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Gewissensbisse in allen möglichen Lebenslagen...

Erstellt 16.01.2022, von Patrick1982. Kategorie: Allgemein vegan. 14 Antworten.

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Benutzerbild von Dana
vegan4.890 PostsweiblichSchwarzwaldLevel 4
16.01.2022
Zitat Patrick1982:

Mit dem Urlaub ist es z.B. auch so ne Sache. Schon ewig für diesen Sommer gebucht, danach der Meinungsumschwung. Stornieren = ggf. hohe Stornogebühren, die mich schon deutlich zurückwerfen würden. Und das Geld würde dennoch bei den Gastgebern landen und gleichermaßen unterstützen. Da hilft wohl nur, in Zukunft besser nachzudenken. Und zu fragen, wie langjährige Veganer das handhaben. Sieht man nicht irgendwie überall "böse Menschen"? Ich weiß, es ist übertrieben, aber gefühlt hinterfrage ich grad jede Verhaltensweise sowohl von mir als auch von anderen :-/


Was hast Du denn für einen Urlaub gebucht? Normalerweise ist das ein kleineres Problem.

Benutzerbild von Vegbudsd
vegan2.997 Postsmännlich35708 HaigerLevel 3Supporter
17.01.2022
Hallo Patrick und liebe Alle!

Danke für Eure Beiträge, die mal wieder den Kopf geöffnet haben für die Tatsache, wie sehr unser Leben derzeit noch vom brutalstmöglichen Umgang mit Tieren geprägt ist und für die vielfältigen Ebenen, auf denen sich das abspielt.

Zum Essen von beteits getöteten Tieren könnte man, falls man um der Tiere willen vegan leben will, durchaus dazu übergehen, die verbliebenen Leichenteile zu beerdigen, wie man es vermutlich auch bei anderen unschuldig getöteten Lebewesen machen könnte. Keinesfalls würde ich sie als "Lebensmittel-Geschenk" weiterverbreiten, denn es sind nun mal getötete Tiere und lediglich dann als Lebensmittel ethisch vertretbar, wenn ansonsten schwere gesundheitliche Schäden oder gar der Tod drohen. Hier ist auch die Antwort auf derzeit noch gesetzlich vorgeschriebene, aber längst nicht mehr sinnvolle Tierversuche gegeben. Hier haben wir kranken Menschen kaum eine Wahl.

Sobald jedoch tierversuchsfreie Medikamente verfügbar sind, hielte ich für mich es nicht mehr für vertretbar, weiter TV-Medikamente einzusetzen. (Würde ich lieber ein Schweineherz transplantiert bekommen, oder würde ich lieber sterben??)

Was die Haustierdebatte angeht, gibt es mehrere Perspektiven, die in Bezug auf Tiere, aber auch in Bezug auf Tier(gefangen)halter anzusehen:

Wird das Tier gegen seinen offensichtlichen Willen, z.B. vereinsamt ohne jede Zuwendung in einem Stall oder Zwinger festgehalten, gar später geschlachtet?


Oder wird z.B. eine Katze, die nie draußen war, mit Liebe und Fürsorge aus Schutzgründen (Straße vor dem Haus, Angst vor Verlust und Tod des geliebten Freundes) innerhalb eines genügend Auslauf und vor allem bei Katzen genügend Spiel- Jagdmöglichkeiten bietenden Haushalt "gefangengehalten"?
In letzterem Fall ist es eher ein juristisches Thema der Freiheitsberaubung. Obwohl ich derart "gefangengehaltene" Katzen kenne, die, sollten sie mal ausgebüchst sein, sich laut jammernd vor die Türe setzen und Einlass begehren...

Was die Unmöglichkeit der veganen Fütterung von Katzen angeht: Wenn Katzen von Beginn an vegane Kost mit allen lebensnotwendigen Inhaltsstoffen, also Proteinen (dabei ist es ihnen in der Regel schnurz, ob pflanzlich oder tierisch), Vitaminen und Taurin bekommen, wird es ihnen vermutlich nicht einmal auffallen, dass ihr Futter nicht "artgerecht" ist.


