9 krasse Beispiele: So wird Kuhmilch vom Staat bevorzugt
In den alljährlichen Debatten über den Milchpreis geht schnell unter, dass Milchbauern und Molkereien in Deutschland bereits heute massiv von Staat und EU unterstützt und gegenüber anderen Produkten bevorzugt werden.
In diesem Artikel stellen wir euch Beispiele vor, wie der Staat Kuhmilch gegenüber Milchalternativen bevorzugt. Diese Liste ist nicht vollständig! Kennt ihr weitere Beispiele? Schreibt uns!
#1: Milch-Förderung durch Subventionen
Agrar-Subventionen sind das größte Stück in der Torte der EU-Subventionen. Die EU fördert mit den Agrar-Subventionen auch Milchbetriebe. Zum einen durch Direktzahlungen an Betriebe, und zum anderen durch Investitionen zur Förderung des ländlichen Raumes, die indirekt den Milchbauern zugutekommen.
Manch ein Milchbauer bekommt die Hälfte seines Einkommens über Subventionen!
#2: Förderung durch reduzierten Mehrwertsteuersatz
Für Lebensmittel gilt in Deutschland ein reduzierter Mehrwertsteuersatz von aktuell 7 %. Für Genussmittel bezahlt man indes 19 % Mehrwertsteuer. So jedenfalls das Grundprinzip.
Doch die Definition, was als "Lebensmittel" gilt, ist keineswegs logisch.
Während Kuhmilch mit dem niedrigen Mehrwertsteuersatz besteuert wird, müssen Kunden für Milchalternativen wie Haferdrink den allgemeinen Mehrwertsteuersatz von 19 % bezahlen. Denn die gelten als Genussmittel und fallen in dieselbe Kategorie wie auch Alkohol.
Wer klimafreundliche Lebensmittel bevorzugt, wird gewissermaßen mit einer um 12 % höheren Mehrwertsteuer "bestraft".
#3: Bevorzugung durch die Pfandregelung
Ebenfalls als eine Art staatlicher Unterstützung für Kuhmilch muss man die Pfandregelung verstehen.
Für Einweg-Verpackungen von Getränken wird normalerweise Pfand erhoben. Dies gilt jedoch nicht für Getränke mit einem Kuhmilch-Anteil von mindestens 50 %. Auch auf trinkbaren Milcherzeugnissen (etwa Kefir) muss kein Pfand erhoben werden, wenn diese in Einwegflaschen angeboten werden.
Viele Verbraucher halten Pfand für grundsätzlich sinnvoll, aber auch umständlich. Dass Milch pfandfrei in Einwegflaschen verkauft werden darf, ist ein weiteres Beispiel für die staatliche Bevorzugung. Denn viele Verbraucher bevorzugen pfandfreie Verpackungen.
#4 Bevorzugung durch Schulmilchprogramme
Staat und EU fördern sogenannte "Schulmilchprogramme", bei denen Schulkinder subventionierte Milch erhalten.
Die Milchindustrie profitiert, weil Kinder früh an den Geschmack von (teilweise stark verarbeiteten!) Milchprodukten gewöhnt werden. Milchalternativen sind von diesen Programmen in der Regel komplett ausgeschlossen.
#5: Bevorzugung bei Import und Export von Milchprodukten
Milchprodukte werden in vielen Freihandelsabkommen (inklusive der Gemeinsamen Agrarpolitik der EU (GAP)) privilegiert. Im Gegensatz zu Milchalternativen (und deren Rohstoffen) werden Milchprodukte bevorzugt.
#6: Bevorzugung durch Unterlassung beim Tierschutz
Im Interview mit Vegpool kritisierte der Strafrechtler Prof. Jens Bülte, dass selbst extreme Tierquälerei in deutschen Tierbetrieben oft straffrei bliebe. Es herrsche ein "Vollzugs-Defizit".
Selbst wenn ein Tierhalter verurteilt wird, schrecken die Strafen nur selten ab. Zu Tierhaltungsverboten kommt es so gut wie nie. Verfahren ziehen sich in die Länge. Manch ein Tierquäler wurde erst Jahre nach vielfachen Kontrollen und Mahnungen rechtskräftig verurteilt. Tierschutz-Kriminelle können die geringen Strafen geradezu einpreisen.
Der Staat verzichtet hier auf den Vollzug bestehender Gesetze.
#7 Bevorzugung durch Siegel mit staatlicher Autorität
Mit Tierwohl-Kampagnen unterstützt der Staat die Tierindustrie – und auch die Milchwirtschaft. Doch die Siegel mit staatlichem Anstrich taugen nichts (wie der Abschnitt weiter oben bereits erklärt).
