Was passiert mit den Tieren, wenn alle Menschen vegan werden?
Was passiert eigentlich mit den Tieren, wenn plötzlich alle Menschen vegan werden?
Wohin mit den Kühen, Schweinen und Hühnern?
Werden Rinderherden in Zukunft auf den Grünstreifen der Straßen grasen? Werden Schweine sich im Vorgarten suhlen und Hühner in den Parks nach Futter suchen, wenn Deutschland vegan geworden ist?
Diese Frage gehört zu den häufigsten Fragen rund um eine vegane Ernährung. Und ehrlich: Wir wissen auch keine Antwort. Es bleibt daher beim Versuch!
Endlich Freiheit für Tiere?
Was für eine märchenhafte Vorstellung, dass all die Tiere endlich frei sein dürfen. Dass die Ausbeutung ein Ende hat. Die Umweltschäden. Das Verdrängen und Wegsehen.
In den vergangenen Jahrzehnten hat sich die Zahl der vegan lebenden Menschen rasant weiterentwickelt. Das ist Tatsache.
Veganer gelten als Multiplikator und nehmen sichtbaren Einfluss auf die Denk- und Konsumgewohnheiten in Deutschland und auf der ganzen Welt. Auch das offensichtlich.
Es wird immer schwerer, die Grausamkeit der Tierhaltung zu verdrängen, wenn man Milch, Käse, Fleisch und Eier kauft. Weil es einfach so viele Alternativen gibt.
"Alle essen ja Tierprodukte"? Eben nicht!
Veganer beweisen jeden Tag, dass es anders geht.
Gemessen an der Gesamtbevölkerung wirkt der Anteil der Veganer in Deutschland mit ein paar Prozent indes verschwindend gering.
Obwohl wenn die Bewegung – oder soll man eher sagen: Idee? – Fahrt aufnimmt, ist Deutschland weit davon entfernt, "plötzlich" vegan zu werden.
Alle Menschen plötzlich vegan?
"Plötzlich" würde bedeuten, dass es sofort geschehen würde. Von heute auf morgen. So kurzfristig, dass sich die Industrie gar nicht erst darauf vorbereiten könnte.
Dass Bürger gemeinsam in die Tierhaltungen strömen, die Tore öffnen und die armen Geschöpfe in die Freiheit entlassen. Alle zusammen, als Gesellschaft.
Und dann ein fairer Ausgleichsplan für die ehemaligen Tierhalter. Und staatlich finanzierte Lebenshöfe, die zugleich ein Mahnmal sind: Schluss mit der Ausbeutung!
Was für eine schöne, utopische, versponnene Vorstellung!
Was geschieht also mit den Tieren?
Ein wahrscheinliches Szenario ist, dass sich die Zahl der Veganer und Tierprodukte-Reduzierer in den kommenden Jahren vervielfacht. Dass Tierprodukte teurer werden und pflanzliche Alternativprodukte erschwinglicher.
Die ökologischen und gesundheitlichen Folgen von Fleisch, Milch und Eiern werden künftig in den Preis der Produkte eingerechnet – über eine Tierprodukte-Steuer.
Statt tierquälerische Massentierhaltung zu fördern, investiert der Staat in pflanzliche Lebensmittel, die unsere Gesundheit fördern.
Plötzlich wird Deutschland fit!
Die Nachfrage nach pflanzlichen Lebensmitteln wird weiter explodieren, schon deshalb, weil sie so viel billiger sein werden. Schon, weil die "Veredelungsverluste" der Tierhaltung entfallen.
Tierprodukte werden künftig als Genussmittel angesehen. Weil wir so viel bessere Auswahl haben.
In der Folge züchten Tierzüchter weniger Schweine und Hühner. Kälbchen werden von Milchbauern direkt getötet, ohne zuvor als "Milchkuh" ausgelaugt zu werden.
Vegane Lebensweise kann die Tiere nicht retten. Doch sie hilft dabei, die Grausamkeit der Tierindustrie zu stoppen. Damit zukünftig weniger Tiere gezüchtet und ausgebeutet werden.
Dennoch werden weiterhin Tiere getötet
Dass dennoch nicht alle Tiere gerettet werden, liegt an der heutigen Nachfrage aller, die Fleisch, Milch und Eier essen.
Selbst wenn Deutschland tatsächlich innerhalb von 5 Jahren vegan werden würde – also nicht "plötzlich" –, bliebe den Tierhaltern genug Zeit, alle Tiere zu töten.
Das "Nutztier" mit der höchsten Lebenserwartung, eine "Milchkuh", wird in der Milchindustrie durchschnittlich ~5 Jahre alt. Bei Hühnern und Schweinen könnte nachgezüchtet werden.
Das Ende der Tierindustrie würde folglich mit der Aufgabe der Züchtereien eingeläutet werden. Lebenshöfe könnten immerhin einen kleinen Teil der Tiere retten.
Vielleicht ist es wie ein Wirbelsturm. Er beginnt mit einem lauen Lüftchen und steigert sich zu einem kräftigen Sturm, der unsere tödlichen Gewohnheiten durcheinander wirbelt und frische Luft ins Oberstübchen bläst.
Sodass wir uns einmal fragen werden, wie wir als Gesellschaft je auf den Gedanken kommen konnten, Tiere so zu behandeln … und ihr erbärmliches Leid so lange ignorieren konnten.
Ein Sturm der veganen Veränderung. Er wird kommen – doch er wird nicht überraschend sein. Die ersten Wölkchen sind ja schon am Horizont zu erkennen.
Der Artikel wurde am 11.8.2024 überarbeitet.
Veröffentlichung:
Autor: Kilian Dreißig