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"Survivorship Bias": Auch Fleischesser betroffen!

Der "Survivorship Bias" hat oft tragische Folgen für Fleischesser. Bild: pixabay.com

Hast du schon mal etwas vom "Survivorship Bias" gehört? Die Bezeichnung steht für einen verbreiteten Denkfehler, von dem wir uns im Alltag immer wieder täuschen lassen. Der "Survivorship Bias" ist die Verzerrung, die entsteht, wenn wir uns nur auf die Erfahrungen von Überlebenden konzentrieren - aber die Erfahrungen der Opfer ignorieren.

Denn wenn wir möglichst gut leben möchten, tun wir gut daran, aus den Fehlern anderer zu lernen. Wenn wir uns also stets daran orientieren, wie erfolgreiche Menschen leben, vergessen wir, woran erfolglose Menschen scheitern. Dabei könnten wir aus ihren Fehlern oder Missgeschicken besonders gut lernen.

Was bedeutet "Survivorship Bias" genau - und inwiefern betrifft das auch Fleischesser, Vegetarier und Veganer?

Im zweiten Weltkrieg haben englische Ingenieure versucht, die Schwachstellen von Kampfflugzeugen zu finden und auszubessern, um die Überlebensrate der Piloten zu verbessern. Sie analysierten den Zustand der zurückgekehrten Flugzeuge und besserten an den Stellen mit den meisten Einschusslöchern nach.

Doch es zeigte sich, dass die Überlebensrate nicht stieg. Bei genauerer Betrachtung stellten die Engländer ihren Irrtum fest: Durch den Fokus auf zurückgekehrte Flugzeuge konnten sie nämlich gerade nicht erkennen, an welchen Stellen die Flugzeuge besonders gefährdet waren. Es kehrten schließlich nur die Flugzeuge zurück, die nicht abgeschossen worden waren.

"Survivorship Bias" - auch die Opfer zählen

Auch im Alltag unterliegen wir häufig diesem Denkfehler des "Survivorship Bias". Raucher beziehen sich zum Beispiel gerne auf den Ex-Bundeskanzler Helmut Schmidt, der als Extrem-Raucher dennoch fast 100 Jahre alt geworden ist. Der "Survivorship Bias" suggeriert ihnen, dass Rauchen womöglich gar nicht so gefährlich sei.

Ihnen entgehen zugleich jedoch die Erfahrungen jener unzähligen Raucher, die an ihrem Laster elendig zugrunde gegangen sind. Würden Raucher auch die Erfahrungen der erkrankten Raucher einbeziehen, könnte das den Rauch-Stopp rasant beschleunigen.

Für Fleischesser und Vegetarier ebenso relevant: Die WHO listet einen Mangel an Obst und Gemüse unter den 10 wichtigsten Krebsrisiken auf. Auch Übergewicht zählt zu den wichtigsten Gründen für Krebs. Zusätzlich hat die WHO rotes Fleisch und verarbeitete Fleischwaren als potentiell krebserregend eingestuft.

Dennoch verdrängen die meisten Menschen in Deutschland die Risiken, die mit Übergewicht, einem Mangel an Obst und Gemüse und mit dem Verzehr von rotem Fleisch verbunden sind. Weil ihre Realität im Alltag einfach nicht widerspiegelt, was die Wissenschaft längst erkannt hat.

Fakten versus Bauchgefühl

Der Grund ist gut nachvollziehbar und ebenso tragisch: Wenn wir im Alltag stets mit gesunden Menschen zu tun haben, glauben wir intuitiv, alle Menschen wären gesund. Wir bekommen schließlich nicht mit, wie viele Menschen in Krankenhäusern leiden.

Wir sehen Menschen normalerweise nicht einmal an, ob sie bereits Bluthochdruck, Diabetes Typ 2 oder eine andere typische "Ernährungs-Krankheit" haben. Unser Bauchgefühl sagt uns: So schlimm wird es wohl nicht sein. Mich wird es schon nicht treffen. Unser Bauchgefühl lässt sich vom "Survivorship Bias" täuschen.

Deshalb tun wir gut daran, uns auf wissenschaftlich fundierte Zahlen zu verlassen. Auf Zahlen, die auch die Erfahrungen der Menschen berücksichtigen, die nicht überlebt haben. Denn nur daraus können wir wirklich lernen - und unsere Lebensqualität und -Dauer möglicherweise verbessern.

"Survivorship Bias" verdrängt fundierte Fakten

Der Ernährungszustand der Bevölkerung in Deutschland zeigt, dass der "Survivorship Bias" stark unterschätzt wird. Dass die meisten Fleischesser zwar abstrakt wissen, dass ihre Ernährung ungesund ist, sich aber durch die Realitäts-Verzerrung von klugen Entscheidungen abhalten lassen. Die Kranken laufen schließlich nicht auf der Straße herum, um die Gesunden zu warnen.

Doch gerade die Erfahrungen der Kranken und Sterbenden können uns lehren, klügere Entscheidungen zu treffen.

Die Ernährungswissenschaften - und insbesondere die Epigenetik - beschäftigen sich mit den Einflüssen der Ernährung auf unsere Gesundheit. Menschen mit Übergewicht, Diabetes Typ 2, Bluthochdruck und anderen typischen "Ernährungskrankheiten" könnten davon profitieren, sich auf wissenschaftliche Fakten zu konzentrieren - und den "Survivorship Bias" auch bei der Ernährung zu überwinden.

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Autor: Redaktion

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