vegan53 PostsweiblichHamburgLevel 2
22.02.2017Hallo Pummelchen,
ich halte nicht ganz so viel von der menschlichen Vernunft als Grundlage moralischen Handels. Zum einen ist die Auffassung, dass lediglich der Mensch über so ein edles Instrument verfügt, während alle anderen Lebewesen unfrei irgendwelchen Instinkten folgen, längst überholt. Jede Spezies hat so ihre Eigenarten, um das Leben zu bewältigen, manche setzen dabei mehr auf das Großhirn mit seinen Möglichkeiten, andere nicht. Was den Menschen auszeichnet, ist allerdings eine besonders hohe Abhängigkeit von kulturell vermittelten Traditionen und Gewohnheiten, auch Denkgewohnheiten, wobei es offenbar keinerlei Rolle spielt, wie "vernünftig" diese in Hinblick auf den allgemeinen oder auch nur persönlichen Nutzen sind.
In unserer Kultur, die sich enorm erfolgreich in der Welt verbreitet hat, galt lange Zeit ein möglichst unpersönlicher, objektivierbarer Gedanke als Stein der Weisen - jeder, der ihn vorbringt, kann sich ein klein wenig fühlen wie der Ein-Gott in unserer Tradition, hat er doch erkannt, wie die Dinge "wirklich" liegen, während sich die anderen alle etwas einbilden... Ich glaube, wir benötigen, wenn wir uns auf Gesetze einigen wollen, viel mehr Informationen über den/die, der/die da denkt, einschließlich seiner/ihrer Gefühle. Und das Gesetz, auf das sich dann eine Mehrheit einigen kann, wird immer provisorisch und veränderbar sein.
Ich selbst orientiere mich über Gedanken und Gefühle. Das Mitgefühl kann trügen, selbstverständlich, genauso wie jeder Gedanke trügen kann. Das Mitgefühl signalisiert mir, dass etwas gar nicht in Ordnung ist, wenn ich bei einer anderen Spezies das sehe, was bei meiner ein Anzeichen von Leid ist. Es versagt aber z.B. bei Pflanzen, obgleich auch diese - fehlendes Nervenkostüm hin oder her - leiden könnten. Ich muss eben mit meiner menschlichen Grundausstattung zurechtkommen, so gut es geht.
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