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Bauern-Argument: "Tierschutz macht Tierprodukte teurer"

Billige Tierprodukte um jeden Preis? Bild: Fotolia.com

In TV-Diskussionen rund um die Tierhaltung in Deutschland argumentieren Agrar-Funktionäre häufig mit der These, Tierschutz würde Tierprodukte deutlich teurer machen. Hohe Preise für Tierprodukte können sich viele Menschen aber nicht leisten - die Forderungen nach mehr Tierschutz seien demzufolge unsozial und elitär.
Doch stimmt dieses Argument eigentlich? Wollen die Agrar-Funktionäre wirklich nur das Beste für die Gesellschaft?

Die bekanntesten Probleme der Tierhaltung in Deutschland beruhen auf einem maximal gewinnoptimierten System. Tiere werden auf engstem Raum und mit Blick auf größtmögliche Wirtschaftlichkeit gehalten. Viele Agrarwirte sehen sich als Unternehmer - Tiere sind für sie nicht mehr als Wirtschaftsfaktoren. Das Leid von Schweinen, Hühnern und Rindern spielt betriebswirtschaftlich keine Rolle - es genügt, wenn das Tier überlebt. "Ausfälle" (also Todesfälle) werden von vornherein einkalkuliert. Dabei werden große Landwirte durch staatliche Subventionen auch noch weitgehend von marktwirtschaftlichen Zwängen befreit.

Aufwendige Tierhaltung ist teurer.

Im Umkehrschluss bedeutet das natürlich auch, dass jede weniger brutale Haltungsform zugleich teurer ist. Es erfordert mehr Personal und mehr Landfläche, Tiere besser zu versorgen und ihnen unmittelbares Leid zu ersparen. Und das kostet selbstverständlich mehr Geld.
Dass Tierhaltung an sich schon dem Marketing-Begriff der "Artgerechtigkeit" widerspricht, steht auf einem ganz anderen Blatt.

Doch das Argument, dass Tierprodukte aus "artgerechter Tierhaltung" teurer seien und Menschen mit geringerem Einkommen benachteiligen würden, ist tatsächlich bloß eine Finte. Es lenkt nämlich von einem ganz anderen Problem ab. Von der sozialen Ungerechtigkeit in der Gesellschaft.

Es ist nämlich die Aufgabe der Sozialpolitik, für die Grundsicherung der Bevölkerung zu sorgen. Die Kluft zwischen Arm und Reich ist nicht das Thema der Landwirtschaft. Dass Agrar-Funktionäre dieses Argument dennoch immer wieder nutzen, dient dem Zweck, die brutalen Machenschaften der organisierten Agrar-Industrie zu legitimieren. Es dient auch dazu, den Tierschutz gegen das ebenfalls hochbrisante Thema der sozialen Ungerechtigkeit ausspielen.

Agrar-Lobbyisten wollen Tierschützer diskreditieren und als "unsozial" brandmarken - während sie selbst durch ausländische Hilfskräfte den Mindestlohn umgehen.

Verbraucher wollen nicht Tierprodukte um jeden Preis.

Tierquälerei findet nicht direkt im Auftrag der Verbraucher statt. Sie wird sogar bewusst vor ihnen verheimlicht. Auf Wurstverpackungen prangen schließlich Comics und idyllisierte Landschaften, statt Fotos aus dem Alltag der Tierproduktion. Massentierhaltungen und Schlachthöfe schotten sich vor der öffentlichen Kontrolle ab.

Klar: Niemand möchte so genau wissen, woher Fleisch, Milch und Eier eigentlich kommen - und zu welchem Preis sie produziert werden. Doch dieses grob fahrlässige Konsumverhalten ist noch lange kein bewusster Auftrag für Tierquälerei. Es stimmt einfach nicht, dass die Verbraucher hauptsächlich billige Ware wollten, selbst wenn die Tiere die hohen Kosten bezahlen müssen.

Verbraucher wollen eigentlich das Wohl der Tiere. Sogar per Gesetz!

Staat muss Gesetze durchsetzen!

Tierschutz ist in Deutschland längst Gesetz. Sogar als Staatsziel im Grundgesetz verankert. Dass in Deutschland der Tierschutz aber laufend - und unter den Augen der Behörden - systematisch unterlaufen wird, muss dringend geändert werden. Tierprodukte dürfen schlicht nicht aus Tierquälerei stammen. Niemals.

Wenn Tierprodukte nicht gesetzeskonform produziert werden können, dürfen keine Tierprodukte produziert werden. Dies konsequent zu verfolgen ist nicht die Aufgabe von Veganern und Tierrechtlern - sondern die Aufgabe von Staatsanwälten und der Vollzugsbehörden.

Soziale Ungerechtigkeit muss bekämpft werden. Sie darf nicht als Argument für noch mehr Leid in der Welt missbraucht werden. Nicht Tierhalter sind für das Wohl der Bevölkerung zuständig, sondern die Sozialpolitik. Und Tierhalter dürfen sich nicht mit fadenscheinigen Argumenten aus ihrer Verantwortung stehlen.

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AUTOR: KILIAN DREIßIG
Vegane Lebensweise vereint Klimaschutz, Tierschutz und Lebensqualität. Gründe genug, mich als Journalist damit zu beschäftigen.

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