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Strategien der Tierindustrie: Der Halo-Effekt (#2)

Eine hübsche Bauernhof-Idylle aus der Fantasie
Eine hübsche Bauernhof-Idylle aus der Fantasie Bild: Fotolia.com

Stellt euch eine Berggegend im Allgäu vor, kurz vor Sonnenuntergang. Saftige Wiesen voller Löwenzahn. Vor einem hellen Holzhaus spielen zwei kleine Kinder im Sand. Eine junge Bäuerin und ihr Mann sitzen auf einer Bank, essen Erdbeeren und lächeln sich glücklich an.

Frage an euch: Werden in diesem Hof die Tiere besonders gut gehalten?

Die meisten würden – logisch – sofort JA sagen. Denn klar: Ein so sympathisches Paar kann sich nur gut um Tiere kümmern!

Erst wenn wir darüber nachdenken, fällt uns auf, dass wir es eigentlich gar nicht wissen können.

Der Halo-Effekt besteht darin, dass wir aus einer positiven Eigenschaft automatisch auf andere Eigenschaften schließen.

Dieser Artikel ist Teil einer losen Serie über psychologische Tricks und Effekte im Marketing für Tierprodukte. Im ersten Artikel ging es um die Marshmallow-Taktik der Tierindustrie.

Hier ein paar Beispiele für den Halo-Effekt:

  • Ein Schweinemäster lässt sich mit süßen Ferkeln ablichten? Dann muss er ein großer Tierfreund sein (und schneidet Tieren keine Zähne und Schwänze ab)!
  • Ein Bauer hält stolz eine Milchkanne in der Hand? Dann muss er wirklich mächtig stolz auf die Milch sein (und ist sicherlich kein Mann, der die Grenzwerte von Eiter in Kuhmilch nur dadurch einhält, dass er belastete Milch mit unbelasteter verdünnt).
  • Ein Bauer lehnt sich an eine Hauswand und isst genüsslich Erdbeeren? Dann ist er sicherlich ein Mann, der zu seinem Wort steht (und keineswegs Betreiber einer heimlichen Blutfarm für Kaninchen).

Durch den Halo-Effekt malen wir uns die Welt schön – und einfach!

Psychologen sprechen von einer "Heuristik" und meinen eine Art geistiger Abkürzung. Solche Denktricks benötigen wir in einer komplexen Welt.

Und das ist nicht verkehrt. Wahrscheinlich liegen wir in den meisten Fällen im Alltag einigermaßen richtig. So richtig, dass der Halo-Effekt uns in den meisten Fällen nutzt.

Doch gerade in Situationen, in denen es um wichtige Werte geht (mitunter um Leben und Tod), sollten wir achtsam sein. Wir sollten uns vergegenwärtigen, dass es den Halo-Effekt gibt.

Denn tatsächlich kann der Halo-Effekt tödlich sein. Werden nicht viele Massenmörder im Nachhinein als freundliche, stille Menschen beschrieben?

Das größte Risiko besteht wohl darin, dass wir den Halo-Effekt zwar schnell verstehen und uns weitere Beispiele ausdenken können – uns aber selbst für immun halten. Wir glauben, dass wir kritisch genug sind, um nicht darauf hereinzufallen. Wir nicht!

Doch genau das tun wir. So funktioniert das menschliche Gehirn. Und diesen Effekt nutzen Massentierhalter und Tierquäler mitunter aus (genauso wie andere Branchen).

Gerade wenn Molkereien von "mehr Tierwohl" schwärmen, aber in Wahrheit Lobbyismus gegen eine Weidepflicht für Bio-Tiere betreiben, müssen wir genauer hinsehen.

Besonders da, wo Tierhalter mit vielen Tierschutz-Siegeln und Transparenz werben, sich aber hermetisch vor der Öffentlichkeit abschotten, gibt es gute Gründe, an den Halo-Effekt zu denken. Der Schlachthof, der mit einem Pressebesuch wirbt, ist deshalb noch lange nicht transparent.

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Nicht jeder Bauer, der in die Kamera lächelt, ist auch nett zu Tieren.

Für einen belastbaren Eindruck – und um den Halo-Effekt auszutricksen – müssten mehrere Voraussetzungen erfüllt sein:

  • Was will der Betrieb zeigen?
  • Was wird nicht gezeigt?
  • Was müsste ich prüfen, um ein realistisches Bild zu bekommen? Welches Wissen benötige ich dafür?

Veröffentlichung:

Autor: Kilian Dreißig

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Dazu passende Artikel:

Strategien der Tierindustrie: Die Marshmallow-Taktik (#1)