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Ökotest: Test von Vitamin B12-Präparaten lässt Fragen offen

Vitamin B12-Tabletten im Blister.
Ökotest untersucht in der aktuellen Ausgabe Vitamin B12-Präparate. Bild: pixabay.com (bearb.)

Wie gut sind handelsübliche Vitamin B12-Präparate wirklich? Eine Antwort möchte das Verbrauchermagazin Ökotest in seiner neuen Ausgabe liefern (Februar 2023)!

Ökotest hat dafür 29 Produkte genauer unter die Lupe genommen und ins Labor geschickt. Fazit: Die meisten handelsüblichen Vitamin B12-Nahrungsergänzungsmittel befinden sich im oberen und mittleren Wertungsbereich. Nur drei Produkte bekamen die Note "ungenügend".

Für Menschen, die sich schon länger mit dem Thema der Vitamin B12-Versorgung beschäftigen, ist der Vitamin B12-Test von Ökotest allerdings selbst etwas irritierend.

Die Ökotest-Redaktion wertet z. B. Nahrungsergänzungsmittel ab, wenn diese pro Tagesdosis mehr als 25 µg Vitamin B12 enthalten. Sie orientiert sich dabei an einem Höchstwert des Bundesinstituts für Risikobewertung (BfR). (Diese Abwertung erfolgt nicht bei Vitamin B12-Arzneimitteln).

Tatsächlich wird in der Fachliteratur rund um vegane Ernährung oft eine Dosierung um 100-500 µg am Tag empfohlen, sofern die Einnahme einmal am Tag erfolgt. Erst bei mehreren Einnahmen pro Tag könne die Menge reduziert werden, empfiehlt z. B. der Ernährungswissenschaftler Niko Rittenau hier.

So gesehen kann man den Herstellern kaum einen Vorwurf machen, dass die Ökotest-Redaktion andere Werte zugrunde legt und höhere Dosierungen abwertet.

Kritischer ist es allerdings, wenn Hersteller eine falsche Dosierung deklarieren. Wenn B12-Präparate also deutlich weniger (oder deutlich mehr) Vitamin B12 enthalten, als auf der Verpackung steht.

Tatsächlich soll das bei 3 der Vitamin B12-Präparate der Fall gewesen sein. Zwei enthielten laut Test mehr als 50% der angegebenen Dosis (Doc Morris Vitamin B12 Minitabletten und GSE Phyto Vitamins Vitamin B12 Compact, Tabletten, Bio, eines enthielt mindestens 20% weniger, als deklariert (Vitamaze Vitamin B12 Tropfen).

Abwertungen gab es zudem u. a. für Titandioxid, das Konservierungsmittel Propylparaben, Carboxymethylcellulose sowie bestimmte Phosphate in der Zutatenliste.

Einige bekannte Hersteller, die in der veganen Szene verbreitet sind, wurden im Vitamin B12-Test leider nicht berücksichtigt. Ökotest hat Präparate getestet, die in Apotheken, Drogeriemärkten, im Reformhaus und bei diversen Handelsketten angeboten werden.

Der Test berücksichtigt also nicht alle verfügbaren B12-Präparate auf dem Markt. Wichtig auch: Nicht alle der getesteten Vitamin B12-Präparate sind vegan.

Erschreckend: Die in Apotheken intensiv beworbenen "Vitasprint B12 Trinkfläschchen" bekamen die Note "ungenügend". Als Grund nennt die Ökotest-Redaktion die Einstufung als "traditionelles Lebensmittel", die nicht ausreichend belegt worden sei. Zudem fehlten den Tester:innen ein Hinweis, dass es bei veganem oder streng vegetarischem Ernährungsstil zu einem B12-Mangel kommen könne.

Ökotest: "Die Ampullen profitieren also vom Nimbus der Apotheken und werben damit, ein Arzneimittel zu sein, ohne die hohen Standards moderner Arzneimittel erfüllen zu müssen."

Auch wir raten von teuren Vitamin B12-Trinkampullen auf Vegpool eher ab. Allerdings vor allem deshalb, weil andere Formen der B12-Versorgung schlicht viel günstiger sind.

Meinung:
Ich habe dem Vitamin B12-Präparate-Test von Ökotest schon entgegengefiebert. Auch ich hatte mich schon öfter gefragt, ob B12-Präparate wirklich so viel B12 enthalten, wie angegeben wird. Schließlich ist Vitamin B12 relativ teuer in der Herstellung. Und wer prüft das schon?

Enttäuscht hat mich der Test dann aber doch ein wenig. Nicht nur, weil Ökotest keinen Unterschied bei den chemischen Formen von Vitamin B12 zu machen scheint und die in der Szene besonders bekannten Hersteller teilweise nicht berücksichtigt wurden, sondern auch, weil sich die zugrundeliegende Dosierung von in veganer Fachliteratur beschriebenen Mengen unterscheidet.

Ein wenig geärgert hat mich die pauschale Behauptung, dass man keine Vitamin B12-Präparate bräuchte, wenn man gesund sei und Tierprodukte esse. Dabei enthalten z. B. Milchprodukte nur kleine Mengen von Vitamin B12 - und ein B12-Mangel kommt durchaus auch bei Menschen vor, die nicht vegan leben.

Die falsche Annahme, dass der Verzehr von Tierprodukten ausreiche, kann zu versteckten Mangelproblematiken führen, die erst auffallen, wenn bereits irreparable Schäden am Nervensystem entstanden sind. Soviel Vitamin B12 enthalten Tierprodukte wirklich.

Die neue Ökotest-Ausgabe erscheint am 26.1.2023. Die Testergebnisse sind auch online verfügbar.


Der Bestseller-Autor und Chefarzt Prof. Dr. Andreas Michalsen ("Mit Ernährung heilen") meint: Vegane Ernährung ist kein Risiko - im Gegenteil!

Aktualisierungen: In einer Ursprünglichen Version stand, Ökotest hätte ab 100 µg Tagesdosis abgewertet, tatsächlich gab es bereits ab 25µg eine Note Abzug, und zusätzlich eine Note ab 100 µg.

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AUTOR: KILIAN DREIßIG
Vegane Lebensweise vereint Klimaschutz, Tierschutz und Lebensqualität. Gründe genug, mich als Journalist damit zu beschäftigen.

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