Prof. Klotter: Deshalb reagieren Fleischesser so ablehnend auf Veganer
Wie kommt es, dass Fleischesser Veganer oft ablehnen, beschimpfen und ausgrenzen? Wer wüsste es besser als ein Ernährungspsychologe!
Deshalb haben wir Prof. Dr. Johann Christoph Klotter ein paar Fragen gestellt. Er ist Professor für Ernährungspsychologie an der Universität Fulda. Wir haben ihn in Berlin getroffen.
Im Interview erklärte Klotter, die Ernährung hätte sich in den vergangenen Jahrzehnten moralisiert und differenziert. Statt einfach zu essen, was auf den Tisch kommt, würden Menschen stärker über die Ernährung diskutieren und sich auch darüber identifizieren.
Fleischesser würden sich von der Moral der Veganer provoziert, angegriffen und verletzt fühlen und schlügen daher umso heftiger zu. Sie fühlten sich in der Defensive, so Prof. Klotter.
Auf Veganer wird negativ reagiert, weil sie sozusagen mit ihrer Moral provozieren. Prof. Johann Christoph Klotter
Während Fleisch früher bedenkenlos verzehrt wurde, wird heute über Tierwohl und Nachhaltigkeit diskutiert. Fleischesser wüssten, mit dem Tierwohl sei etwas nicht in Ordnung; die Massentierhaltung sei eine Katastrophe. Sie fühlten sich in der Defensive.
Soziale Differenz zeigt sich beim Fleischverzehr
Fleisch wird oft als Symbol für Männlichkeit gesehen. Daher fragten wir nach, warum manche Männer diese Symbolik bräuchten und andere nicht. Böse formuliert, so Klotter, blieben die sozial schlechter gestellten Männer am Fleisch hängen. Die sozial Bessergestellten seien beweglich und würden auf Biofleisch, Fleischalternativen setzen, oder auch ganz darauf verzichten. Es sei eine soziale Differenz, so der Ernährungspsychologe.
Erkenntnisse der Neurowissenschaften zeigten, dass etwa 80% der Ernährung emotional und unbewusst sei, ergänzte Prof. Klotter. Dementsprechend müsse das bewusste Gegensteuern mit Vorsicht und Verständnis erfolgen.
Und einen Tipp hat der Professor für alle Veganerinnen und Veganer: Als Veganer solle man sich niemals als jemand Besseres verstehen, sondern als jemand, der seinen Lebensstil gefunden hat und sich darüber mit anderen austauscht. In einem ruhigen, freundlichen, verstehenden Prozess. "Empathie ist die erste, wichtigste Tugend!".
Veröffentlichung:
Autor: Kilian Dreißig