Rezension: "Der Supermarkt-Kompass" von Thilo Bode
Klappt das mit dem "bewussten Konsum" eigentlich wirklich? Verändern wir etwas, indem wir bewusst entscheiden, welche Produkte wir wo einkaufen?
Wenn es nach Thilo Bode geht, dem Gründer der Verbraucherschutzorganisation Foodwatch, dann machen uns die Supermarktketten und Lebensmittelhersteller etwas vor.
In seinem neuen Buch, "Der Supermarkt-Kompass", gibt uns Bode einen ernüchternden Einblick, wie vier Supermarkt- und Discounter-Ketten den Lebensmittelmarkt in Deutschland dominieren.
Die "Big Four", zu denen Rewe (mit Penny), Edeka (mit Netto (ohne Hund)), Aldi und Lidl (Kaufland) gehören, teilten 85% des Marktes unter sich auf, so Bode. Und dabei entscheiden sie nicht nur, was wir als Verbraucher kaufen können.
Der Supermarkt-Kompass
- Sachbuch vom Foodwatch-Gründer
- Hardcover
- Redaktionstipp
Durch ihre Macht hätten sie praktisch in der Hand, welche kleinen Hersteller in Deutschland Fuß fassen können, zu welchen Konditionen sie produzieren und unter welchen Bedingungen.
Verbraucher seien an der schwächsten Position, meint Autor Thilo Bode. Obwohl Lebensmittel Vertrauensgüter seien, sei es kaum möglich, anhand der Zutatenliste fundierte Entscheidungen zu treffen. Man müsse sich auf Werbung und oft irreführende Angaben verlassen.
Und wer keine verlässlichen Informationen habe, entscheide letztendlich nach dem Preis.
Der enorme Preisdruck verhindere zugleich, dass die Handelsketten etwas veränderten. Echte Veränderung sei in diesem System kaum möglich. Wer nachhaltige Produkte z. B. teurer anbiete, dränge sich selbst aus dem Markt.
Deshalb hätten Lidl, Aldi, Rewe und Edeka selbst kaum Handlungsmöglichkeiten. Manch eine interne Studie bettele regelrecht um staatliche Rückendeckung, damit Nachhaltigkeit keine wirtschaftlichen Nachteile mehr hat.
Thilo Bode gibt im "Supermarkt-Kompass" auch konkrete Beispiele, wie schwer es ist, fundierte Kaufentscheidungen zu treffen - und worauf man achten kann.
Der Supermarkt-Kompass
- Sachbuch vom Foodwatch-Gründer
- Hardcover
- Redaktionstipp
Er erklärt, wie Hersteller chinesische Tomaten aus potentieller Zwangsarbeit in Italien umverpacken und ganz legal als italienische Ware inszenieren. Wie genussuntaugliches Olivenöl plötzlich mit höchster Qualität deklariert wird und wie Tierprodukte "Tierwohl" vorgaukeln, wo der Gesundheitszustand der Tiere nicht einmal erfasst wird.
Er stellt Tricks der Lebensmittelindustrie vor und kritisiert, dass die deutsche Lebensmittelbuchkommission vom Big Business unterwandert sei. Obwohl sie fundamentale Entscheidungen über die Qualität von Lebensmitteln trifft.
Ohne politische Veränderungen fehlt uns als Verbraucher der Durchblick für fundierte Entscheidungen, so Thilo Bode im "Supermarkt-Kompass". Und nur mit verbindlichen Regeln für alle Marktteilnehmer würden diese auch umgesetzt.
"Der Supermarkt-Kompass" von Thilo Bode vermittelt einen ernüchternden Einblick in die Marktmacht der Handelsketten - und wie der Staat dabei versagt, Verbraucher zu schützen. Nicht speziell für Veganer, aber doch auch für vegan lebende Leser lesenswert - und in vielerlei Hinsicht bestärkend.
Denn auch wenn wir wenig in der Hand haben - ganz machtlos sind wir keineswegs! Denn wer keine Tierprodukte kauft, gibt die Quälerei auch nicht in Auftrag und fällt auf kein "Tierwohl"-Label herein.
Veröffentlichung:
Autor: Kilian Dreißig