Themen-Starter89 PostsmännlichGreiveldange Level 2
Soziale Ausgrenzung?29.07.2019Hallo Ihr Lieben,
Ich bin nicht der Typ, der permanent unter Menschen sein muss. Eher in Gegenteil und Ansammlungen gehe ich, wenn nur irgendwie möglich, aus dem Weg. Trotzdem bin ich nicht menschenscheu und komme so ziemlich mit jedem klar. Allerdings merke ich, dass man als Veganer das Risiko läuft, aussen vor zu bleiben, wenn es mal darum geht, „unter die Leute“ zu kommen.
Mit wenigen Ausnahmen, lebe ich ziemlich bescheiden und bin zufrieden mit dieser Lebensweise. Ein kleiner Luxus, den ich mir allerdings leiste, ist, ein, zweimal die Woche auswärts zu Essen. Eigentlich müsste es heißen „leistete“, denn, seit ich mich vegan ernähre, kann ich viele meiner (damaligen) Lieblingsrestaurants nicht mehr besuchen, weil es da einfach nichts mehr für mich gibt. Und die wenigen, die übrig geblieben sind, haben auch eine sehr übersichtliche Karte, was tierleidlose Produkte angeht.
Bei Feierlichkeiten, Dorffesten, oder wenn man mal unterwegs ist, ganz zu schweigen… überall gibt es totes Tier und/oder es riecht nach Gegrilltem.
Man kann fast nirgends mehr gehen, also bleibe ich immer öfter daheim und koche selber. Wie gesagt, ich bin glücklicherweise nicht sehr gesellig, trotzdem fehlt es mir manchmal, einfach spontan irgendwo hinzugehen und ohne groß zu überlegen, etwas von der Karte zu wählen und mit Genuss zu verspeisen.
Ich möchte noch präzisieren, dass es nicht das Fleisch ist, was mir fehlt. Es ist das „drumherum“.
Wie geht es Euch denn, mit der Gefahr von sozialer Ausgrenzung?
Sonnige Grüße,
Ivo
30.07.2019Hast du eigentlich eine Familie zuhause? Frau, noch bei dir lebende Kinder etc?
Bei mir ist es so, dass mich meine Frau eigentlich überall mit hinzieht. Mit den Kindern kommt man "zwangsweise" sowieso unter Leute. Da gibts Schulfeste, Kindergartenfeste oder Eltern-Kind-Ausflüge etc. Ich bin eigentlich auch nicht sonderlich gesellig und das reicht mir dann auch schon. Ansonsten ist es tatsächlich so, dass ich unterwegs kaum die Möglichkeit habe vegan zu essen. Ich denke, dass wird sich in den nächsten Jahren noch massiv ändern.
Die Marktwirtschaft ändert sich da gerade ziemlich heftig. Nach Beyond Meat geht es jetzt echt rund. Lidl stellt bald eine eigene vegane Bullette vor. Aldi Süd verkauft ab 5.8. auch ein veganes Patty. Es rumpelt überall und ich denke das es dann auch nicht mehr allzu lange dauern wird bis es in der Gasttronomie ankommen wird. Außwärts esse ich übrigens meistens vegetarisch. Da gibts dann eigentlich immer was. Und es kommt ja nicht allzu oft vor.
Aufm Dorf stelle ich mir das aber eher schwer vor. In meinem urfränkischen Heimatdorf dürfte sowas vermutlich nicht sehr gut gehen... Aber auch da wird sich das noch ändern. Es braucht eben einfach mehr Zeit.
Also um deine Frage zu beantworten, ich fühle mich jetzt nicht ausgegrenzt, auch wenn ich weder einen Vegetarier noch einen Veganer in meinem Umfeld habe.
vegan4.890 PostsweiblichSchwarzwaldLevel 4
30.07.2019Habanero, Ivo ist 60, da gibt es im Normalfall keine Kinder mehr, die einen zu Geburtstagen etc. ziehen (ich sehe das an meinen (21 und 23), die sind mit ihren Freunden unterwegs und wollen Muttern sicher nicht mehr dabei haben - was auch gut ist: Stichwort Eltern in zweiter Reihe). Ich weiß aber, was Ivo meint. Im Alter ist es oft schwieriger Kontakte zu pflegen und zu schließen. Gerade Essen spielt da oft eine zentrale Rolle. Wenn man jetzt da nicht dabei ist, kann es sehr schnell zu kommen, dass man sich ausgegrenzt fühlt. Auf die Zukunft warten bringt da im Moment auch relativ wenig und ist nicht unbedingt hilfreich.
Aber gerade an Ivos Post sieht man sehr schön, dass Essen halt nicht alles ist im Leben.
