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Diese Taube darf leben - und wir haben etwas dazu gelernt!

Mit der Jungtaube in der BVG zum Tierarzt.
Mit der Jungtaube in der BVG zum Tierarzt. Bild: K/Vegpool / A/Vegpool

Neulich wollten Anna und ich nach der Arbeit noch eine Runde in den Park gehen. Doch als wir aus dem Büro in den Hof treten, liegt dort ein grauer Vogel auf dem Weg. Er scheint Angst zu haben, bewegt sich aber nicht von der Stelle.

Erster Gedanke: Das arme Tier. Zweiter Gedanke: Was tut man denn nun?

Irgendwo in meinem Hinterkopf meine ich zu wissen, dass aus dem Nest gefallene Jungvögel keine menschliche Hilfe benötigen. Andererseits sieht dieser Vogel auf den ersten Blick aus, als wäre mindestens ein Bein gebrochen, vielleicht auch der Flügel. Und ob das wirklich ein Jungvogel ist?

Anna ist ratlos. Mir geht es nicht anders.

Die nächste Tierarzt-Praxis empfiehlt am Telefon, wir sollten uns an die Kleintierklinik in der Nähe von Potsdam wenden.
Dort allerdings geht niemand ran.

Einfach ignorieren wollen wir den Vogel aber auch nicht. Auch mit dem Gedanken an die Nachbarn, die mit ihren Hunden regelmäßig rausgehen. Und an die Katzen in der Nachbarschaft.

Ich bemerke aber auch, dass mich die Situation ärgert. Muss dieser blöde Vogel genau jetzt in den Hof fallen, wo wir doch gemütlich Feierabend machen wollen?

Kurz ertappe ich mich bei dem Gedanken, ob dieser Einsatz vielleicht übertrieben ist. Man kann sich doch auch nicht um alle Tiere kümmern, denen irgendwas zustößt. Wo käme man denn da hin? Und müsste man dann nicht auch jede Ameise retten?

Außerdem bin ich mir nicht sicher, ob der Vogel wirklich schwer verletzt, oder einfach nur vom Sturz KO ist und sich bald von selbst erholt.

Die Berliner Tram als Krankenwagen für Jungtauben?
Die Berliner Tram als Krankenwagen für Jungtauben? Bild: K/Vegpool

Was also, wenn ich es einfach als "Schicksal" interpretiere und in den Park gehe, als wäre nichts geschehen?

Könnte ich mein Gewissen vielleicht sogar beruhigen, indem ich den Vogel innerlich als "Nutztier" deklariere? 80% der Bevölkerung tut das ja erfolgreich.

Nein, mein Pflichtgefühl lässt sich so nicht austricksen. Ich "kenne" den Vogel ja nun, und ahne sein Schicksal. Er sieht zu lädiert aus, um auf dem gepflasterten Hof noch rechtzeitig die Kurve zu kriegen...

Von einer anderen Tierarzt-Helferin erfahre ich telefonisch, dass manche Jungvögel aus dem Nest geworfen werden, weil sie zu schwach sind. So kann Natur sein, außerhalb menschlicher Zivilisation.

Die erste Nachbarin geht achtlos vorbei, während wir noch beraten. Ich meine, schon die Hunde der Nachbarin an der Tür kratzen und hecheln zu hören...

Ich mache ein Foto und frage auf nebenan.de in der Nachbarschaft, was zu tun wäre.

Aber lange wollen wir nicht warten. Wir packen den Vogel behutsam in einen Pappkarton, polstern ihn auf Geschirrhandtüchern und fahren ihn in Tram und U-Bahn zu einem Tierarzt in Wedding.

Der ist bekannt dafür, sich um Wildvögel zu kümmern. Die Helferin sagt, wir könnten den Vogel da lassen und der Tierarzt würde sich drum kümmern.

Mach's gut, junge Taube!

Die Nachbarschaft zeigt sich im Online-Forum indes nicht nur teilnahmevoll, sondern regelrecht zum Schutz des Tieres berufen.

Ich erhalte Tipps, wie mit solchen potentiellen Nestlingen zu verfahren sei und an wen man sich wenden könnte.

Die Jungtaube im Transportkarton beim Tierarzt.
Die Jungtaube im Transportkarton beim Tierarzt. Bild: K/Vegpool

Eine Nachbarin schreibt zum Beispiel, wir sollten die Jungtaube dort liegen lassen. Die Eltern würden sich schon kümmern und sie mit einer Art Milch füttern, die sie im Kropf produzieren. Spannend!

Auch wenn ich bezweifele, dass die Eltern-Vögel noch rechtzeitig vor den Hunden und Katzen der Nachbarschaft vor Ort gewesen wären...

Eine Nachbarin kontaktierte mich später sogar privat und fragt nach, wie es dem Vogel ginge. Das ist schon viel mehr als nur Teilhabe. Da will jemand helfen!

Ich denke, es war die richtige Entscheidung, den Vogel zum Tierarzt zu bringen. Mitten auf dem Weg im Hof hätte er es wahrscheinlich nicht geschafft. Trotzdem: Wirklich sicher bin ich mir nicht.

Die Empathie in der Nachbarschaft hat mich indes überrascht. So viel Mitgefühl und Einsatz für eine aus dem Nest gefallene Jungtaube?

Fast möchte ich all den leidenden Schweinen, Rindern und Hühnern wünschen, sie wären als Taube in einen Berliner Innenhof gefallen... Damit sie endlich das Mitgefühl erhalten, das sie verdienen!

Veröffentlichung:

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Taube gerettet - Menschlichkeit auch?
Letzter Beitrag: 25.05.2022, von Katzenmami.

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5,0/5 Sterne (43 Bew.)
AUTOR: KILIAN DREIßIG
Vegane Lebensweise vereint Klimaschutz, Tierschutz und Lebensqualität. Gründe genug, mich als Journalist damit zu beschäftigen.

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