Vegane Nazis, oder: Wie links ist Veganismus?
Ein großer Teil der in Deutschland lebenden Veganer sieht die vegane Lebensweise nicht nur als individuellen Lebensstil, sondern auch als politisches Statement. Die Tierrechts-Szene in Deutschland, die sich für Tierrechte und gegen Speziesismus engagiert, hat ihre Wurzeln überwiegend im ökologischen und linksalternativen Spektrum. Für viele Aktivisten ist es selbstverständlich, vegan zu leben. Ebenso, wie sie ihre Stimme gegen Sexismus oder Nationalismus erheben. Das Recht des Stärkeren ist für sie die Abwesenheit von Vernunft. Fortschrittlichkeit bedeutet für sie, neben den Bedürfnissen der Menschen auch die der Tiere anzuerkennen.
Und doch wäre es falsch, die vegane Lebensweise per se als politisch oder gar "links" einzustufen.
Erstens, weil ein großer Teil der Veganer in Deutschland keinerlei politische Ambitionen hat. Doch Veganismus ist schon deshalb nicht politisch, weil es eine Lebensweise ist. Ein Lebensstil, der zwar gerne auch als politisches Statement nach außen getragen wird - aber auch ganz privat und unpolitisch gelebt werden kann. Man kann Veganismus als politisches Instrument sehen, muss es aber nicht.
Umfragen zum Wahlverhalten unter Veganern zeigen dennoch immer wieder, dass bei ihnen ökologische und linke Parteien das Rennen anführen. Linke, ökologische Positionen und Veganismus - das passt offenbar für viele Wähler wie Topf und Deckel.
Es gibt sie, die veganen Neonazis.
Und doch gibt es auch Veganer, die sich scharf von links distanzieren. Es gibt Neonazis, die sich nach der ausländerfeindlichen Demonstration zum veganen Kochen treffen. Zwar gehen diese veganen - oft als "Hipster-Nazis" bezeichneten - Rechten in der öffentlichen Wahrnehmung weitgehend unter - und doch gibt es sie!
Die Rede ist hier übrigens von waschechten Nazis. Von Menschen zum Beispiel, die mit Hakenkreuzen durch die Straßen ziehen und die Todesstrafe für Tierquäler fordern. Diese Einordnung deshalb, weil nicht jeder, der schon mal als "Nazi" oder "Rechtsoffen" bezeichnet wurde (und das trifft auf einen Großteil der veganen Aktivisten in Deutschland zu), wirklich rechte Positionen vertritt.
Es gibt Veganer, die NPD oder andere rechtsradikale Parteien unterstützen. Manche von ihnen fordern die Todesstrafe für Tierquäler (gerne auch nach vorheriger Folter). Das, also die (oft detailliert ausgemalte) Gewalt gegen die vermeintlich "Bösen", ist für viele vegan lebenden Rechte ganz offensichtlich ein wichtiges Motiv.
Für viele Linke ist es unvorstellbar, dass Nationalisten vegan leben können. Ja, sind "rechte" Veganer überhaupt "echte Veganer"?
Natürlich sind sie es. Sie leben vegan, lehnen Tierprodukte ab. Das ist die Definition eines Veganers.
Und so unterschiedlich und widersprüchlich die politischen Ansichten auch sein mögen - Veganismus selbst ist in erster Linie eine Lebensweise, nicht zwingend ein politisches Statement.
Jeder kann vegan werden, egal ob unpolitisch, links oder rechts. Vegan zu leben bedeutet nicht zwingend, zu einer Gruppe zu gehören oder einen politischen Konsens zu unterstützen. Es bedeutet schlicht, ohne Tierprodukte zu leben. Und dafür gibt es genug gute Gründe - politische und unpolitische.
Übrigens: Haben Sie sich schon mal gefragt, ob Hitler wirklich Vegetarier war?
Veröffentlichung:
Autor: Kilian Dreißig