Ebenso wie bei den 95 Prozent der Katzenfütterer nicht auffällt, dass Katzen vermutlich gnadenlos eingehen würden, wären sie bei der Selbsterlegung ihres Futters auf die Jagd von Thunfischen, Rindern, Schweinen, Ziegen und anderen Groß- und Huftieren angewiesen. Da habe ich jedoch das Argument " nicht artgerecht" nie gehört. Habe bisher in keiner Tierfutterhandlung Mäuse in Dosen gesehen oder gar lebendige Mäuse angeboten bekommen, die die jagenden Tiere sich dann zu Hause selbst fangen müssten... Die veganen Katzen, die ich seit Jahren kenne, freuen sich regelmäßig über ihr veganes Futter und betteln gierig und nachdrücklich danach. Ihren artgerechten Jagd-(Spiel-)trieb leben sie hingegen bis zu allseitiger Ermattung beimgegenseitigen Fangenspiel, Balgen und beim Spiel mit den mit ihnen im Haus leben dürfenden Menschen aus. Jährlich werden Blutuntersuchungen durchgeführt, und bisher wurden von keiner tierärztlichen Praxis an den Tieren Mangelerscheinungen festgestellt. Auch die Erkrankungshäufigkeit liegt im guten Mittelfeld und zeigt keinerlei ernährungsbedingte Besonderheiten.

Ein weiterer Aspekt ist der, ob ich eine Katze sterben lassen würde, weil ich sie sonst nur sie selbst ihr Futter jagend satt bekäme, wenn sie veganes Futter ablehnen würde. Nein, das brächte ich vermutlich nicht dauerhaft fertig. Mir würde förmlich der Kopf platzen, stünde ich vor dieser Entscheidung. Dennoch: Eigentlich müsste ich als Tierlebensschützer genau so handeln. Also, bevor ich andere tausende Tiere gefangenhalte und sie mit voller Absicht mäste und zerstöre (hier muss man sich klar machen, dass jede einzelne Mahlzeit einem ganzen Tier das Leben auslöscht, zu dem es doch eigentlich dasselbe Recht hat wie das Tier, an das es dann verfüttert wird), um sie hernach zu verfüttern, müsste ich eher das eine Katzentier verenden lassen, so es nicht selbst erfolgreich sich natürlich versorgen kann. BEIDES ist gleichermaßen unmenschlich mit dem Unterschied, dass ich im einen Fall den irrsinnigen Vorgang der Tiervernichtung von Ferne und ansonsten von mir unbemerkt "in Auftrag gebe", während ich im anderen Fall den Sterbeprozess nebst Abschiedsprozess von einem Familienmitglied aushalten müsste. Ich weiß von mir, dass ich beides nicht aushalten würde und mir wegen dieser Unauflöslichkeit dieses ethischen Konfliktes Depression bist Flucht durch Suizid drohen könnte


Deshalb an dieser Stelle mein inniger Wunsch und Apell an alle Tier schützen wollenden Veganerinnen: Bitte holt Euch keinesfalls Tierfutter benötigene Tiere als Familienmitglieder ins Haus! Die Schuld, die damit einhergeht, ist unentrinnbar, egal, wie man sich entscheidet.


Etwas anders steht die Sache, wenn man bereits ein solches Familienmitglied hat. Da ist die (dennoch problematische) Entscheidung, es lebenslang mit eigens dafür zerstörten Tieren am Leben zu halten, längst unwiderrufbar getroffen. Die Jahre bis zum Tod dieses Tieres weiter mit tierischer Nahrung zu füttern, halte ich unter größten Bauchschmerzen für vertretbar, um größtes Seelenleid der beteiligten Menschen zu vermeiden. Naürlich ist es dann aber sehr wünschenswert, wenn wenigstens ernsthaft! versucht wird, so weit wie möglich das Futter zu veganisieren. Leider lehnen das nach wie vor viele Katzenfütterer mit dem irren Hinweis ausgerechnet auf "Tierschutz" ab, was ich persönlich für nicht haltbar ansehe. Es geht dabei nur und ausschließlich um das Seelenheil der Menschen, die ansonsten völlig skrupellos viele Tiere als Futter opfern - von wegen Tierschutz. :wallbang:

