Waldexperte: Klima-Kompensation ist oft eine Mogelpackung!
Viele Hersteller werben heute mit klimaneutralen Produkten. Sie versprechen, Klima-Emissionen aus der Herstellung zu kompensieren. Zum Beispiel, indem sie Bäume pflanzen lassen.
Wenn wir nur genug Bäume pflanzen, so das Marketing, dann können wir das freigesetzte CO2 wieder ausgleichen. Auf die Weise soll ein Produkt dann "klimaneutral" werden. Zumindest auf dem Papier.
Allein: Diese Programme funktionieren selten. Oft handelt es sich um Mogelpackungen, die eher in den Bereich des Greenwashings fallen.
Warum, das erklärt Waldexperte Sven Selbert vom Naturschutzbund (NABU) im ersten Teil des Vegpool-Interviews.
"Ich würde den Kompensations-Versprechen [von Aufforstungsprogrammen, Anm. d. Red.] erst mal prinzipiell nicht vertrauen", so Selbert im Interview. So stelle sich z. B. zunächst die Frage, warum an der Stelle zuvor kein Wald gewesen sei.
Der Hintergrund: Wenn an einer Stelle früher bereits Wald gerodet wurde, dann kann der neue Wald zunächst bloß die Klimaschäden der Rodung kompensieren.
Schlimmer noch:
"Ein Problem bei Waldkompensationsprogrammen ist, dass in der Regel Kompensationsleistung von großen Bäumen verkauft wird", so der Waldexperte.
Es wird dabei also berechnet, wie viel CO2 von den Bäumen in 50 oder 100 Jahren aus der Atmosphäre herausgezogen würden. Diese Menge würde jedoch bereits heute verkauft, auch wenn junge Setzlinge nur einen Bruchteil der Klimawirkung entfalten könnten.
Dieser zeitliche Vorgriff sei hochspekulativ und verschleiere zudem das Risiko, dass der Wald gar nicht erst groß wird.
Viele Aufforstungsprogramme scheiterten nämlich - auch in Folge von Dürren, Überschwemmungen und Feuersbrünsten. Risiken, die infolge der Klimakrise zunehmen werden.
So wurden in der Vergangenheit z. B. Wälder in einer Senke angepflanzt, die später Opfer von Starkregen geworden sind.
Im Endeffekt verhindern solche Möglichkeiten eher, dass sich wirklich etwas verändert. In der Breite sind sie sogar als schädlich zu bezeichnen. Sven Selbert, Nabu
Unser Tipp:
Nutzt Klima-Kompensation nur als letztes Mittel. Prüft vorher, ob ihr ein Produkt wirklich benötigt und ob es klimafreundlichere Alternativen gibt. So könnt ihr z. B. mit der Bahn fahren, statt Flugzeug zu fliegen. Oder gebrauchte Waren aufbereiten lassen, statt Neuware zu kaufen.
Die Ernährungsweise ist übrigens der wichtigste Hebel zum Schutz des Klimas, den wir als Privatpersonen im Alltag haben. Dabei gilt die Faustregel: Je pflanzlicher desto klimafreundlicher. Die wichtigsten Tipps um vegan zu werden.
Interview-Serie Sven Selbert (NABU)
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Veröffentlichung:
Autor: Kilian Dreißig