auch, welche Tiere "gemerzt" werden).

Nutzungsdauer:
Nutzungsdauer bezeichnet das Alter, das ein "Nutztier" erreicht. Zum Ende der Nutzungsdauer wird es "gemerzt".

Rastzeit:
Die "Rastzeit" bezeichnet die Dauer, die zwischen Geburt des Kalbes und der nächsten Befruchtung ("Belegung") liegt.

Relativzuchtwert Milch:
Der Relativzuchtwert ist eine Art Index, mit dem unterschiedliche Zuchtrassen miteinander vergleichbar gemacht werden. Dabei werden üblicherweise die Milchleistung, der Körperbau, das "Fundament" und das Euter berücksichtigt.

Remontierungsrate:
Anzahl der Tiere aus Nachzucht, die "abgehende" Tiere ersetzen, um den Bestand zu erhalten. Aufgrund der hohen Futterkosten junger Kühe (die noch keine Milch geben) wird eine hohe Remontierungsrate als unwirtschaftlich angesehen. Übliche Remontierungsraten liegen bei ca. 25–35 %. [6][7] Etwa jedes vierte bis dritte Kalb verbleibt demnach in der Herde. Der Rest "verlässt" die Herde.

Strichkanal:
Das, was Verbraucher umgangssprachlich als "Zitze" bezeichnen würden. Eine wichtige, natürliche Infektionsbarriere zum Schutz vor Euterentzündungen. Durch kranke Strichkanäle können Infektionen eindringen, die zum Absterben eines ganzen "Viertels" führen.

Trockenstellen:
Am Ende einer "Laktation" wird die (erneut trächtige) Kuh "trocken gestellt", das bedeutet, sie wird für 45–60 Tage nicht gemolken. Dadurch soll sich der Körper auf die Geburt und die anschließende Laktation vorbereiten. Die Milchsekretion wird in dieser Phase unterbunden. Die Zitzen der Kuh werden mit einem "Zitzenversiegler" verschlossen. Viele Erkrankungen beginnen in dieser Phase (darunter z. B. Mastitis (Euterentzündung)). [8][9]

Verzögerungszeit:
Die Zeit, die zwischen erster Besamung und dem ersten Tag der Trächtigkeit der Milchkuh liegt (innerhalb einer "Laktation").

Viehsaugentwöhner:
Damit die von ihrer Mutter getrennten Kälbchen nicht bei anderen Kühen (oder Kälbern) nach Milch suchen, bekommen sie einen Viehsaugentwöhner in die Nase: Einen mit Stacheln besetzten Eisen- oder Plastikring. Dieser löst beim anderen Tier Abwehrreaktionen aus. Siehe auch: Darum tragen viele Kälbchen einen stacheligen Ring in der Nase.

Viertel:
Als Viertel wird ein Teil des Euters ("Gesäuge") bezeichnet. Eine Kuh verfügt über einen Euterkomplex mit vier Vierteln, zu denen auch die Zitzen ("Striche") gehören. Stirbt ein "Viertel" z. B. infolge einer Euterentzündung ab, gilt die Kuh als Drei-Strich-Kuh bzw. "dreistrichig" (und wird in der Folge möglicherweise "gemerzt").

Zellzahlen:
Die Gesamtzahl an Zellen in der Kuhmilch, darunter sowohl "somatische" (Abwehr-)Zellen als auch fremde Erregerzellen. Umgangssprachlich wäre der Begriff "Eiter" zutreffend. Siehe auch: Faktencheck: Enthält Kuhmilch wirklich Eiter?

Reale Zitate aus der Milchwirtschaft:

"Je nach Schwere entstehen pro Lahmheitsfall Kosten von etwa 130 bis über 600 € (Behandlung, Leistungseinbußen, Milch und Fruchtbarkeit, ggf. Remontierung)" [5]

"Derzeit ist nicht bekannt, wie hoch der Anteil der Kühe ist, die nicht aus zwingenden gesundheitlichen, sondern aus betriebswirtschaftlichen Erwägungen die produktive Herde verlassen" [10]

"Die höchste Milchleistung ist entgegen bisherigen Annahmen in der dritten Laktation zu verzeichnen. Das Ende der dritten Laktation wird jedoch nur von einem Drittel der Kühe erreicht." [10]

"Für unseren Betrieb mit saisonaler Abkalbung ist es optimal, wenn alle Kühe alle 365 Tage abkalben. Wenn sie schlecht aufnehmen, haben wir ein Problem. Sie fallen dann aus unserem Alp-Rhythmus heraus – bekommen wir eine Kuh nicht rechtzeitig tragend, muss sie abgehen." [11]


Aufruf: Wir möchten diesen Artikel stets aktualisieren und ergänzen. Kennt ihr weitere Fachbegriffe oder Zitate aus der Milchwirtschaft, die eine Vorstellung verdient haben? Schickt uns eine Nachricht!

Veröffentlichung:

Autor: Kilian Dreißig

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Diskussion im Forum:
Entlarvende Fachbegriffe der Milchindustrie...
Letzter Beitrag: 23. Okt. von kilian.

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