Das führt mich zum Punkt Seelenheil des Menschen im Bezug auf die Verrohung im Umgang mit Leben generell: Es ist zu befürchten, und es deutet einiges darauf hin, dass unser Umgang mit Tieren in mehrerlei Hinsicht ungesunde Deformationen psychischer Art mit sich bringt. Es schwindet bei Menschen, die ständig Tiere töten und/oder essen der generelle Respekt vor dem Leben an sich. Es wird als "normal" angesehen, unschuldige, friedliche und weitgehend ungefährliche Tiere zu töten und sie zu zerstören, ihnen Vergewaltigungen, übelste Freiheitsberaubungen wie Kastenstände, Kindesentzug usw. anzutun, während wir praktisch gleichzeitig Haustiere als Familienmitglieder verhätscheln und alles Erdenkliche tun, um ihnen das Leben angenehm (aber auch nur nach unseren Vorstellungen) zu machen. Beides nicht wirklich gesund, wie ich finde, über die Tierhalterinnen durchaus immer mal wieder nachdenken sollten.

Am liebsten wäre es mir, könnten wir die Tiere einfach nur völlig in Ruhe lassen und die Tiere, die uns lästig fallen oder gar gefährlich werden können, intelligent und vor allem nicht tödlich uns vom Leib halten.

1x bearbeitet

Benutzerbild von METTA
vegan4.883 Postsweiblich ObertshausenLevel 4Supporter
17.01.2022
Hallo Vegbudsd
was mir noch dazu einfällt - auch wenn es jetzt nicht gerade zum Thema passt- ist, dass man seine Katze oder auch Hund , die/den man schon hat , sterilisiert bzw. kastriert und auch andere unterstützt, die Katzen und Hunde hier und im Ausland sterilisieren, damit nicht noch mehr Leid entsteht durch Tierbabys. Und es müssten auch die vielen illegalen Züchtungen im Ausland gestoppt werden, weil die Welpen, wenn sie wieder verkauft werden, ja wieder andere Tiere in Dosen essen müssen(falls es eben jemand nicht übers Herz bringt sie vegan zu ernähren)...... Und wenn unbedingt ein Hund oder Katze, dann bitte aus dem Tierheim - die sind dann meistens schon sterilisiert oder kastriert- und keine Züchter mehr unterstützen.

Benutzerbild von Sunjo
vegan2.966 PostsweiblichLinzLevel 4Supporter
17.01.2022
Zitat Patrick1982:

Bezieht sich deine "Hundeaussage" speziell auf Hunde oder auf alle Tiere?

Was mich angeht, bezieht sich das auf alle Tiere. Zum Thema vegane Katzenernährung hat Vegbudsd einen wundervollen Beitrag verfasst, dem ich mich dankend anschließe (obwohl ich seine Katzen nicht persönlich kenne).
https://www.vegpool.de/forum/vegan-allgemein/gewissensbisse-in-allen-moeglichen-lebenslagen-2.html#post-63474

Zitat Patrick1982:

Oder nur OK, wenn es sich draußen mit Mausefang selbst ernähren kann?

Gerade das finde ich nicht okay. Ich finde es verantwortunglos, gepäppelte Tiere, die in dieser schieren Masse ohne menschliches Zutun nicht vorkommen würden, auf sowieso schon mit anderen menschenverursachten Widrigenkeiten kämpfende Wildtiere loszulassen. Mir liegen dabei besonders die Vögel am Herzen, die gerade als Nestlinge und Ästlinge leichte Beute sind. Durch natürliche Umstände überlebt vielleicht ein Jungvogel von mehreren, kommt dann noch die Haustierkatze, dann war's das ganz.

Zitat Patrick1982:

Dann kommen die Leute und fragen "Warum isst du mein Essen nicht und sagst, dass du Veganer bist, ABER handelst hier und da und dort anders?"

