Klima & Tiere: Hier hat Vegetarismus blinde Flecken
Eine vegetarische Ernährung (mit Milch und Eiern) wird manchmal als eine Art Ausweg aus Tierquälerei und Klimakrise wahrgenommen. Auch viele politische Debatten drehen sich heute um die Frage: Fleisch oder nicht?
Doch wenn Fleisch einfach durch Käse und Eier ersetzt wird, hat Vegetarismus fast dieselben Folgen für Tiere und Umwelt wie Fleischverzehr.
Versteht uns nicht falsch! Tatsächlich ist es bis heute ein Zeichen von Mut und Willenskraft, sich bewusst gegen den Verzehr von Fleisch zu entscheiden.
Wenn es also um die Bereitschaft geht, Verantwortung zu übernehmen, übernehmen Vegetarier bereits heute führende Rollen in der Gesellschaft!
Und doch hat Vegetarismus fast dieselben Folgen für Tiere, Umwelt und Klima, wie eine omnivore Ernährung mit Fleisch. Auch, weil Fleisch einfach durch andere Tierprodukte ersetzt wird.
Die Milch- und die Eier-Industrie ist identisch mit der Fleischindustrie. Es ist dieselbe Industrie.
Alle Debatten über Skandale, über den Futtermittel-Anbau in Südamerika und die Klimafolgen von Fleisch müssten daher zwangsläufig auch über Milch und Eier geführt werden.
Tierquälerei auch für vegetarische Tierprodukte.
Und auch für Milch und Eier werden Tiere gezüchtet, gemästet, transportiert und getötet.
Diese Fakten sind bis heute kaum verbreitet, weil wir als Verbraucher die Zusammenhänge der Tierhaltungen nicht mehr kennen.
Wir können uns praktisch nur an Werbe-Botschaften orientieren. Bis wir uns bewusst entscheiden, genauer hinzusehen.
Hier erfahrt ihr mehr dazu:
- Warum für Milch Mutterkühe erst von ihren Kälbchen getrennt werden - und am Ende beide beim Schlachter landen.
- Warum für Eier Tiere getötet werden.
- Warum Käse so schädlich fürs Klima ist.
- Warum ein Liter Kuhmilch so klimaschädlich ist wie ein Liter brennendes Benzin - oder sogar noch schädlicher.
Die Folgen der Massentierhaltung für Tiere und Umwelt spielen bei Milch und Eier dieselbe Rolle wie in der Fleischproduktion. Es ist dieselbe Industrie.
Vegetarismus: Fürs Klima kaum Vorteile
Auch fürs Klima bietet Vegetarismus nur begrenzte Vorteile - wenn überhaupt. Denn die Tierhaltung gehört zu den wichtigsten Emittenten von Treibhausgasen weltweit.
Die Rinderhaltung spielt hier eine besondere Rolle - wegen des Methan-Ausstoßes. Methangas ist ungefähr 25 mal so klimaschädlich wie CO2.
"Nutztiere" wandeln den größten Teil ihres Futters zu Gülle um. Nur ein kleiner Teil wird zu Fleisch, Milch oder Eiern. "Veredelungsverluste" heißt das im Fach-Jargon. Wir finden, "Verschwendung" wäre ehrlicher.
Während die Politik von "Getreidekrisen" spricht, wird Getreide in Massentierhaltungen im wahrsten Sinne des Wortes zu Schei**e umgewandelt!
Auch Vegetarier essen viele Milchprodukte, darunter auch stark konzentrierte Produkte wie Hartkäse oder Butter. Die sind aufgrund des großen Milchbedarfs oft sogar noch klimaschädlicher als Rindfleisch.
Für Tiere und Klima macht eine vegetarische Ernährung mit vielen Milchprodukten und Eiern daher fast keinen Unterschied. Auch das Umweltbundesamt empfiehlt eine vegane Ernährung.
Dabei wollen Vegetarier doch genau das bewirken: Verbesserungen für die Tiere und auch fürs Klima. Und dieser Punkt macht Vegetarier auch so sympathisch. Ein echter Unterschied zur verbreiteten "Mir-doch-egal"-Ernährung in Deutschland.
Und doch sterben Tiere auch für vegetarische Ernährung. Vegetarismus ist weder eine Lösung für die Massentierhaltung, noch für den Klimaschutz. Es ist kein "goldener Zwischenweg", als den es die Tierindustrie und Agrar-Politik gerne darstellt.
Und das glaubt man gerne - auch wegen des schlechten Bildes über Veganer, das immer noch in Teilen der Bevölkerung verbreitet ist.
Klischees halten Menschen davon ab, ihren Werten zu folgen.
Bis heute hängt Veganismus noch das Klischee von Verzicht, Dogmatismus und Strenge an. Besonders in ländlichen Gegenden trifft man auf diese hartnäckigen (und falschen) Vorwürfe. Sie sind nicht wahr, aber sie sind wirksam.
Vorurteile gegenüber Veganismus funktionieren bis heute und halten Menschen davon ab, Tierprodukte weitestgehend (oder ganz) zu streichen. Das schadet Tieren und Klima. Und nicht zuletzt auch der Wahrheit. Denn Fakten lassen sich nicht ändern.
Von diesen Unwahrheiten profitiert nur ein Industriesektor: Die Tierindustrie.
- Denn warum sollte eine vegane Ernährung mit Verzicht zu tun haben, wo man auch als Einsteiger schon mit 2-3 veganen Kochbüchern wahre Vielfalt erleben kann - und die Supermärkte mit veganen Alternativprodukten überfüllt sind?
- Warum sollte Veganismus dogmatisch sein, wo man doch auch vegan leben kann, ohne es jemandem zu erzählen?
- Und warum sollte Veganismus streng sein, wo sich die meisten Veganer doch entspannt am veganen Pareto-Prinzip orientieren? Nach dem Motto: "So gut es im Alltag ohne übertriebene Anstrengung geht"!
Die Sache mit hartnäckigen Klischees und Vorurteilen ist nur: Wir müssen sie selbst überwinden. Niemand anderes wird es für uns tun.
Geht es um die Motivation, so liegen Vegetarier und Veganer gleichauf. Sie alle wollen sich so ernähren, dass Natur und Tiere nicht unnötig darunter leiden müssen.
Habt ihr auch nicht gewusst, dass Vegetarismus Tieren und Umwelt fast ebenso sehr schadet wie Fleischverzehr? Wir früher auch nicht! Wie die meisten Verbraucher haben auch wir uns früher an dem orientiert, was die Werbung uns verkaufen wollte.
Dass wir Tierprodukte bräuchten. Wenigstens Milchprodukte und Eier. Dass Veganismus radikal, ideologisch und streng wäre...
Auch ich war früher einmal Vegetarier. Und davor Fleischesser. Nicht etwa aus bösem Willen. Ich habe es einfach nicht besser gewusst.
Rückblickend würde ich allen Umsteigewilligen empfehlen: Probiert es mit "95% Pareto-Vegan"! Dieser undogmatische, goldene Mittelweg hat wirklich das Zeug, etwas zu verändern, ohne übertriebene Anstrengung.
Ihr seht also: Dieser Artikel soll niemanden verurteilen. Er soll vielmehr dazu motivieren, die eigene Lebensweise immer wieder zu hinterfragen. Es ist niemals ein Selbstzweck.
Veröffentlichung:
Autor: Kilian Dreißig