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Islamisches Opferfest: Meine Erfahrungen als Veganerin

Jale stammt aus einer muslimischen Familie und lebt vegan.
Jale stammt aus einer muslimischen Familie und lebt vegan. Bild: pixabay.com / privat

Das Opferfest ist das höchste religiöse Fest des Islam und ein Anlass, an dem sich Familien und Freunde treffen und gemeinsam Zeit verbringen.

Viele Muslime "opfern" Tiere und verzehren das Fleisch mit Familie und Bekannten. Einen Teil spenden sie an Bedürftige. Ähnlich wie Feste in anderen Religionen ist auch das Opferfest für die betroffenen Tiere mit großem Leid verbunden.

Auch Jale stammt aus einer muslimischen Familie. Die 28-jährige Türkin lebt seit fast einem Jahr vegan. Sie gehört zu einer wachsenden Bewegung von jungen Menschen, die für Umwelt, Klima oder und aus ethischen Gründen vegan leben.

Wie sie ihr erstes Opferfest als Veganerin erlebt hat, schildert sie im Erfahrungsbericht.


Als Veganerin beim Opferfest: Meine Erfahrungen

Ich bin selbst Türkin und meine Erziehung war zwar muslimisch geprägt, aber nicht dogmatisch. Meine Familie war immer sehr tolerant und auch nicht so religiös. Ich selbst sehe mich nicht als Muslimin.

Die Familie von meinem Mann ist allerdings streng muslimisch und hält sich an alle Regeln. Mein Mann selbst sieht es so wie ich und ist Atheist.

Beim muslimischen Opferfest werden traditionell Tiere getötet, also "geopfert". Ich mochte das noch nie und konnte noch nie nachvollziehen, warum man aus Glaubensgründen Tiere töten sollte.

Ich persönlich denke, dass man auch Geld, Kleidung oder ähnliches spenden könnte. Beim Opferfleisch wird gesagt, man könne selbst ein Drittel behalten, ein Drittel an Familie und Freunde abgeben und ein Drittel an Bedürftige spenden.

Dieses Jahr war ich das erste mal als Veganerin beim Opferfest dabei. Gefeiert wurde bei der Familie meines Mannes und natürlich hatte ich Sorgen, ob meine vegane Lebensweise akzeptiert wird.

Die Großeltern meines Mannes "opfern" jedes Jahr mindestens ein Tier. Es wird als "heiliges" Fleisch angesehen und die Familie legt viel Wert auf darauf.

Mein Mann hatte schon am Anfang erzählt, dass ich kein Fleisch, keine Milchprodukte und keine Eier esse und hat seine Großeltern gebeten, dass sie mich nicht dazu zwingen sollen.

Sofort wurde mir vorgeworfen, ich würde mich ungesund ernähren und die vegane Ernährung würde mir schaden. Diese und jene Bekannte sei auch abgemagert, weil sie kein Fleisch äße. Die üblichen Reden. Ich habe leichtes Übergewicht und habe mich gefragt, ob die das eigentlich ernst meinen.

Als ich versucht habe zu erklären, warum ich keine Tierprodukte esse, hat mir aber keiner mehr zugehört.

Mein Onkel kam später noch dazu und meinte, dass heutzutage doch alle "laktoseintolerant" seien und dass das so eine Art Trend sei, damit man sich besonders fühlt.

Ich sagte, dass ich glaube, dass wir Menschen keine Kuhmilch trinken müssten. Es ist ja Babynahrung für Kälber. Und später meinte er witzigerweise, dass er selbst glaubt, dass Kuhmilch eher ungesund sei.

Bei Tisch sagte mein Opa noch in die Runde, dass ich ja doch wenigstens das "heilige Fleisch" essen könnte. Er sagte es nicht direkt zu mir, weil ich manchmal sehr direkt bin. Aber mein Mann antwortete, er solle mich nicht zwingen. Bei uns dürfe jeder essen was er möchte.

Meine Oma hatte gefüllte Weinblätter gemacht, mit Salat und ohne Fleisch. Die habe ich gegessen und wurde schön satt. Später gab es noch einen veganen Nachtisch, der ebenfalls zufällig vegan war. Auch da habe ich gut zugelangt und mir persönlich hat nichts gefehlt.

Im Endeffekt war es nicht so schlimm, wie ich befürchtet hatte. Ich wollte auch gar keine Diskussionen führen. Ich wollte meine Familie wieder sehen, denn wegen der Corona-Pandemie war das ja lange Zeit nicht möglich.

Ich glaube, gerade bei den jüngeren Familienmitgliedern löst meine vegane Ernährung etwas aus und ich kann mir vorstellen, dass da im Laufe der Zeit auch ein Umdenken stattfindet.


Aufgezeichnet von Kilian Dreißig.

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Als Veganerin beim muslimischen Opferfest
Letzter Beitrag: 27.01.2022, von Kilalakiryu.

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Autor: Redaktion

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