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Ist Fleisch aus dem Labor eine gute Alternative?

Fleisch aus dem Labor hat einige Vorteile
Ist Labor-Fleisch eine echte Alternative? Bild: Fotolia.com

Fleisch aus dem Labor ist in aller Munde - zumindest vergeht kein Tag ohne eine Neuigkeit über die "Fleischproduktion der Zukunft". Denn dass die herkömmliche Fleisch-Erzeugung etliche gravierende Nachteile hat, wissen selbst die Fleischkonzerne nur zu gut. Die herkömmliche Fleischerzeugung verbraucht Unmengen an natürlichen Ressourcen. Sie ist immer mit massiver Tierquälerei verbunden. Und laut WHO ist Fleisch zudem auch noch potentiell krebserregend. Kurz gesagt: Fleisch hat einen schlechten Stand.

Doch ist Fleisch aus dem Labor wirklich eine gute Alternative?

Zunächst einmal zur Idee von Labor-Fleisch: Labor-Fleisch soll durch biologische Vermehrung tierischer Zellen gewonnen werden. Die Erzeugung soll letztendlich im industriellen Maßstab stattfinden, sodass der Begriff "Labor-Fleisch" eigentlich nicht ganz korrekt ist. Die Vorgehensweise steckt derzeit noch weitgehend in den Kinderschuhen und es ist aktuell mehr als ungewiss, ob Labor-Fleisch jemals die Marktreife erzielen wird und zu akzeptablen Preisen hergestellt werden kann.

Labor-Fleisch als Hoffnung für den Tierschutz.

Und doch sind die Hoffnungen in das Fleisch aus dem Labor groß. Bei Tierschützern und auch bei den Fleischproduzenten selbst.
Selbst der durch Tierquälerei immer wieder in die Schlagzeilen geratene Wiesenhof-Konzern soll bereits in ein Unternehmen investiert haben, das Labor-Fleisch entwickelt.

Bei Labor-Fleisch entfällt die Aufzucht der Tiere, der Anbau von Futtermitteln und letztendlich auch die Schlachtung. Somit ist Labor-Fleisch potentiell auch tierleidfrei. Ein wichtiges Argument für Tierschützer, die im Labor-Fleisch große Hoffnung für die vielen Milliarden Tiere sehen, die heute unter unmenschlichen Bedingungen gemästet werden.

Auch der Ressourcen-Einsatz könnte beim Labor-Fleisch deutlich geringer sein als bei der herkömmlichen Fleischproduktion. Denn während Rinder, Schweine und Hühner das Futtermittel zum größten Teil in Gülle und Wärme umwandeln (und nicht etwa in Fleisch), könnte biotechnologisch erzeugtes Fleisch aus dem Labor viel effektiver mit Nährlösungen kultiviert werden. Dies gilt natürlich nur dann, wenn die Nährstoffe selbst auf eine effektive Weise gewonnen werden können.

Höhere Qualität durch optimierte Prozesse.

Zudem könnte Labor-Fleisch sehr viel direkter an bestimmte Qualitäts-Anforderungen angepasst werden. Ob mager, fettig, sehnig, rot oder grau - im Labor könnten viele Parameter durch Anpassung der Produktions-Bedingungen vergleichsweise leicht optimiert werden. Rein qualitativ könnte Labor-Fleisch das Fleisch der heutigen Qualzüchtungen wohl mit Leichtigkeit übertrumpfen.

Und doch sprechen viele Gründe gegen Labor-Fleisch. Und gegen Fleisch an sich.

Fleisch an sich ist kein gesundes Lebensmittel. Es ist frei von Ballaststoffen und dafür reich an gesättigten Fettsäuren. Also im Grunde das Gegenteil dessen, was eine gesunde Ernährung ausmacht.

Auch Labor-Fleisch ist letztendlich Fleisch.

