Das Thema fasziniert und beschäftigt mich sehr und ich finde jede Menge Aspekte in Euren Beiträgen, die ich nur bestätigen kann.
Ich finde, man kann die Grundthematik ganz gut damit vergleichen, wenn man in einer heftig feiernden Gesellschaft ist und nicht mit trinkt. Wenn man sagt, dass man noch Auto fahren muss, ist es kein Problem. Wenn man hingegen nichts trinkt, weil man generell Alkohol meidet, wird man genauso betrachtet wie das beim Outen als Veganer oft geschieht: Man gilt als missionarisch, als Mensch, der nicht in der Lage ist, Dinge zu genießen, schlimmstenfalls als Stimmungstöter.
Jeder der Alkohol trinkt, wird durch den Nichttrinker daran erinnert, was er da eigentlich tut und wird (nicht willentlich, aber automatisch!) damit konfrontiert, dass es weder gesund noch irgendwie gewinnbringend ist, sich zu betrinken. Zudem ist der Nichttrinker ja auch noch dauerhaft nüchtern und bekommt den Kontrollverlust des Trinkers auch noch genau mit!
Jemand hingegen, der trockener Alkoholiker ist und deshalb nicht mittrinkt, wird eher heimlich bedauert (genau wie der, der noch Auto fahren muss). Diejenigen, die nicht trinken
dürfen stören aber nie so sehr wie diejenigen die nicht trinken
wollen. Genauso beim Veganismus: Diejenigen, die aus gesundheitlichen Gründen kein Fleisch essen dürfen/sollten oder keine Milch vertragen, werden nicht angegriffen (sondern eher bedauert), denn sie wollen ja vermutlich nicht auf Fleisch oder Milchprodukte verzichten.
Es erfordert viel mehr Selbstreflexion und Indivialismus, sich gegen eine gesellschaftliche Norm zu stellen, indem man offen auf etwas verzichtet, das die anderen offenbar genießen, einfach so, weil man sich frei entscheidet (Argumente für die Entscheidung vegan zu leben gibt es ja genug), nicht weil man sich nach den Richtlinien einer Religion oder eines Arztes verhält.
Ich habe es in Gruppen schon erlebt, dass einige Leute mich schief angesehen haben (und auch blöde Bemerkungen machten), dass ich mich als einzige NICHT am Schokoladenkeks-Teller bediente (hatte damals eine zuckerfreie Zeit, nicht aus gesundheitlichen Gründen, sondern freiwillig!), sondern meine Rohkost auspackte.
Ich glaube, es ist eine menschliche Schwäche, den eigenen Schatten (das, was wir im Grunde an uns selbst nicht mögen) lieber auf jemanden zu projezieren und es dann an ihm zu bekämpfen, anstatt es an uns selbst zu verändern.
Tatsache ist nur, dass wir lediglich uns selbst ändern können und nicht die anderen.
Ich habe selbst sehr lange gebraucht, bis ich vom Vegetarier zum Veganer wurde.
Meine innere Einstellung zum Veganismus hat sich aber schleichend zum Positiven verändert.
Das ist etwas, dass ich glaube, das jede/r von uns mit auf den Weg bringen kann:
Als Veganer so glücklich, authentisch, selbstbestimmt und frei zu leben wie nur möglich!
Ich persönlich habe vor, als Veganerin noch sportlicher (jogge endlich wieder!), beweglicher (Yoga), gesünder und genussvoller (so viele leckere Rezepte habe ich schon lange nicht mehr ausprobiert!
) zu leben - wenn meine Lebensfreude und meine Liebe zu allem Lebendigen dann den einen oder anderen dazu inspiriert, selbst weniger Tierprodukte zu essen, freue ich mich noch mehr!
@ Lara: Ich wurde übrigens von einer 18jährigen Freundin meiner Tochter inspiriert, vegan zu werden, mein Mann - bei dem das Thema eben auch "dran" war - dann von mir.
Schön, dass Du in Deinen jungen Jahren schon so tiefgründig denkst!
Ganz liebe Grüße an alle,
Lindchen