Sunjo, ich will nichts beweisen und du darfst mir gerne nicht glauben, zumal ich die Quelle auch nicht geprüft habe. Ich habe nach wissenschaftlichen Erklärungsansätzen für das unterschiedliche Denkverhalten von Menschen gesucht und da genügt mir die Folgerichtigkeit.
Ich belasse es daher mal mit Erklärungsansätzen. Ich finde diesen hier relativ interessant (der nicht vollständig ist):
Eine gängige Theorie zur Entstehung der Religion ist die der "Agent Detectors".
Katzen reagieren auf Stöcke mit krassen Sprüngen, weil sie reflexartig auf Schlangen reagieren. Ähnliche Reflexe haben Menschen auch, u.a. für Gesichtserkennung. Diese Reflexe sind sehr viel häufiger falsch-positiv als falsch-negativ (weil es besser ist, einmal zu oft als einmal zu selten zu fliehen).
Religion könnte als Nebeneffekt dieser Agent Detectors entstanden sein.
Urmenschen sahen aufgrund überempfindlicher Gesichtserkennung vielleicht böse Gesichter in Wolken. Es regnete, und sie waren sicher, ein Gott des Regens bestraft sie. Durch Weitererzählen entwickelten sich Ur-Religionen, die in Zusammenhang mit dem damaligen (Gefühls)leben standen und den Menschen halfen, Dinge zu begreifen, die unbegreiflich waren.
Die Neuen Atheisten sagen, Religion sei zu kostspielig und schade den Menschen aufgrund der Kriege, des Missbrauchs usw.
Doch Religion müsste laut Evolutionstheorie ausgestorben sein, wenn sie keinen evolutionären Nutzen hätte.
Daher stellt sich die Frage, wozu gibt es sie trotzdem...?
Haidt erklärt es ungefähr so (ich kann es nicht präzise wiedergeben und empfehle das Buch):
Menschen profitieren von Gruppen, aber als Individuen profitieren sie noch mehr, wenn sie zwar in Gruppen leben, sich nicht die Hände schmutzig machen und keine Risiken für die Gruppe eingehen = bessere Fortpflanzungschancen für Trittbrettfahrer
Folglich kann es nur Gruppen geben, wenn dieses Problem der Trittbrettfahrer gelöst wird.
Menschliche Moralsysteme sind dann am wirksamsten, wenn sie nicht von Treu und Glauben abhängig sind. Der Glaube an ein unsichtbares und allwissendes Wesen, das selbst die Gedanken sieht und Mitglieder der Gruppe dadurch wirksam von Schummelei abhält (weil sie sonst in der Hölle landen, im Körper einer Ameise wiedergeboren werden, o.ä.), nützt also der Gruppe.
Deshalb kann möglicherweise kein rein vernunftorientiertes und auf Freiwilligkeit basierendes, säkulares Gesellschaftssystem gegen eine evolutionär ausgefeilte Religion mithalten.
Möglicherweise wird die Säkularität also ausselektiert - nach nur wenigen Generationen scheinen viele säkulare Staaten ja schon kurz vor der Selbstvernichtung zu stehen...
Die Neuen Atheisten sagen, dass Religion ein kostspieliger Nebeneffekt dieser Agent Detectors sei. Aber die Evolution würde solche Störfaktoren ausrotten, daher müsste das in 500.000 Jahren neuer Menschheitsgeschichte längst geschehen sein.
Also ist entweder die Religion kein Störfaktor, sondern evolutionär nützlich, oder die Evolutionstheorie ist falsch... Oder Neue Atheisten ignorieren die Fakten.
Ich denke auch humanistisch. Aber am Ende muss man auch das wahrnehmen, was sich aufdrängt. Dass viele Menschen religiös sind und dass es Anlass für die Annahme gibt, dass das auch weiterhin so sein wird (siehe oben).
Krisen fördern autoritäre Systeme, weil die Leute Sicherheit suchen. Und dasselbe gilt für Religionen. Möglicherweise machen die Kirchen also bloß ein bisschen Pause...
Wenn die Menschheit eine religiöse Veranlagung hat (auch genetisch), kann man es verleugnen, oder man akzeptiert es einfach und schaut, wie man damit umgeht.