Durch die vermeintliche staatliche Kontrollmacht werden Tierprodukte inkl. Milch gegenüber anderen Produkten (ohne staatliche Siegel) bevorzugt.
#8: Verzicht auf das Verursacherprinzip
Allein die deutsche Tierindustrie verursacht 22 Milliarden Euro an Umweltschäden – pro Jahr. Das hat eine Studie des Wissenschaftsinstituts CE Delft im Auftrag der True Animal Protein Price Coalition (TAPP) Anfang 2023 ergeben.
Normalerweise gilt die Regel: Wer Schäden verursacht, muss diese auch beheben. Man spricht vom "Verursacherprinzip". Die Tierindustrie kann ihre ökologischen Kosten jedoch weitgehend "externalisieren" – und auf die Allgemeinheit auslagern. Rechnerisch zahlt jeder Bundesbürger etwa 264 Euro pro Jahr – ohne jede Gegenleistung.
#9: Staatliche Unterstützung für Milch-Marketing
Auch Werbekampagnen der Milchindustrie werden teilweise vom Staat bezuschusst, insbesondere, wenn diese laut Selbstauskunft dem Tierwohl oder der Umwelt dienen.
Woher die staatliche Milch-Bevorzugung kommt
Doch macht die staatliche Bevorzugung von Kuhmilch nicht Sinn? Ist Kuhmilch nicht ein wichtiges Lebensmittel?
Kuhmilch ist ein wertvolles Lebensmittel – für Kälbchen. Bei Menschen wäre Muttermilch das passende (und von der Natur vorgesehene) Nahrungsmittel – aber auch das nur im Säuglingsalter.
Dass Menschen also die Muttermilch von Kühen trinken – und das auch noch weit nach dem Säuglingsalter – ist bemerkenswert. Verbraucher sind nach Jahrzehnten der Milchwerbung überzeugt, dass dies natürlich, gesund oder gar notwendig wäre. → So unterschiedlich sind Muttermilch und Kuhmilch!
Die falschen und trügerischen Werbebotschaften, mit denen der Staat nach Ende des Zweiten Weltkrieges die am Boden liegende Landwirtschaft aufpäppeln wollte, wirken bis heute.
Zum Glück sind einige der bekanntesten Slogans mittlerweile nicht mehr zulässig, weil sie auf Unwahrheiten beruhen. Milch macht etwa keineswegs munter, sondern müde.
Warum die staatliche Bevorzugung von Kuhmilch problematisch ist
Problematisch ist das u. a. deshalb, weil die globale Tierhaltung eine der wichtigsten Ursachen für die Klimakrise ist. Die Klimakatastrophe bedroht bereits heute die Landwirtschaft durch Wassermangel, Dürren und Erosion.
Im Laufe der Erzeugung wird für einen Liter Kuhmilch so viele CO2-Äquivalenzen (= CO2 und andere Gase, die das Klima erhitzen) ausgestoßen, wie beim Verbrennen von einem Liter Benzin. Lest hier mehr dazu!
Und dadurch wird die doppelt gemoppelte staatliche Unterstützung besonders absurd. Denn sie fördert eine Situation, in der Landwirte (die ja von einem intakten Klima abhängig sind) zukünftig völlig auf staatliche Hilfe angewiesen sind, da sie die selbst eingebrockte Suppe sonst kaum auslöffeln könnten.
Warum die staatliche Bevorzugung enden muss
Wissenschaftler fordern daher seit Jahren eine wirksame Besteuerung von Milch und anderen Tierprodukten. Und zugleich die Unterstützung von Milchalternativen wie Pflanzendrinks, deren Erzeugung viel weniger Ressourcen beansprucht.
Die staatliche Förderung und Bevorzugung von Milch lassen hochwertige Milchalternativen wie Haferdrink teurer erscheinen. Dabei werden große Teile der Kosten für Kuhmilch durch die Steuern ohnehin von der Gesellschaft finanziert (und damit auch von Menschen, die aus guten Gründen keine Kuhmilch trinken).
Dazu kommen die "versteckten Kosten", die z. B. durch die Rodung der Regenwälder für den Anbau von Futtermitteln, oder durch die Überlastung der Böden mit Gülle entstehen und ebenfalls von der Allgemeinheit zu tragen sind.
Als Verbraucher haben wir die Wahl, ob wir unser Geld in ein zerstörerisches Agrar-System investieren – oder kleine, sympathische Unternehmen unterstützen, die ökologisch nachhaltige Milchalternativen erzeugen.
Habt ihr eine Meinung dazu? Dann diskutiert mit uns im Forum darüber!
Der Artikel wurde am 1.11.2024 überarbeitet und ergänzt.
Veröffentlichung:
Autor: Kilian Dreißig