Menschen in den Industrieländern haben ohne Fleisch eine höhere Lebenserwartung. Der extrem hohe Konsum von Fleisch in diesen Ländern ist schließlich eine Haupt-Ursache für Übergewicht, Diabetes Typ 2, Darmkrebs und die Todesursache Nummer eins in Deutschland: Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Daran wird auch Labor-Fleisch nicht viel ändern können.

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Die Anreicherung von Labor-Fleisch mit Ballaststoffen, Vitaminen, Omega-Fettsäuren und Co (wie sie bereits heute bei herkömmlich erzeugten Fleischprodukten stattfindet) wären weiterhin ein Eingeständnis, dass es Fleisch schlicht an gesundheitlicher Überzeugungskraft fehlt.

Und geschmacklich spielt der Geschmack von Fleisch in Wurst und verarbeiteten Fleischwaren ohnehin kaum noch eine Rolle. Wer schon einmal ein Stück rohes Fleisch probiert hat, weiß, was gemeint ist: Fleisch wird erst durch die Verarbeitung und Würzung lecker.

Die "fleischigen" Aromen werden durch Anbraten, Würzung und Aromatisierung erzeugt. Durch Methoden also, die auch bei rein pflanzlichen Produkten gut möglich sind und längst angewendet werden.

Das Sucht-Potential von Fleisch lässt sich auch pflanzlich erzeugen.

Der Suchtfaktor, der oft mit Tierprodukten verbunden wird, entsteht im Wesentlichen aus der Kombination von Protein, Fett und Salz. All das lässt sich mit etwas Geschick auch pflanzlich kombinieren. Hersteller auf diesem Gebiet verfügen bereits über langjährige Erfahrung und richten sich mit ihren Produkten vor allem an Menschen, die den Geschmack von Fleisch mögen, nicht aber dessen gesundheitliche, ökologische und ethische Nachteile.

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Fleisch aus dem Labor kann eine große Chance für den Tierschutz sein, sofern es die Massentierhaltung tatsächlich ersetzt, und nicht bloß dem Greenwashing dient (siehe auch der psychologische Erlaubniseffekt).

Und doch sollte man das Potential von Labor-Fleisch nicht überschätzen. Denn gerade aus gesundheitlicher Sicht ist das Potential eher dürftig.

Wer den Geschmack von Fleisch mag, nicht aber dessen gesundheitliche, ethische und ökologische Nachteile, der findet bereits heute eine große Auswahl hochwertiger, veganer Fleisch-Alternativen, die nichts vermissen lassen. (Siehe auch: Warum Veganer Fleischalternativen essen).

Die heutige "Lust" auf Fleisch scheint in erster Linie ein psychologisches Phänomen, das kaum rational zu begründen ist. Blind-Verkostungen zeigen immer wieder, dass Verbraucher pflanzliche Fleischalternativen von Wurst praktisch nicht unterscheiden können. Zumindest wenn es um Biss und Geschmack geht und ihnen beide Produkte bislang unbekannt waren.

Die psychologische (und teilweise auch regelrecht ideologische) "Sucht" nach Fleisch ist ein Phänomen, das in der Tat durchaus reale Folgen hat. Und so mag es sein, dass - trotz aller wissenschaftlicher Gesundheits-Studien zum Fleischverzehr - der Weg zu einer fleischfreien Gesellschaft doch zunächst durch das Fleisch-Labor führen wird. Sofern es überhaupt von den Konsumenten akzeptiert wird.

Das Marketing der Fleisch-Wirtschaft war in den letzten Jahrzehnten dermaßen erfolgreich, dass es selbst Befürworter von Labor-Fleisch nicht sicher sind, ob Verbraucher das biotechnologisch erzeugte Fleisch überhaupt akzeptieren würden. Oder ob sie aus einer Art falsch verstandener Traditions-Orientierung doch lieber an hochindustrialisierter Massentierhaltung festhalten würden.

Veröffentlichung:

Autor: Kilian Dreißig

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