Pflichtberatung für vegane Eltern - ja oder nein?
Sollen vegane Eltern verpflichtet werden, an einer Ernährungsberatung teilzunehmen, um ihre veganen Kinder vor Gesundheitsschäden zu bewahren? Das jedenfalls hat die CDU-Politikerin und Bundestagsabgeordnete Gitta Connemann aus Ostfriesland vorgeschlagen. Connemann ist stellvertretende Vorsitzende der CDU/CSU-Bundestagsfraktion für die Bereiche Landwirtschaft und Ernährung, Kirchen und Petitionen.
Doch was ist von ihrem Vorschlag zu halten?
Die Idee, veganen Eltern eine fundierte Ernährungsberatung zu bieten, klingt eigentlich richtig gut. Zumindest, wenn man die damit verbundene Diffamierung von Veganern als unverantwortliche Eltern mal ignoriert.
Die meisten veganen Eltern sind zwar überdurchschnittlich verantwortungsbewusst und beschäftigen sich intensiv mit einer gesunden Ernährung für ihre Kinder. Doch etwas finanzielle Unterstützung für fachliche Beratung (und damit ja auch Bestärkung) ist sicher nicht verkehrt. Zumal eine fundierte Ernährungsberatung sonst locker 70-100 Euro pro Stunde kostet.
Provokation, aber doch ganz gute Idee
Natürlich: Die Forderung nach einer Pflichtberatung für vegane Eltern verstärkt Vorurteile gegen Veganer, die scheinbar unter staatliche Aufsicht gestellt werden müssen. Sie entfacht eine Diskussion ohne Fakten, über ein Thema, von dem die wenigsten Menschen Ahnung haben.
Natürlich fragt die "Bild"-"Zeitung" bereits hysterisch, wann die Politik endlich den "Vegan-Wahn" stoppen würde. Mit Landwirtschaftsminister Christian Schmidt (CDU, Stichwort: Massentierhaltung) als Interview-Partner!
Das ist sowas von Sommerloch!
Eines ist klar:
Jeder Fall von Fehlernährung bei einem veganen Kind ist einer zuviel. Wer nicht für sein Kind sorgen kann, der braucht Nachhilfe. Das gilt für Alle.
Vorurteile erschweren aber die sachliche Auseinandersetzung. Niemand berichtet über die vielen Fälle, wo vegane Babys und Kleinkinder gesund und vergnügt heranwachsen.
Niemand berichtet über die unzähligen Fälle von "Verwahrlosung" (inklusive Fehlernährung) bei Nicht-Veganern.
Dabei lassen sich 70% aller tödlichen Erkrankungen in den Industrieländern mit Ernährung und Lebensstil in Verbindung bringen. Verwahrlosung bei Nicht-Veganern ist so häufig, dass niemand mehr darüber berichtet. Dabei stellt eine fundierte Ernährung bereits im frühen Kindesalter wichtige Weichen.
Beste Gründe also, um ein Ernährungsprogramm für alle Familien zu starten.
Forderung zum Scheitern verurteilt
Doch auch ein Ernährungsprogramm, ausschließlich für vegane Eltern, würde letztendlich schon in der Konzeptionsphase scheitern.
Denn ein solches Programm würde mit Sicherheit wissenschaftlich begleitet werden, um die Kosten zu rechtfertigen. Und wissenschaftliche Begleitung bedeutet, sich mit Fakten zu beschäftigen.
Wer sich den Fakten widmet, der erkennt bereits heute:
Veganer sind überdurchschnittlich gesund. Sie neigen seltener zu Übergewicht, entwickeln seltener Diabetes Typ 2, haben ein geringeres Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen und bekommen seltener Krebs. Veganer leben generell gesundheitsbewusster, bewegen sich mehr und neigen zu weniger sozialen Vorurteilen.
Wer sich mit den Vorteilen einer veganen Lebensweise beschäftigt, der bemerkt aber auch, dass es Sinn macht, viele Gewohnheiten zu hinterfragen. Ganz besonders im Bereich der Landwirtschaft!
Eine wissenschaftliche, faktenbasierte Auseinandersetzung mit Veganismus bestärkt regelmäßig die Veganer. Selbst wenn es eine wenig schmeichelhafte Pflichtberatung für vegane Eltern gäbe, würde die wissenschaftliche Begleitung die vegane Lebensweise stärken. Und den Fokus auf die Nachteile einer nicht-veganen Lebensweise lenken. Dorthin, wo es weh tut.
Deshalb wird es auch keine staatlich geförderte Beratung für vegane Eltern geben. Schade eigentlich.
Veröffentlichung:
Autor: Kilian Dreißig