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Fleisch essen mit mehr Respekt – wie geht das?

Junges Schwein
Schweinchen, Schweinchen, wenn Du wüsstest... Bild: liz west, flickr.com Bildtitel: this little piggy, CC-BY

In TV-Talkshows wird immer wieder kontrovers diskutiert, ob wir als Gesellschaft weniger Fleisch oder andere Tierprodukte essen sollten. Diese Debatte hat in den vergangenen Jahren sogar deutlich an Fahrt gewonnen. Ein häufiges Fazit nach einer solchen Diskussionsrunde lautet: Fleisch ja, aber bitte mit etwas mehr Respekt gegenüber dem Tier.

Respektvoll Fleisch zu essen – das klingt liberal, nach einem Ja zur Wahrheit und nach Gewissenhaftigkeit. Es klingt nach lang ersehntem Aufbruch, der niemanden überfordert. Die Respektvollen nehmen die anderen einfach an der Hand und sind ihnen eine Leuchte der Tugend.

Bloß: Es ist gar nicht so leicht, respektvoll Fleisch zu essen.

Bewusster Fleischverzehr als goldener Mittelweg?

Der Aufruf nach einem respektvollerem Fleischverzehr beinhaltet auch den Ruf nach mehr Bewusstsein. Der bewusste Fleischesser nimmt auch das Bedürfnis des Tieres nach leid- und schmerzfreiem Leben zur Kenntnis. Es tut dem bewussten Fleischesser leid, dass ein Tier sterben muss. Und doch ist er „realistisch“ genug, das Unvermeidbare zu erkennen und zu akzeptieren. Er verurteilt, dass so viele Tiere bei der Schlachtung noch nicht ganz betäubt sind, setzt sich womöglich auch öffentlich für „Artgerechtigkeit“ ein und isst „möglichst“ Biofleisch (oder Fleisch vom Metzgers des Vertrauens).

Sie ist ja nunmal eine Tatsache, diese menschliche Lust auf Fleisch, denkt sich der bewusste Fleischesser. Und deshalb zollt er dem Tier auch seinen Respekt. Es fühlt sich vielleicht sogar ein bisschen an, als müsste er Abschied nehmen, wenn er mal ein Tier beim Schlachter sieht. Als würde man alles Folgende in die Hand einer mächtigeren Gewalt geben. Es muss halt so sein.

Haben Hunde mehr Respekt verdient als Rinder und Schweine? Bild: Total Verhext (bearb.) Bildtitel: IMG_5684, CC-BY

Bewusster Fleischverzehr: Töten lassen und darüber trauern

Und das ist das Zynische am „respektvollen“ Fleischverzehr. Es ist ein bisschen so, als würde man den Tod eines Bekannten ehrlich betrauern, während man diesen von den Klippen stößt. Ein Leben, das vorher gern leben wollte, wird durch eine willentliche, tödliche Verletzung jäh beendet. Eine Tat aus niederen Beweggründen. „Bewusstsein“ des Verbrauchers spielt hier fürs Tier keine Rolle mehr – tot ist tot.

Respekt sieht anders aus. Unter Respekt versteht man gewöhnlich die Anerkennung einer anderen Meinung, zumindest aber die Anerkennung anderer Lebensweisen (sofern diese einem selbst nicht schaden, aber dann geht es ja auch nicht mehr um Respekt). Beim „respektvollen“ Fleischverzehr werden nicht einmal die grundlegenden Lebensinteressen respektiert. Was sich hier wie Respekt vorm Tier anfühlt, dient eigentlich dazu, das immense Ungleichgewichtes zwischen eigenen und fremden Interessen (Genuss vs. Leben) zu verdrängen. Die Ideologie hinter dieser (verbreiteten) Verdrängung bezeichnet die amerikanische Psychologie-Professorin Melanie-Joy als Karnismus.

Kein Tier stirbt freiwillig

Ein Tier würde immer wegrennen, wenn es begreifen würde, dass der Tod naht. Niemals würde ein Tier dem Tod zustimmen. Es würde wohl noch schwer verletzt davon humpeln. Was bleibt vom Respekt und vom Bewusstsein also noch übrig? Wer steht noch auf der Seite des Tieres? Etwa der bewusste Konsument, der es töten lässt, um es als Salami zu essen?

Wer Tiere für den eigenen Fleischgenuss töten lässt, befindet sich auf der Seite des Aggressors. Auch wer „bewusst“ und weniger töten lässt, beharrt weiterhin auf dem „Recht des Stärkeren“, das als solches nicht als Argument in einer Diskussion taugt. Dessen sollten wir uns alle einmal bewusst werden.

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4,0/5 Sterne (32 Bew.)
AUTOR: KILIAN DREIßIG
Vegane Lebensweise vereint Klimaschutz, Tierschutz und Lebensqualität. Gründe genug, mich als Journalist damit zu beschäftigen.

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