Und wenn du allein auf einer einsamen Insel strandest, und dort nur überleben könntest, indem du das mit dir dort gestrandete Schwein schlachtest und isst, dann sind all deine Bemühungen um ein ethischeres Leben im realistischen Alltag komplett heuchlerisch und du bist um keinen Deut besser als die, denen alles egal ist und die täglich Unmengen tierischer Produkte aus miesester Haltung in sich reinstopfen. Nicht!
Es gibt ja diese Definition zum Veganismus der Vegan Society of England, die auch im deutschsprachigen Raum gern übernommen wird:
Veganismus ist eine Lebensweise, die versucht - soweit wie praktisch durchführbar - alle Formen der Ausbeutung und Grausamkeiten an leidensfähigen Tieren für Essen, Kleidung und andere Zwecke zu vermeiden; und in weiterer Folge die Entwicklung und Verwendung von tierfreien Alternativen zu Gunsten von Mensch, Tier und Umwelt fördert. In Bezug auf die Ernährung bedeutet dies den Verzicht auf alle Produkte, die zur Gänze oder teilweise von Tieren gewonnen werden.

Was für den einen praktisch durchführbar ist, muss es nicht für den anderen ebenso sein. Für mich bedeutet diese Definition nicht 100%-igen Auschluss von Leid, sondern es geht um einen Prozess und stetiges Bemühen. Wobei ich nochmals auf das Pareto-Prinzip ( https://www.vegpool.de/forum/vegan-allgemein/das-vegane-pareto-prinzip-1.html ) hinweisen möchte und dass es wichtiger ist, dabeizubleiben, statt übertrieben ehrgeizig zu sein und es am Ende nicht durchzuhalten.

Nachtrag zum Thema Ausnahmen, die du anderen zuliebe machen sollst: würde ich nicht empfehlen. Das führt nämlich dazu, dass sie deine Bemühungen nicht ernstnehmen und dann immer wieder Ausnahmen von dir erwarten. Es ist anstrengend und manchmal auch unangenehm, als Gast immer Sonderwünsche zu haben. Anders als bei religiösen oder gesundheitlichen (Allergie, Unverträglichkeit, etc.) Gründen, fühlen sich die Tierproduktkonsumenten mit der Angabe von ethischen Gründen eigentlich auch fast immer auf den Schlips getreten. Aber in fast allen Fällen gewöhnen sich deine Mitmenschen auch daran, sofern du da konsequent bleibst. Wenn du Lust auf Diskussionen hast, solltest du die häufigsten "Bullshit-Bingo-Argumente" der Antiveganer kennen und entkräften können ("Vegan ist Unsinn" ist da als Buch zu empfehlen), aber man kann sich Diskussionen (vor allem direkt beim Essen) auch verbitten.

2x bearbeitet

Benutzerbild von Vegbudsd
vegan2.997 Postsmännlich35708 HaigerLevel 3Supporter
17.01.2022
@Sunjo Lieben Dank für das Zitat der Definition von veganer Lebensweise, die ich tatsächlich nie so gelesen hatte.

Auch den Rest des Textes, insbesondere den Hinweis auf Kastrationen für Katzen und keinen Einkauf bei Tiervermehrern, unterstreiche ich!


Es ist anstrengend und manchmal auch unangenehm, als Gast immer Sonderwünsche zu haben. Anders als bei religiösen oder gesundheitlichen (Allergie, Unverträglichkeit, etc.) Gründen, fühlen sich die Tierproduktkonsumenten mit der Angabe von ethischen Gründen eigentlich auch fast immer auf den Schlips getreten.

Ja, es ist anstrengend, jedoch zunehmend für die Gastgeber, die sich inzwischen oftmals genötigt sehen, sich für ihre Unaufmerksamkeit gegenüber den veganen Gästen gegenüber zu entschuldigen.

Auch deshalb verwende ich gerne den Begriff "Allergie" - füge dann noch hinzu "leide an akuter Tierleidallergie".


Alleine für den irritierten Blick des Gegenübers lohnt sich der Spruch. :green:

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