Klebstoffe - wann sind sie eigentlich vegan?
Klebstoffe kommen in praktisch allen Bereichen des Alltags vor. Möbel enthalten Klebstoffe, aber auch Bücher, Schuhe, Musikinstrumente und Verpackungen kommen in Berührung mit den unterschiedlichsten Arten von Klebstoff.
Früher wurden Klebstoffe recht häufig aus Tierprodukten hergestellt. Bekannt war zum Beispiel Knochenleim (heute meist als Glutinleim bezeichnet), aber auch Kaseinkleber aus Kuhmilch.
Auch heute noch ist die Frage gerechtfertigt: Sind Klebstoffe eigentlich vegan? Und worauf sollte man achten, wenn einem das Thema am Herzen liegt?
Veganer Leim nur ein Nischen-Thema?
Ein schwieriges Thema, wie unsere Recherchen gezeigt haben. Niemand weiß so recht, wie häufig Klebstoffe eigentlich Tierprodukte enthalten - und wie man sie schnell erkennt.
Auf eine Anfrage beim Fraunhofer-Institut für Fertigungstechnik und Angewandte Materialforschung antwortete uns Prof. Dr. Andreas Hartwig allerdings, dass die Mengen an tierischen Klebstoffen stark rückläufig seien. Gleichwohl spiele das Thema in der Industrie keine Rolle und sei allenfalls in Bio- und Ökonischen relevant.
In manchen Bereichen werden auch heute noch aus traditionellen Gründen bewusst tierische Klebstoffe verwendet. Musikinstrumente werden zum Beispiel oft noch mit Glutinleim (Knochenleim) verklebt.
Produkt-Hersteller können nur selten mit Bestimmtheit sagen, ob der von ihnen verwendete Klebstoff eigentlich vegan ist. Bei Produkten mit langen Lieferketten - z. B. bei Bekleidung und Schuhen - verlieren sich die Spuren schnell. Und wenn die Herstellung nicht standardisiert ist, könnten auch verschiedene Klebstoffe für ein und dieselbe Produktlinie verwendet werden.
Vegan-Siegel: Keine Klarheit bei Klebstoffen
Viele Verbraucher dürfte es überraschen: Wenn ein Produkt als "vegan" gekennzeichnet ist, bedeutet das nicht automatisch, dass auch die Verpackung frei von tierischen Klebstoffen ist!
Das "V-Label", das Vegan-Siegel mit der größten Verbreitung in Deutschland, schließt tierische Bestandteile in der Verpackung sogar ausdrücklich nicht aus. Herstellern wird "empfohlen, freiwillig auf Verpackungen mit tierischen Inhaltsstoffen zu verzichten." (Stand: 22.11.2019)
Begründet wird dies mit dem Fehlen der "prüfungstechnischen Voraussetzungen".
Auch die "Vegan Society", die das Siegel "Veganblume" vergibt, teilte auf Anfrage mit, die Verpackung sei zur Zeit nicht Gegenstand der Prüfung. Nur wenn die Verpackung selbst gelabelt werden solle, würde man auch auf die verwendeten Klebstoffe achten. (Stand: 22.11.2019) [1]
Auch Etiketten auf veganen Lebensmitteln können demnach z. B. mit Kaseinkleber aufgeklebt werden - also mit einem Produkt aus Milcheiweiß. Mehr dazu erfährst du hier.
Fazit: Nachfrage sorgt für Veränderung
Bleibt als Fazit: Klebstoffe sind oft vegan, aber nicht immer. Für Laien - und auch für Profis - ist es heute schwer, auf den ersten Blick zu beurteilen, ob ein Klebstoff Tierprodukte enthält.
Das dürfte sich ändern, sobald die Produkt-Hersteller gezielt nach Klebstoffen ohne Tierprodukte fragen. Und auch für die Klebstoff-Hersteller dürfte es eine leichte Aufgabe sein, ihre Produkte zu kennzeichnen. Sobald die bekannten Vegan-Organisationen bei der Siegel-Vergabe auch auf Tierprodukte in der Verpackung achten, dürfte sich die Frage also schnell erledigt haben.
Gleichwohl sind Klebstoffe ein echtes Randthema in der veganen Lebensweise. 99% der Tierprodukte, die im Alltag vorkommen, sind nämlich ohne übermäßigen Aufwand gut erkennbar. Wir empfehlen unseren Lesern daher, einfach mit den Dingen zu beginnen, die ganz offensichtlich sind. Wir nennen das "vegan leben nach dem Pareto-Prinzip".
Quellen
Veröffentlichung:
Autor: Kilian Dreißig