Schluss mit dem Mitleid - Ja zum Mitgefühl!
Mitleid zu haben gilt in unserer christlichen Tradition in Deutschland als Tugend. Wer Mitleid hat, so denkt man oft, der sei besonders empathisch. Der kümmere sich um seine Mitmenschen und um leidende Tiere.
Mitleid wird oft auch als Motivation für eine vegane Lebensweise genannt. Dabei ist Mitleid nichts als eine emotionale Seuche. Eine Seuche, die noch nie jemandem geholfen hat. Wir sollten daher aufhören, mitleidig zu sein. Und stattdessen unser Mitgefühl stärken.
Mitleid ist eingebildetes Leid.
Es mag vielleicht zuerst wie Haarspalterei klingen, zu behaupten, dass Mitleid etwas völlig anderes ist als Mitgefühl. Schließlich werden beide Begriffe oft wie Synonyme verwendet. Und doch könnte der Unterschied nicht größer sein.
Der Volksmund behauptet, geteiltes Leid sei halbes Leid. Tatsächlich ist Mitleid zusätzliches Leid. Eine gesunde Person, die Mitleid empfindet, glaubt, das Leid ebenfalls zu empfinden. Sie leidet - wie das Wort schon sagt - mit. Als hätte es irgendeinen Sinn, das Leid eines Anderen auch selbst nachzuempfinden und sich autosuggestiv in das Leid einzufühlen.
Da wir das Leid eines Anderen ohnehin niemals genau nachempfinden können, ist Mitleid nicht nur nutzlos, sondern zudem auch noch eingebildet. Statt einer Person, die leidet, gibt es plötzlich derer zwei.
Wie ernährst du dich?
Würden Ärzte Mitleid empfinden, würden sie wohl tagein, tagaus zusammen mit ihren Patienten jammern und wehklagen und vor Schmerz niemandem helfen können. Mitleid verdoppelt das Leid. Es ist so tugendhaft, wie sich mit Grippe anstecken zu lassen, nur weil jemand anderes ebenfalls Grippe hat.
Mitleid könnte sogar eine der wichtigsten Ursachen dafür sein, dass so viele Menschen in sozialen Berufen an Depressionen leiden.
Schluss mit dem jammernden Mitleid.
Mitgefühl hingegen bedeutet, sich emotional auf jemanden einzulassen und auch sein Leid anzuerkennen, ohne dieses gleich zu übernehmen. Während Mitleid Leid vergrößert, ist Mitgefühl wohl das beste Mittel, um mit klarem Kopf Unterstützung zu leisten - und Leid zu verringern.
Zudem wird der Leidende viel mehr Nutzen aus einer emotional stabilen, mitfühlenden Unterstützung haben, als von jemandem, der das eigene Leid spiegelt und damit verstärkt. Man tut gut daran, sich fremdes Leid nicht zu eigen machen zu wollen - und aufzuhören, mitleidig zu sein.
Update: Leichte Überarbeitungen am 3.1.2023.
Veröffentlichung:
Autor: Kilian Dreißig