Ivo, es gibt Dinge, die können wir ändern. Die Essengewohnheiten anderer Menschen von heute auf morgen zu ändern gehört definitiv nicht dazu. Bei uns gibt es momentan auch viele Dorffeste, auf denen ich viele Bekannte treffe und das auch nicht missen möchte. Vegetarisches Essen gibt es eigentlich immer, veganes Essen nie - mit einer Ausnahme: Pommes. Also halte ich mich daran. Im Lokal gibt es meistens auch einen schönen veganen Salat (ich sage halt immer nur Essig-Öl-Dressing und keine Fertigsalate), den ich dann zu meinen Pommes essen kann. Bei meinen Geschäftsmeetings muss ich den Ausrichter unterscheiden. Bei regionalen Meetings wird zwischenzeitlich Rücksicht auf mich genommen, bei den internationalen ist das nicht der Fall. Dann gibt es halt mal vegetarisch. Bei meinen Trekkingtouren ist es auch meist nur vegetarisch. Also das Ganze entspannt sehen und einfach mal abwägen, was einem da in diesem Moment wichtiger ist: die sozialen Kontakte oder das gerade ein Steak auf dem Grill gebruzzelt wird, was man nicht mag.
Gerade im Alter bekommt man schnell den Ruf eines Sonderlings, mit dem dann umgekehrt niemand mehr etwas zu tun haben will.
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30.07.2019Hallo Ivo,
mir geht es mit dem Essen gehen ähnlich wie dir. Wir gehen kaum noch Essen, weil es einfach zu mühsam ist.
Vor allem im Urlaub fehlt es mir schon sehr, früher sind wir im Urlaub fast jeden Tag Essen gegangen, das machen wir jetzt nicht mehr. Es ist einfach "unbequem", nicht spontan irgenwo hingehen zu können. Jedesmal muss man vorher recherchieren oder vor Ort nachfragen (was ich nicht gerne mache). Gerade im Ausland ist es dann noch zusätzlich mit Sprachproblemen verbunden... Und wenn man dann mal was gefunden hat, schmeckt es oft nicht mal und kostet trotzdem (zu) viel.
Letztendlich kochen wir (bzw. meistens ich) im Urlaub selbst, was mich manchmal schon stört, ich will ja auch Urlaub haben und mich nicht noch um Essensplanung, Einkaufen und Kochen kümmern müssen.
Ich muss dazu sagen, wir leben eher ländlich und machen auch in der Regel keinen Urlaub in Großstädten, daher ist die Auswahl automatisch schon sehr klein. Klar kann man Pizza ohne Käse bestellen, aber da muss man auch immer vorher schauen, ob nicht was im Teig ist oder die Nudeln mit Ei. Oder beim Chinesen ist so oft Ei im Essen, in deutschen Restaurants ist es normalerweise fast unmöglich ohne große Diskussionen was zu bekommen, selbst Salat ist meist nicht vegan (möglich).
Das ist wahrscheinlich Jammern auf hohem Niveau, vegan zu leben ist heute so viel einfacher als noch vor 10 Jahren, aber mich nervt es trotzdem.
Viele Grüße
VeganNerd
Themen-Starter89 PostsmännlichGreiveldange Level 2
30.07.2019Ich habe das Glück, dass meine Lebensgefährtin „mitgezogen“ ist, bei meiner Ernährungsumstellung. Das freut mich, macht Mut und motiviert mich, um in der Küche immer wieder kreativ zu werden, damit nicht immer das gleiche auf den Tisch kommt.
Aber mein Umfeld ist halt sehr „fleischlastig“. Familie, Nachbarn, Freunde, alle omnivor und die meisten Restaurants in meiner Gegend, haben nur Fleischmenüs auf der Karte. Um da nur Beilagen zu essen, sagt mir auch nicht unbedingt zu.
Ja, Essen ist nicht das wichtigste im Leben, aber, zumal bei uns, in Luxemburg, gehört es immer dazu, wenn es gesellig wird und auswärts. Freunde, Ausfahrt, Weinprobe, Empfang… Mir fällt jetzt spontan nichts ein, was nicht mit Essen verbunden ist.
Noch ein Beispiel von einem Luxus, abseits meiner überwiegend bescheidener Lebensweise. Vor zwölf Jahren, habe ich mir einen Jugendtraum erfüllt und einen Morgan gekauft. Unser Klub organisiert jedes Jahr drei Ausfahrten, an denen ich immer mit Begeisterung teilgenommen habe. Im Preis inbegriffen sind jedesmal Pausen, mit geführten Visiten (Museum, Schloss usw.) und, selbstverständlich, Speis und Trank. Eine dieser Ausfahrten ist schon fast Kult und heißt „Käsetour“. Ihr erratet bestimmt, warum ich dieses Jahr kein einziges mal dabei war. Das sind dann Momente, wo ich mich mich echt „ausgegrenzt“ fühle.