Interview mit Rechtsanwalt Antoine Goetschel
Antoine F. Goetschel ist Rechtsanwalt und Autor des Buches „Tiere klagen an“. Seit bald 30 Jahren setzt er sich ein für die Verbesserung der Position des Tieres im Recht. Außerdem war Goetschel Geschäftsführer der Schweizer „Stiftung für das Tier im Recht“ und danach mehrere Jahre lang Tierschutzanwalt in Zürich.
Im Interview erklärt er, warum Tiere Rechte brauchen.
Vegpool: Guten Tag Herr Goetschel, Jura hat ja nicht den Ruf, ein besonders emotionales Fachgebiet zu sein. Wie sind Sie denn dazu gekommen, sich für Tiere stark zu machen?
Antoine F. Goetschel: Anfangs, also Mitte der 80er-Jahre, stand die Freude am Schützen von Minderheiten, wie sie Tiere aus rechtlicher Sicht in besonderem Maße sind. Dazu gesellte sich die Gestaltungsfreude am Recht, nämlich Lücken aufzustöbern und – in der Folge teils erfolgreich – tierfreundlich zu stopfen. Und zum Schluss, mich der vegetarischen Lebensweise zugewandt und möglichst tierfreundlich und ökologisch lebend, kam die Freude am Verbreiten eines den Tieren offenherziger gegenüber stehenden Bewusstseins hinzu.
Mehr Tieranwälte für Deutschland
Vegpool: Warum brauchen Tiere Rechte - und welche Rechte wären das?
Antoine F. Goetschel: Nun eigentliche Rechte für Tiere zu fordern ist nicht so mein Ding, weil ich als realitätsnaher Anwalt und Bürger bloß wenig Chancen auf eine mehrheitsfähige Akzeptanz und damit eine Gesetzesänderung sehe. Näher liegt mir etwa, „Tieranwälte“ für Deutschland zu fordern, welche in Strafverfahren und Verwaltungsverfahren, bei den Tiere zu Schaden gekommen sind, in rechtlich relevanter Weise für diese das Wort führen können. So kämen wohl viel mehr und besser begründete und, im Strafmaß, abschreckendere Entscheide zustande. Auch wären die Behörden dadurch zu einem besseren Vollzug motiviert, weil man ihnen im Namen der Tiere auf die Finger schaut und Nicht- oder Fehlentscheide anfechten kann.
Vegpool: In Ihrem Buch „Tiere klagen an“ fordern Sie, dass auch die Würde des Tieres gesetzlich geschützt wird. Warum nicht bloß Tierquälerei verbieten?
Antoine F. Goetschel: Die Würde des Tieres schützt die Tiere weit umfangreicher also bloß vor Schmerzen, Leiden und Schäden, sondern in seinem Interesse am So-Sein, am Eigenwert. Tierquälerei ist in Deutschland längst verboten, deren Ahndung lässt aber stark zu wünschen übrig. Überdies lässt das Gesetz noch zahlreiche Haltungsformen und Praktiken zu, welche viele als „tierquälerisch“ empfinden. Und das Tier ist nicht bloß vor Schmerzen und Leiden zu schützen, sondern darüber hinaus auch in seinem So-Sein als ganzes, wie auch Menschen in ihrer Menschenwürde geschützt sind, und nicht bloß vor Prügelei.
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Veröffentlichung:
Autor: Kilian Dreißig