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Rezension: „Ethisch Essen mit Fleisch“

„Ethisch Essen mit Fleisch“
„Ethisch Essen mit Fleisch“ Bild: K/Vegpool
Fortsetzung: Seite 3 von 3

Auch wenn Lierre Keith von ihren „Verfehlungen“ berichtet, die sie nach zweijähriger „Abstinenz“ mehrmals „begangen“ hat, hört sich das an, als wäre sie schwer abhängig von derartig tryptophan-haltigen Tierprodukten. Kritik in allen Ehren – aber solch rhetorische Kunstwerke sind albern.

„Während der nächsten paar Stunden durchflutete mich ein Wohlbefinden, das irgendwo im Hirn begonnen hatte.“
Lierre Keith, „Ethisch Essen ohne Fleisch“, über den Verzehr von Tierprodukten nach zweijähriger veganer Phase. S. 158

„Ethisch Essen ohne Fleisch“ enthält wirklich interessante Passagen rund um die Auswirkungen der modernen Landwirtschaft, die auch die Produktion veganer Lebensmittel betreffen. Leider werden diese überdenkenswerten Teile von Ernährungstheorien durchlöchert, die stark in Richtung Atkins-Diät, also ins fast komplette Gegenteil der veganen Ernährung gehen. Ein besonderer Dank der Autorin im Buch geht dann auch an Dr. Robert Atkins.

Bei der immensen Wucht von Keiths Rhetorik, von leidvoller Wehmut über Anklage bis zur verbitterten Polemik, kann man den Eindruck bekommen, die Autorin hätte einen ideologisch geprägten Veganismus durch eine andere Ideologie schlicht ersetzt.

„Ethisch Essen mit Fleisch“ – verkehrte Welt ernährungswissenschaftlicher Erkenntnisse?

Einige Argumentationsstränge wirken auf den ersten Blick kausal stimmig, entpuppen sich aber bei genauerem Hinsehen als seltsames Konstrukt. Zwar schreibt die Autorin erfreulicher Weise, dass unkontrollierte Beobachtungsstudien nur einen geringen wissenschaftlichen Wert hätten, da die Zusammenhänge zwischen Ursache und Wirkung häufig falsch angenommen würden. Dennoch bemüht sie unzählige Studien genau dieser Art. Über langlebige Inuit bis hin zu angeblich schädlichen Kohlehydraten aller Art; über ungesunde Soja und ungemein gesunde (ja geradezu beglückende) tierische Fette. Das Buch wirkt stellenweise wie ein Negativ aktueller ernährungswissenschaftlicher Erkenntnisse.

Bevor man also aufgrund des Buches Ernährungsentscheidungen trifft (welche auch immer), sollte man sich die gelisteten Studien genau ansehen und kausale Zusammenhänge sowie Quellen der Studien selbst genau überprüfen.

Ist das Buch „Ethisch Essen mit Fleisch“ empfehlenswert?

„Ethisch Essen mit Fleisch“ ist insofern ein Buch, das aus mehreren Gründen durchaus gelesen werden kann.
Was Keith über die Auswirkungen der Landwirtschaft schreibt, wird ökologisch interessierte Menschen zum Nachdenken bringen. Selbst wenn eine komplette Umkehrung in der „Erwachsenenwelt“ wohl eine Utopie bleiben wird, so gibt die Autorin dennoch einen deutlicheren Einblick in mögliche Zusammenhänge der Natur, die vielen Stadtmenschen bereits verloren gegangen sind.

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Andere Teile des Buchs – insbesondere jene Ernährungstheorien – sind wohl mit ernsthaftem Ansatz schwer zu ertragen, lesen sich aber Dank der fulminanten Rhetorik der offenbar in Diskussionen erprobten Autorin aus antizivilisatorischen Kreisen ganz gut.

„Um die Welt zu retten, müssen wir sie kennen“.
Lierre Keith, „Ethisch Essen ohne Fleisch“, S. 223

„Ethisch Essen mit Fleisch“ ist also als Denkanregung durchaus lesenswert, auch, wenn man seine eigene Argumentation für eine vegane Lebensweise auf Lücken abklopfen möchte. Etwas Selbstkritik und Freude an polemischer Rhetorik sind als Wegzehrung allerdings anzuraten. Als Gesundheitsratgeber sollte das Buch besser nicht verwendet werden.

Veröffentlichung:

Autor: Kilian Dreißig

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